Psychiatr Prax 2006; 33(8): 408-409
DOI: 10.1055/s-2006-956991
Fortbildung und Diskussion
Leserbriefe
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Zu dem Beitrag "Unterbringung nach §18 NPsychKG in der Landeshauptstadt Hannover" von Stefan Kropp et al. in Heft 1/2005

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Publication Date:
27 November 2006 (online)

Der o.g. Artikel hinterlässt bei denjenigen, die den dort wegen unvollständiger Datenauswertung kritisierten Sozialpsychiatrischen Plan (SPP) der Region Hannover wie ich kennen, einige Fragen.

Der von Kropp et al. zitierte Text aus dem SPP für das Jahr 2002 geht nachweislich von 533 Fällen für das Berichtsjahr 2000 aus, was 85 mehr sind als die 448 Fälle mit bekanntem Wohnsitz in der Stadt Hannover, die Kropp et al. auswerteten. Gleichzeitig aber schreiben die Autoren an herausgehobener Stelle (im Abstract): "Die Zahlen im Sozialpsychiatrischen Plan 2002, die Anlass für die Untersuchung sind, mussten um 86 weitere Unterbringungen, die anderweitig dokumentiert waren, ergänzt werden." Was hinderte die Autoren daran, mich als Kollegen aus der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und als Sprecher der Fachgruppe "Dokumentation/Sozialpsychiatrischer Plan" im Sozialpsychiatrischen Verbund der Region Hannover zur Klärung dieser Diskrepanzen anzusprechen?

Des weiteren stellt sich die Frage, warum die sehr detaillierten Analysen der Unterbringungen gemäß §18 NPsychKG für die Berichtsjahre 1998 und 1999 im SPP für das Jahr 2001, auf die in dem kritisierten Beitrag zum SPP 2002 explizit verwiesen wurde, nicht in die Diskussion mit aufgenommen wurden. Dort finden sich z.B. interessante Ergebnisse zu den Zusammenhängen zwischen der Bevölkerungsbezogenen Häufigkeit von §18-Unterbringungen und der kleinräumigen Sozialstruktur der Einzugsgebiete sowie wichtige Hinweise, die zu einer vorsichtigen und mehrdimensionalen Interpretation der ausgewerteten Daten beitragen könnten.

Ein letzter Punkt betrifft die Interpretation der besonders häufigen ärztlichen Zeugnisse durch Ärzte aus der Psychiatrischen Klinik der MHH. Hier hätten die Autoren unter Heranziehung der internen Basisdokumentation und ihrer intimen Kenntnis des Versorgungsalltags in dieser Klinik auch noch weiteren Faktoren nachspüren können, neben der zentralen Lage der Klinik (die einzige im Stadtgebiet Hannovers) und ihres Status als Abteilung innerhalb eines Allgemeinkrankenhauses. Manches spricht dafür, dass auch die Interpretation des Kriteriums "Fähigkeit zur Einwilligung in die Behandlung" und die problematische Handhabung einer sogenannten stillschweigenden Einwilligung durch die für Akut- und Entgiftungsstationen gerade zuständigen Oberärzte einen Einfluss auf die Höhe von §18-Unterbringungen haben können. So schwankt die Zahl entsprechender ärztlicher Zeugnisse durch Ärzte der MHH-Klinik in den sechs Jahren von 1998-2003 zwischen 54 und 113, d.h. um über 100%: 1998 waren es 54, 1999 97, im Jahre 2000 waren es 113 (und im weiteren Verlauf im Jahre 2001 66, 2002 69 und 2003 57). Was war in der Klinik in den Jahren 1999 und 2000 anders als davor und danach? Ich gehe davon aus, dass den Autoren zumindest die Daten für die Jahre 1998-2000 zur Verfügung standen. Ansonsten hätten sie diese ohne Schwierigkeiten vom Fachbereich Gesundheit der Region, der ihnen den neu ausgewerteten Datensatz für 2000 zur Verfügung gestellt hatte, erhalten können.

Wie sonst auch in der Psychiatrie, ersetzt eine Betrachtung des aktuellen Querschnitts nicht die Erkundung des Problems im Längsschnitt. Deshalb füge ich als Anlage eine kurze und zugegeben globale Zusammenfassung des Themas für die Jahre 1998 bis 2003 bei.

Dr. med. Hermann Elgeti, Hannover

Die Autoren des in dem Leserbrief angesprochenen Artikels verzichteten auf eine abschließende Stellungnahme.