Notfall & Hausarztmedizin 2008; 34(2): 105
DOI: 10.1055/s-2008-1063033
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Selektive Angiotensin-II-Blockade - Nephroprotektion durch Sartane

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Publication Date:
10 March 2008 (online)

 
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Pathologische Veränderungen an den kleinen Gefäßen der Niere haben eine hohe prognostische Aussagekraft. Wie Prof. Dr. Hermann Haller, Hannover, betonte, steigt die kardiovaskuläre Ereignisrate mit abnehmender Filtrationsleistung der Niere und zunehmender Albuminausscheidung überproportional an. Zu den wichtigsten Risikofaktoren zählt ein zu hoher Blutdruck. Nicht für alle antihypertensiven Strategien konnten nephroprotektive Effekte nachgewiesen werden. Von einem Eingriff in das Renin-Angiotensin-System - insbesondere von einer selektiven Blockade der Angiotensin II-Wirkungen - ist aber ein Schutz von Organ und Gefäßen zu erwarten.

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Pathogenese fibrotischer Umbauprozesse

Angiotensin II ist an mehreren Stellen der Pathogenese einer Nierenschädigung beteiligt, erklärte Haller in Bochum. Es erhöht direkt den intraglomerulären Druck. Wie dadurch die Albuminausscheidung gefördert wird, zeigten neuere Untersuchungen. So hat sich herausgestellt, dass Proteoglykane und Nephrin durch Angiotensin II dezimiert werden. Diese Makromoleküle stellen wesentliche Stützen für die Stabilität der Filterfunktion der glomerulären Basalmembran dar. Außerdem kommt es, vermittelt über das Signaltransduktionsgen PKC (Proteinkinase C) alpha, zu einer Überexprimierung des vascular endothelian growth factor (VEGF). Für die Stimulierung von PKC alpha ist ebenfalls Angiotensin II verantwortlich. Das hat Umbauprozesse und eine Verdickung der Basalmembran zur Folge. Unter dem Einfluss einer Hyperglykämie steigt die VEGF-Produktion gar auf das Fünf- bis Sechsfache, wenn zugleich eine Proteinurie vorliegt. Damit erklärte Haller die doppelte Gefährdung von hypertonen Diabetikern, eine Nephropathie zu entwickeln. Schon hier wird seinen Ausführungen nach deutlich, dass ein frühzeitiger Einsatz von Angiotensin-II-Blockern in der Lage ist, den Teufelskreis aus fibrotischen Umbauprozessen und erhöhter Permeabilität zu durchbrechen.

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Angiotensin-II-Blocker bremsen Nierenschädigung

Angiotensin II scheint aber auch bei der Mikroinflammation eine wichtige Rolle zu spielen. So konnte gezeigt werden, dass Entzündungsmarker wie hochsensitives CRP und proinflammatorische Zytokine wie TNF-alpha und IL-6 durch Sartane signifikant stärker abgesenkt werden konnten als durch Placebo. Laut Haller sind sie sogar Statinen überlegen.

Auch an einem weiteren Aspekt der Progression einer Nephropathie scheint Angiotensin II wesentlich beteiligt zu sein. Dies betrifft den Ersatz von geschädigten Endothelzellen durch Inkorporation endothelialer Progenitorzellen (EPCs) aus dem Knochenmark. In experimentellen Untersuchungen konnte die bei Diabetikern reduzierte Zahl von EPCs nach Gabe eines AT1-Rezeptor-Blockers wieder um die Hälfte gesteigert werden.

Schließlich, so der Nephrologe, kommt es bei schon vorhandener Mikroalbuminurie zu einem massiven Anstieg von Angiotensin II im Interstitium. Das führt zu einer renalen Fibrose, was eine chronische Nierenschädigung letztlich kennzeichnet.

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Frühzeitige AT1-Rezeptor-Blockade ist sinnvoll

Dieser Angiotensin-II-Anstieg ist derart ausgeprägt, dass er durch normale Dosierungen eines Sartans nicht beeinflusst werden kann. Aus pathophysiologischer Sicht vermutete Haller, dass Losartan-Dosierungen um 450 mg wirksam sein könnten. Vor diesem Hintergrund erscheint es seiner Auffassung nach aber ohnehin sinnvoller zu sein, mit einer AT1-Rezeptor-Blockade wesentlich früher anzufangen, also noch bevor eine Eiweißausscheidung festzustellen ist.

Martin Wiehl, Königstein-Falkenstein

Quelle: MSD-Satellitensymposium "AT1-Blockade bei Hypertonikern mit Begleiterkrankungen - Was können Sartane besser?, November 2007 anlässlich der Hochdruckligatagung in Bochum. Veranstalter: MSD Sharp & Dohme GmbH, Haar.