Klin Monbl Augenheilkd 2008; 225(7): 615
DOI: 10.1055/s-2008-1027553
Editorial

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Das Dilemma mit den Hornhautdystrophien

The Dilemma about Corneal DystrophyG. K. Lang1
  • 1Augenklinik, Universitätsklinikum Ulm
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Publication Date:
18 July 2008 (online)

Hornhautdystrophien sind die „Klassiker” der Hornhauterkrankungen.

Vielleicht, oder gerade wegen ihrer Seltenheit, haben Hornhautdystrophien nichts von ihrer Faszination verloren.

In größeren ophthalmopathologischen Laboratorien macht die Fuchs’sche Hornhautdystrophie etwa 10 % und alle anderen „Nicht Fuchs’schen Hornhautdystrophien” etwa 4 % des Aufkommens an eingesandten Hornhautexzisaten bei einer Keratoplastik aus [1]. Über Jahrzehnte dominierte die phänotypische Diagnosestellung an der Spaltlampe und die histopathologische Bestätigung im ophthalmopathologischen Labor die diagnostische Schiene. Und auch für Lehrbuchautoren war die Welt noch in Ordnung mit der einfachen anatomischen Klassifikation Vorderer-, Stromaler- und Endothel-Dystrophien der Hornhaut. Aber es war wiederum das enge Zusammenwirken von operativer Augenheilkunde und ophthalmopathologischer Aufarbeitung der Befunde, die Heinrich Witschel und Rainer Sundmacher anlässlich der Operation und histologischen Aufarbeitung eines Rezidivs von einer granulären Hornhautdystrophie dazu veranlassten, dieses Kasus zu publizieren und bereits 1979 den Satz zu formulieren: „... the clinical pictures and microscopic findings strongly suggest that granular dystrophy may primarily be an epithelial not a stromal disease ...” [2].

Erst Jahre später haben Autoren wie Gupta [3] erste Versuche einer molekulargenetischen Klassifikation von Hornhautdystrophien aufgrund beginnender genetischer Kenntnisse gemacht.

Die dann folgende Publikationsflut molekulargenetischer Befunde in ophthalmologischen und genetischen Zeitschriften machte jedoch das Gesamtbild der Dinge fortan höchst unübersichtlich.

Wir haben den deutschen Vertretern im International Committee on Classification of Corneal Dystrophies (IC3D), das durchwegs mit renommierten Experten besetzt ist, zu danken, dass Walter Lisch und Berthold Seitz hier mitgearbeitet haben, eine neue international akzeptierte Klassifikation der Hornhautdystrophien zu erarbeiten.

Bemerkenswert, dass unter 16 Mitgliedern 2 Deutsche in diesem Komitee vertreten sind.

Es ist wichtig, dass uns Lisch und Seitz mit dieser einführenden Publikation auf die neue Art und Weise vorbereiten, wie 25 verschiedene Hornhautdystrophien in 4 Kategorien nach klinischem und molekulargenetischem Kenntnisstand zukünftig eingeteilt werden.

Der Augenarzt, welcher als Erster einen neuen Patienten mit einer fraglichen Hornhautdystrophie an der Spaltlampe bei einer Untersuchung gegenübersitzt, kann hier einen entscheidenden diagnostischen Beitrag liefern. Es ist an der Zeit, dass den Augenärzten der heutigen Zeit die neue Einteilung und die neuen Schlüsselbefunde an die Hand gegeben werden. Der einzelne Augenarzt wird die Hornhautbefunde nicht besser und nicht schlechter diagnostizieren als früher, aber er wird sie dann wohl mit dem neuen terminologischen Handwerkszeug einer richtigen Diagnose zuordnen können.

Wir dürfen alle gespannt sein!

G. K. Lang

Ulm

Literatur

  • 1 Lang G K, Naumann G OH. The frequency of corneal dystrophies requiring keratoplasty in Europe and the USA.  Cornea. 1987;  6 209-211
  • 2 Witschel H, Sundmacher R. Bilateral recurrence of grannular corneal dystrophy in the grafts. A clinical pathological study.  Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol. 1979;  209 (3) 179-188
  • 3 Gupta S K, Hodge W G. A new clinical perspective of corneal dystrophies throug molecular genetics.  Current Opinion in Ophthalmology. 1999;  10 (4) 234-241

Prof. Dr. Gerhard Lang

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