Notfall & Hausarztmedizin 2008; 34(3): 158
DOI: 10.1055/s-2008-1074791
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Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin fordert - Bessere Versorgung für Menschen mit seltenen Erkrankungen

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Publication Date:
03 April 2008 (online)

 
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In Deutschland sind schätzungsweise vier Millionen Menschen von einer sogenannten seltenen Erkrankung betroffen. Dazu gehören verschiedene Muskel- und Stoffwechselkrankheiten, bestimmte Formen der Netzhautdegeneration, Kleinwuchs, Leberzellkrebs, Lungenhochdruck oder Epilepsie. Viele dieser Erkrankungen verlaufen schwer, schmerzhaft, gehen einher mit Behinderungen und sind lebensbedrohlich. Doch die Patienten sind noch immer unzureichend versorgt. Denn es fehlt an systematischer Diagnostik, Therapien und wissenschaftlichen Erkenntnissen aus der Forschung. Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) macht seltene Erkrankungen zu einem Schwerpunkt ihres 114. Kongresses vom 29. März bis 2. April 2008 in Wiesbaden.

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Orphan Diseases: Weniger als fünf von 1 000 Menschen sind betroffen

Mehr als 5 000 Erkrankungen gelten als selten. Dies bedeutet laut EU-Definiton, dass weniger als fünf von 10 000 Menschen davon betroffen sind. Bei vielen dieser "Orphan Diseases" liegt die Zahl der Patienten noch niedriger: An der Enzymmangelerkrankung "Morbus Fabry" zum Beispiel sind in der EU 1 200 Menschen erkrankt. Etwa 80% der seltenen Krankheiten sind angeboren. Deshalb machen vor allem Kinder und Jugendliche einen großen Teil der Patienten aus. Spezialisierte Ärzte gibt es nicht genug und das Problem ist die Kenntnis dieser und die Überweisung zu ihnen. So fällt die richtige Diagnose oft zu spät oder gar nicht. Therapien sind unsicher, sie basieren auf kleinen Fallzahlen. Vielfach fehlt es an Leitlinien und Empfehlungen für eine angemessene Therapie.

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Häufig weiß die Medizin zu wenig

"Die Probleme sind zum einen fachlicher Art - die Medizin weiß zu wenig über diese Krankheiten", sagt Prof. Alfred Georg Hildebrandt, Berater des Vorstandes der Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE e.V.) aus Bonn. Häufig fehle schon das Grundverständnis einer Krankheit. Darüber hinaus mangele es an Ressourcen und das wenige existierende Wissen sei schlecht vernetzt. "Insbesondere ist die translationale Forschung im Bereich der seltenen Erkrankungen nicht stark genug", so der ehrenamtlich arbeitende Experte. "Vor allem das Fehlen eines nationalen Konzeptes verhindert, dass sich die Lebensqualität der von seltenen Erkrankungen betroffenen Menschen verbessert", sagt Hildebrandt. Dazu könne ein Nationalplan für seltene Erkrankungen beitragen. Die Verantwortung hierfür liege in erster Linie bei der Politik.