ergopraxis 2021; 14(02): 12-14
DOI: 10.1055/a-1300-4832
Wissenschaft

Internationale Studienergebnisse

Maike Sarrasch
,
Katja Jäcker

Geringe Gesundheitskompetenz – Chronische Erkrankung

Fast drei Viertel der chronisch erkrankten Menschen weisen eine geringe Gesundheitskompetenz auf. Diese variiert in Krankheitsbewältigung/-versorgung, Prävention und Gesundheitsförderung. Soziodemografische Variablen wie Alter, Sozialstatus, literale Fähigkeiten und finanzielle Ressourcen beeinflussen die Gesundheitskompetenz. Zu diesem Ergebnis kommt die Pflege- und Gesundheitswissenschaftlerin Doris Schaeffer mit ihren Teamkollegen von der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität in Bielefeld.

Die Forscher analysierten Querschnittsdaten von insgesamt 499 Menschen mit einer chronischen Erkrankung, die im Rahmen des deutschen Gesundheitskompetenzsurveys (HLS-GER) gesammelt worden waren. Die Teilnehmer wiesen seit mindestens sechs Monaten eine oder mehrere chronische Krankheiten auf und waren im Durchschnitt 61,2 Jahre alt. Die Forscher erhoben neben soziodemografischen Daten die Gesundheitskompetenz anhand der deutschsprachigen Langversion des European Health Literacy Survey Questionnaire (HLS-EU-Q47).

Die Ergebnisse zeigen, dass etwa drei Viertel der Befragten erhebliche Schwierigkeiten im Umgang mit Gesundheitsinformationen haben. Vor allem die Informationsanforderungen im Bereich der Gesundheitsförderung stellen eine Herausforderung dar. Demnach haben chronisch Erkrankte mit den folgenden soziodemografischen Variablen eine geringere Gesundheitskompetenz:

  • niedriger Sozialstatus (85,3 %)

  • geringe finanzielle Ressourcen (80 %)

  • geringe literale Fähigkeiten

(= soziale, emotionale, kognitive und sprach liche Fähigkeiten)

  • Lebensalter von über 75 Jahren oder zwischen 15 und 45 Jahren

  • mehr als 2 chronischen Erkrankungen

  • seit weniger als 5 Jahren erkrankt

  • Weniger deutlich sind die Unterschiede beim Bildungsniveau: 76,3 % der chronisch Erkrankten mit geringem Bildungsniveau, 69,7 % mit mittlerem Bildungsniveau und 73,3 % mit hohem Bildungsniveau haben eine geringe Gesundheitskompetenz.

Die Forscher sind überrascht von der geringen Gesundheitskompetenz bei Menschen mit einer chronischen Erkrankung. Bislang wurde angenommen, dass besonders diese Personengruppe versiert im Umgang mit gesundheitsrelevanten Informationen ist. Demnach sind zielgruppenspezifische Interventionen zur Förderung einer persönlichen Gesundheitskompetenz erforderlich. Diese sollten sich speziell an chronisch Erkrankte mit niedrigem Sozialstatus, geringen finanziellen Ressourcen und eingeschränkten literalen Fähigkeiten richten.

ms

Gesundheitswesen 2020; 82: 836–843



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
28. Januar 2021

© 2021. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany