physiopraxis 2021; 19(06): 18-22
DOI: 10.1055/a-1492-4657
Wissenschaft

Internationale Studienergebnisse

Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen – Lockdown mindert Wohlbefinden

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Gähnende Leere auf Spielplätzen. Das Leben von Kindern und Jugendlichen hat sich während des Lockdowns verändert. © A. Decker

Eltern berichten von zunehmendem Stress, Depressionen und Angstzuständen bei Kindern und Jugendlichen aufgrund der sozialen Isolation in der COVID-19-Pandemie. Dies gilt besonders für diejenigen mit Entwicklungsstörungen wie Autismus. Zu diesem Ergebnis kommt ein Team aus Forschenden des Fachbereichs Psychologie an der National University of Ireland.

Um die Auswirkungen des Lockdowns auf Kinder und Jugendliche zu verstehen, befragten die Wissenschaftler(innen) 48 Familien (n = 96). Die Stichprobe umfasste zwei Elternteile, Alleinerziehende, Personen mit unterschiedlichen sozioökonomischen Hintergründen sowie aus ländlichen und städtischen Regionen. Die semistrukturierten Interviews fanden während der ersten Pandemiebeschränkungen in Irland statt. Darin reflektierten die Familien ihre Situation während des Lockdowns und berichteten zum Beispiel über ihr tägliches Familienleben oder wie sich die Maßnahmen auf das Homeschooling auswirkten.

Anhand der Angaben identifizierten die Forschenden sieben Hauptthemen, welche die Familien als Auswirkungen der Beschränkungen beschrieben: soziale Isolation; Stress bezüglich Homeschooling; Kinder trugen die Hauptlast von COVID-19; Schwierigkeiten, im Haushalt eingesperrt zu sein; negative Verhaltensänderungen; Depression/Angst und negativer Einfluss auf die psychische Gesundheit von Kindern mit Autismus.

Sowohl Eltern als auch Kinder berichteten, dass die Erfahrung mit Einsamkeit und sozialer Isolation negative psychische Ergebnisse hervorrief. Ein 11-jähriges Kind gab zum Beispiel an, dass es den Fernunterricht schwierig fand und damit kämpfte, selbstständig zu arbeiten. Andere Kinder vermissten den kollaborativen Arbeitsstil des Klassenzimmers. Faktoren wie eine längere Quarantäne, Angst vor Infektion, Langeweile, unzureichender persönlicher Raum sowie die Trennung von Lehrer(inne)n und Klassenkamerad(inn)en verursachten Stress. Insgesamt bezeichneten Eltern ihre Kinder während der Pandemie als ängstlich und aufgeregt. Dies wurde durch die mediale Berichterstattung, eingeschränkte Freiheiten und den mangelnden Zugang zu Freunden und Familie verstärkt. Am häufigsten nannten sie als Fehlanpassungsverhalten bei Kindern unter 10 Jahren die verminderte Bindungssicherheit und die „Anhaftung“ gegenüber den Eltern. In Bezug auf Kinder mit Autismus beschrieben sie, dass gerade die Veränderung von Routinen Angst auslöste.

Die Autor(inn)en schlussfolgern, dass Kinder und Jugendliche dem Risiko psychischer Konsequenzen aufgrund des Lockdowns ausgesetzt sind. Sie sehen einen wachsenden Bedarf an Maßnahmen, die ihnen dabei helfen, die kurz- und langfristigen psychologischen Auswirkungen der Pandemie zu bewältigen.

ms

Int J Environ Res Public Health 2021; 18: 1062



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
14. Juni 2021

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