Notfall & Hausarztmedizin 2006; 32(10): 505
DOI: 10.1055/s-2006-956961
Praxismanagement

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Das MVZ gewinnt an Popularität

KooperationsformenKlaus Schmidt
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
27. November 2006 (online)

Wenn zum 1. Januar 2007 das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz in Kraft tritt, werden sich Niederlassungs- und Arbeitsmöglichkeiten für Ärzte deutlich erweitern. Dafür sorgen unter anderem neue Kooperationsformen. Eine neue Kooperationsform, die es bereits seit 1. Januar 2004 gibt, ist das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ).

Vorteile überwiegen der anfänglichen Skepsis

Skepsis herrschte zu Anfang in der Bewertung des neuen Modells MVZ. KBV-Chef Dr. Andreas Köhler räumt ein, dass zunächst die Furcht dominierte, die Krankenhäuser würden erneut einen Wettbewerbsvorteil bekommen. Für sie bieten Medizinische Versorgungszentren eine optimale Möglichkeit, Leistungen in die ambulante Versorgung auszulagern. Köhler: „Bekanntlich sind die Wettbewerbsspieße auf unserer Seite zu kurz und auf Seite der Krankenhäuser zu lang. Um es klar zu sagen: Diese Gefahr besteht immer noch.”

Träger sind hauptsächlich niedergelassene Ärzte

Doch die Vorteile dieser fachübergreifenden und ärztlich geleiteten Einrichtungen liegen auf der Hand. Sie bieten niedergelassenen Ärzten die Chance, berufliche Wünsche in einer Weise zu realisieren, wie sie es oft in der Einzelpraxis nicht können. Für die Kassenärztlichen Vereinigungen und die KBV eröffnen sich neue Wege, den Vertragsärzten als Dienstleister mit umfassendem Beratungs-Know-how zur Seite zu stehen. Der Beratungsbedarf ist in der Tat hoch, bestätigt Köhler. Immerhin bilden die niedergelassenen Ärzte mit 61 % den weitaus größten Anteil unter den Trägern von aktuell 491 MVZ. Aus diesem Grunde hat die KBV einen eigenen Beratungsleitfaden aufgelegt.

Sie fühlt sich darin bestärkt durch den ersten MVZ-Survey, den sie im November und Dezember 2005 durchgeführt hat. Dabei wurden die ärztlichen Leiter von 253 MVZ „der ersten Generation” angeschrieben und gebeten, einen standardisierten Fragebogen auszufüllen. 104 ärztliche Leiter haben geantwortet. Diese MVZ bestanden aus durchschnittlich drei Ärzten. 80 % waren ein Jahr oder weniger zugelassen, 60 % hatten sich in städtischen Gebieten angesiedelt.

Hauptmotivation: erweiterte Position am Markt

Wer ein MVZ gründen will, muss komplexe Entscheidungen treffen, etwa hinsichtlich der Rechtsform, der Kooperationsvereinbarungen und der Finanzplanung. Über die Hälfte der MVZ wandte sich dazu an die jeweilige KV. In vertragsärztlichen Fragestellungen war diese sogar der Berater der ersten Wahl. Parallel zogen die meisten MVZ noch einen Rechtsanwalt und einen Steuerberater hinzu.

Als Hauptmotivation für die MVZ-Gründung nannten 24 % die auf diese Weise erweiterte Position am Markt, 16,3 % die Möglichkeit der Effizienzsteigerung und 11,5 % die Möglichkeit, dass sie nun Ärzte anstellen könnten. Überrascht hat die KBV nach Köhlers Worten, dass lediglich 2,9 % die Entlastung von Verwaltungsaufgaben und ebenfalls 2,9 % ein verringertes Investitionsrisiko als Hauptmotivation nannten.

MVZ meist mit Versorgungsschwerpunkt

Der Survey hat gezeigt, dass 61 % der MVZ einen Versorgungsschwerpunkt herausbilden. Häufig gewählt wurden Leistungsspektren der Augenheilkunde, Angiologie sowie ambulante Operationen. Doch darin erschöpfen sich die Serviceleistungen nicht. 71,2 % gaben an, eine gemeinsame Patientenakte zu führen, 66,3 % machen Angebote außerhalb des Katalogs der gesetzlichen Krankenversicherung (Individuelle Gesundheitsleistungen), 44,2 % führen Patientenschulungen durch, um ihre Patienten aktiv in die Behandlungsabläufe einzubinden. 25 % bieten eine gesonderte Telefonsprechstunde an.

Über ihr Versorgungsangebot informieren die MVZ auf vielfältige Weise. 90 % setzen auf die persönliche Beratung durch das eigene Personal, 64 % haben eine Homepage im Internet eingerichtet, 53 % halten Vorträge zu medizinischen und gesundheitsrelevanten Themen, 34 % bieten einen Tag der offenen Tür an.

Untersucht wurde auch das Vernetzungspotential der MVZ. Jedes vierte von ihnen ist bereits Vertragspartner der integrierten Versorgung, weitere 39 % wollen in der Zukunft an dieser Versorgungsform teilnehmen. 40 % haben sich für Disease-Management-Programme eingeschrieben und 30 % nehmen an der hausärztlichen Versorgung teil.

Gründungsdrang hält an

Der Gründungsdrang für MVZ ist ungebrochen. Zum 30. Juni dieses Jahres verzeichnete die KBV bereits 491 MVZ mit insgesamt 1934 Ärzten, davon 1172 angestellte Ärzte.

Klaus Schmidt

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