Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2021; 28(05): 217
DOI: 10.1055/a-1520-3920
Editorial

Neue Konzepte erproben – erprobte Konzepte noch mal prüfen

Rainald Fischer

Liebe Leserinnen und Leser,

in diesem Jahr fanden die ersten kommerziellen Weltraumflüge statt, auch wenn der Weltraum eher nur gestreift wurde. Aber ein Anfang ist gemacht und die verschiede- nen Protagonisten werben schon um viele Kunden. Die Kosten von 250 000 Euro oder mehr scheinen viele nicht zu schrecken. Im Gegensatz dazu sind runde 100 000 Euro für eine Everest-Flash-Expedition über 4 Wochen fast schon ein Schnäppchen.

Es zeigt aber auch, dass die Expansion in den Weltraum doch langsam mehr Realität zu werden scheint, wie der erste Beitrag in diesem Heft verdeutlicht. Denn wenn ernst- haft die Intubation im Weltraum erprobt wird, was für längere Missionen auch sicher erforderlich ist, sind die erste Reise von Menschen zum Mars oder längere Siedlungen auf dem Mond vielleicht gar nicht mehr so fern.

Neue Konzepte zu erproben liegt sicher in der menschlichen Natur, umso erfreulicher ist es auch, wenn scheinbar erprobte Konzepte infrage gestellt werden. Die Neozytoly- se, das heißt die Zerstörung von jungen Erythrozyten (Neozyten), wenn zu viele Eryth- rozyten vorhanden sind, ist so ein Konzept, das sogar in Lehrbüchern vertreten ist. Die Gruppe um Lars Kaestner wollte eigentlich nachweisen, wie diese Neozytolyse genau abläuft und musste im Gegensatz feststellen, dass es diesen Effekt gar nicht gibt. Die Arbeit ist spannend zu lesen, auch wenn vielleicht angemerkt werden kann, dass die Höhe von 3454 m auf dem Jungfraujoch und der Hämoglobinanstieg von nur 4,7 % nach 19 Tagen Höhenaufenthalt nicht optimal waren. Möglicherweise verhält sich der Erythrozytenstoffwechsel in größeren Höhen oder im Weltall wieder anders. Daher folgen hier vermutlich weitere Studien.

Im Beitrag über Blitzunfälle weltweit können auch ein paar Konzepte noch mal geprüft werden. So stimmt es zwar, dass die Mehrzahl der Blitzopfer Männer sind, weil diese offenbar später Schutz suchen, aber die meisten Unfälle passieren nicht in der Freizeit, sondern einfach in den Ländern, die eine deutliche höhere Blitzeinschlagswahrschein- lichkeit aufweisen, wie z. B. Bangladesch oder Malawi. Gut nachzulesen sind auch die – hoffentlich erprobten – Ratschläge zur Vermeidung von Blitzunfällen und die Richtig- stellung einiger Irrtümer zu Blitzschlägen.

Damit wünsche ich Ihnen eine vergnügliche Lektüre und einen hoffentlich ruhigen Spätherbst.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
05. November 2021

© 2021. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany