Klin Monbl Augenheilkd 1997; 210(2): 97-104
DOI: 10.1055/s-2008-1035024
© 1997 F. Enke Verlag Stuttgart

Der sehschwache Fahrradfahrer: Orientierungsbehinderung und -aufwertung im Nystagmogramm

The Visually Impaired Bicyclist: Problems and RehabilitationHans F. Piper
  • Emeritus der Klinik für Augenheilkunde Lübeck
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Publication History

Manuskript eingereicht am 10.10.1996

in der vorliegenden Form angenommen

Publication Date:
25 March 2008 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund Sehgeschädigte, die keine Fahrerlaubnis für Kfz beanspruchen können, steigen aufs Fahrrad und fühlen sich als Teil dieses „biophysikalischen Modells” verkehrstüchtig.

Material und Methoden 5 Nystagmusträger, die nach eigenen Angaben Zweirad fuhren, wurden auf Sehschärfe, Gesichtsfeld und okulomotorische Funktionen geprüft. In drei der Fälle lag die Sehschärfe mit Korrektion um 0,3, in einem Fall betrug sie 0,6 (mit Gesichtsfeldausfall), in einem weiteren 1/35 (bei Myopia magna). Die Augenbewegungen wurden elektrookolographisch aufgezeichnet und folgende Blickqualitäten abgerufen: Punktfixation, Einnehmen seitlicher Blickrichtungen und Ausführung von Sakkaden, Blickfolgebewegungen, Verhalten im Hellen und Dunklen, Vestibulookuläre Reflexe bei Stuhlpendeln und Stuhldrehung, Aufsuchen von relativen Ruhelagen und Stimmungsabhängigkeit.

Ergebnisse In 4 der Fälle konnten okulomotorische Gesetzmäßigkeiten aufgezeigt und mit den Patienten besprochen werden. Im letzten Fall handelt es sich um chaotische Nystagmusformen, welche eine besondere Unzuverlässigkeit der Restsehleistung erwarten ließen.

Schlußfolgerungen Zweiradfahren fordert das vestibuläre und das visuelle System. Fahrradspezifische Schwachstellen, ihre Auswirkungen im Straßenverkehr und evtl. Möglichkeiten der Kompensation können aus okulographisch gewonnenen Kurven abgeschätzt werden. Sie sollten zur Aufklärung des ratsuchenden schwachsichtigen Zweiradfahrers herangezogen werden.

Summary

Background Visually impaired individuals who are unable to obtain a driving licence may use a bicycle and feel fit for traffic as part of this “bio-physical model”.

Materials and Methods Five nystagmic amblyopes who claimed to ride a bicycle were tested in respect to visual acuity, peripheral vision and oculomotor functions. In three of these cases visual acuity amounted to 0.3, in one to 0.6, in another one only to 1/35. Eye movements were recorded by electro-oculography. The following qualities of gaze were determined: Fixation-saccadic eye movements – pursuit eye movements – behaviour in light and dark – vestibulo-optokinetic movements – eye positioning in resting states and influence of mood.

Results In four of the cases oculomotor regularities were found. These were explained to the patients. One of the cases was affected with a form of chaotic nystagmus.

Conclusion Bicycling demands on both the vestibular and the visual system. Deficiencies relevant to behaviour in traffic and the possibilities to compensate for these may be estimated based on a oculographic evaluation. This should therefore be used to advise bicyclists with a visual impairment.

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