Der Nuklearmediziner 2008; 31(1): 7
DOI: 10.1055/s-2008-1004645
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Editorial

J. Kotzerke1 , M. Baumann1
  • 1Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin, Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Technische Universität Dresden
Further Information

Publication History

Publication Date:
28 February 2008 (online)

Prof. Dr. J. Kotzerke

Prof. Dr. M. Baumann

Neben der Chirurgie und der internistischen Onkologie hat sich die Positronen-Emissions-Tomografie (PET) in der letzten Dekade vor allem in der Radioonkologie etabliert. Wesentlichen Anteil daran hat unter anderem die Entwicklung von Hybridgeräten aus PET und CT, die nicht nur die metabolische Information mit der morphologischen verknüpfen, sondern diese Information auch direkt für die bild- und computergestützte Bestrahlungsplanung zur Verfügung stellen. Dabei muss sich die PET-Untersuchungstechnik an die Anforderungen der Strahlentherapie und der Bestrahlungsplanung anpassen.

In einigen gut definierten Situationen erscheint der Beitrag der PET für die Strahlentherapie vernachlässigbar, z. B. wenn das mutmaßliche Tumorvolumen mikroskopisch klein (bei der adjuvanten Bestrahlung nach Mammakarzinom) oder die Bestrahlung palliativ intendiert ist. Für eine große Zahl von Tumorentitäten und klinischen Situationen liefert die PET jedoch einen relevanten Beitrag im Staging, zur Therapiekontrolle und in der Rezidivdiagnostik. Der zukünftig wohl wichtigste Beitrag der PET für die Strahlentherapie liegt jedoch wahrscheinlich in einer verbesserten Demarkation von Tumorgewebe und somit in einer genaueren Definition des Zielvolumens und der Bestrahlungsplanung. Dazu sind jedoch im Vorfeld noch etliche Fragen zu klären, die von Untersuchungstechnik (inklusive einer Bewegungskorrektur) über relevante Radiotracer bis zur regionalen Tumordefinition durch observerunabhängige Algorithmen und ihr Transfer in die Bestrahlungsplanung reichen.

Viele dieser Fragen werden in der vor kurzem entstandenen Arbeitsgruppe „Nuklearmedizin und Strahlentherapie” bearbeitet, die unter der Leitung von Frau PD Dr. Nestle, Frau Prof. Grosu und Herrn Prof. van den Hoff sowohl in der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin als auch in der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie beheimatet ist. Die Arbeitsgruppe hat es sich u. a. zur Aufgabe gemacht, den Wert der PET für die Bestrahlungsplanung bei einzelnen Tumorentitäten in Multicenterstudien zu evaluieren.

Grundsätzlich sind lokal begrenzte Tumoren durch eine Strahlentherapie heilbar, vorausgesetzt eine hinreichend hohe Dosis kann mit einem akzeptablen Nebenwirkungsrisiko appliziert werden. Von einer dosiseskalierten hochkonformalen Strahlentherapie kann in einer Reihe von Indikationen eine Verbesserung der Heilungsrate bei gleichen oder sogar reduzierten Nebenwirkungen erwartet werden. Dazu ist ein interdisziplinärer Ansatz für eine biologisch individualisierte, technologisch optimierte Therapie auf höchstem Niveau erforderlich. Präklinische und klinische Translationsforschungsprojekte insbesondere in den Bereichen Tumor-(Strahlen-)Biologie, molekulares Imaging und biologisch adaptierte Bestrahlung müssen hierzu modernste Erkenntnisse aus Biologie, Physik und Medizin verknüpfen, um einen individuellen Zuschnitt der modernen, biologisch bildgeführten Strahlentherapie zu erreichen. Hierzu sind transdisziplinäre Forschungsprojekte wichtige Instrumente.

In diesen Forschungsprojekten müssen zunächst im Tiermodell - später in prospektiven klinischen Studien - Tumoren und Tracer charaktierisiert werden, um dann die Auswirkung von z. B. Dosiseskalation, Fraktionierung oder Begleitmedikation zu evaluieren und hierdurch solide prädiktive Verfahren für die Individualisierung der Therapie zu entwickeln. Solche Daten können außerdem helfen, die Ursachen für ein therapierefraktäres Verhalten zu analysieren und somit neue Einsichten in die Tumorbiologie zu ermöglichen, vorausgesetzt, systematische Tumorbanken werden angelegt, gepflegt und mit den Krebsregistern synchronisiert.

Die Verknüpfung von PET und Strahlentherapie kann für die Nuklearmedizin sehr viel umfassendere Konsequenzen als nur die Einbindung der neuen Bildgebung in die Bestrahlungsplanung haben und Anstoß zu einer Entwicklung geben, die nicht nur bildgestützte Therapie durchführt, sondern mithilfe der Bildgebung neue Modelle zur Tumordiagnostik und -bestrahlungstherapie integriert.

Das vorliegende Heft soll den aktuellen Stand, die Möglichkeiten und derzeitigen Limitationen der PET in der Strahlentherapie durch interdisziplinäre Beiträge aufzeigen. Es handelt sich um einen der Wachstumsmärkte der Nuklearmedizin (und auch der Strahlentherapie). Die Vielzahl der prägnanten Mitteilungen verdeutlicht das hohe Interesse auf diesem Sektor und die wachsende Kompetenz in zentralen Forschungsfragen zu dieser Thematik.

Jörg Kotzerke
Michael Baumann

Prof. Dr. J. Kotzerke

Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin · Universitätsklinikum

Fetscherstr. 74

01307 Dresden

Phone: +49 / 3 51 / 4 58 41 60

Fax: +49 / 3 51 / 4 58 53 47

Email: joerg.kotzerke@mailbox.tu-dresden.de