Pneumologie 2008; 62(6): 313-314
DOI: 10.1055/s-2008-1080969
Pneumo-Fokus

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Allergologie - Insektengift-Allergie durch Weingenuss?

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Publikationsdatum:
06. Juni 2008 (online)

 
Inhaltsübersicht

Eine Allergie auf Wein ist zwar sehr selten, kann aber zu heftigen allergischen Symptomen führen. Dr. Susanne Schäd und ihre Kollegen an der Universitäts-Hautklinik in Würzburg berichteten 2005 über eine 27-jährige Patientin. Nach dem Genuss von Rotwein, Sekt, Weintrauben oder Rosinen registrierte die junge Frau innerhalb einer Stunde juckende Handflächen, Ödeme an Augenlidern, Lippen und Zunge, Atemnot, Schluckbeschwerden und Kreislaufbeschwerden. Die Ursache war eine allergische Reaktion auf Lipid-Transfer-Proteine (LTP) in Weintrauben. Allergene LTP finden sich beispielsweise in Obst- und Gemüsesorten wie Pfirsichen, Kirschen, Mais, Spargel und Salat. Sie sind häufig Auslöser von Allergien im Mittelmeerraum. Aus Spanien wird beispielsweise der Fall einer jungen Frau berichtet, die nach dem Genuss von Champagner mehrmals bewusstlos wurde. Sie erlitt einen anaphylaktischen Schock, wenn sie zu dem Schaumwein zusätzlich Weintrauben aß. Bisher ist nur wenig bekannt, ob LTP auch bei uns Auslöser einer Anaphylaxie sein können.

Lebenswichtig bei anaphylaktischen Schocks ist die Identifizierung des Auslösers durch allergologische Tests. Gefährdete Patienten müssen stets Notfall-Medikamente bei sich tragen. "Eine Allergie auf Insektengift kann sehr gut mit einer spezifischen Immuntherapie behandelt werden. Nahezu alle Patienten sind nach dieser kausalen Therapie vor anaphylaktischen Reaktionen durch das Insektengift geschützt", sagt Prof. Bernhard Przybilla von der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und Klinische Immunologie (DGAKI).

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Gar nicht selten: Allergiesymptome nach Alkoholgenuss

Nicht wenige Menschen leiden nach dem Genuss unterschiedlicher alkoholischer Getränke unter Allergiesymptomen des respiratorischen Systems oder der Haut. In einer 2008 publizierten dänischen Studie hatten 13% der Erwachsenen im Laufe ihres Lebens bereits solche Beschwerden nach Alkoholgenuss. Am häufigsten traten die Symptome nach Rotwein auf, häufiger bei Frauen als bei Männern. Die Pathomechanismen dieser Reaktionen sind bisher noch unklar und vermutlich vielfältig. Sehr selten sind anaphylaktische Reaktionen auf Ethanol selbst.

Epidemiologische Studien ergaben, dass Alkoholgenuss mit IgE-vermittelten atopischen Erkrankungen assoziiert ist: Menschen, die häufiger Alkohol trinken, leiden vermehrt unter allergischer Rhinitis und Asthma. Bei einer früheren Untersuchung von 3317 Patienten stellten die dänischen Wissenschaftler fest, dass diejenigen, die mehrmals pro Woche alkoholische Getränk zu sich nahmen, häufiger gegen Aeroallergene sensibilisiert waren.

Im Sommer 2007 berichteten spanische Mediziner von 5 Patienten, die nach dem Genuss von Traubensaft oder jungem Wein Allergiesymptome zeigten. Ein Patient erlitt einen anaphylaktischen Schock. Ein Hauttest mit dem verdächtigen Wein fiel positiv aus, nicht aber mit anderen, älteren Weinproben. Tests mit Insektengift hingegen ergaben einen positiven Befund, obwohl keiner der Patienten von einem früheren Bienen- oder Wespenstich berichtete. Des Rätsels Lösung: In Traubensaft und jungem Wein ist Insektengift nachweisbar. Wenn Trauben gepresst werden, geraten vermutlich auch Insekten in das Produkt. Die Autoren glauben, dass bereits diese geringen Giftmengen bei empfindlichen Personen ausreichen, um auf oralem Wege zu Sensibilisierungen und Allergiesymptomen zu führen. Möglicherweise zersetzen sich die Gifte während der Reifung der Weine, so dass ältere Weine sicher sind. "Eine interessante Beobachtung - dieser Weg der Entwicklung einer Allergie und Auslösung von Anaphylaxie bleibt allerdings zunächst einmal hypothetisch", kommentiert Przybilla. "So hätte die tatsächliche Auslösung der Symptome durch Insektengift über einen oralen Provokationstest mit Insektengift gesichert werden können. Ein solcher Test wurde aber offensichtlich nicht vorgenommen."

Mitteilung der ÄDA/DGAKI/GPA