PiD - Psychotherapie im Dialog 2007; 8(1): 5-15
DOI: 10.1055/s-2006-951992
Standpunkte
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Krankenhausbehandlung und/oder Rehabilitation - eine Kontroverse

Diskutanden: Horst  Braner, Gerhard  Hildenbrand, Hanno  Irle, Claus  E.  Krüger, Jochen  Sturm, Jörg  Weidenhammer[1] Moderation: Wolfgang  Senf
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Publication Date:
13 March 2007 (online)

Um was geht es?

Das Verhältnis von Krankenhausbehandlung und Rehabilitation in der Psychosomatischen Medizin und Psychotherapie wird kontrovers diskutiert. Die beteiligten Parteien, die eigentlich als Partner ein gemeinsames Anliegen vertreten sollten, haben zum Teil sehr unterschiedliche Auffassungen und Vorstellungen zu stationärer Psychotherapie. Vor allem die Leistungserbringer in dem System, die Krankenhäuser und die Rehaeinrichtungen, tragen konkurrierende Standpunkte vor. Es stellt sich die Frage, ob sie einander dadurch nicht mehr behindern als fördern, in einem Gesundheitsmarkt, dessen wesentliches Entscheidungskriterium in den Auseinandersetzungen mit Kostenträgern und Politik die Erfüllung der Anforderungen an klinische Qualität und zugleich Ökonomie geworden ist. Es ist nicht zu übersehen, dass sich in dem Verhältnis von Krankenhaus und Rehabilitation in der Psychotherapie erhebliche Probleme aufgetürmt haben, die einer Lösung bedürfen. Dazu müssen auch die Kosten- bzw. Leistungsträger in die Pflicht genommen werden, denen gerne pauschal unterstellt wird, zulasten der Behandlungsqualität nur sparen zu wollen, die aber auch gerne pauschal argumentieren, es werde unwirtschaftlich zu viel Geld ausgegeben. Entsprechend werden Kürzungen vorgenommen oder es wird die Notwendigkeit der Kostenübernahme von stationärer Krankenhausbehandlung über die Medizinischen Dienste bestritten und vor die Sozialgerichte getragen.

Die Diskussion „Krankenhausbehandlung und/oder Rehabilitation” erfolgt bisher nicht offen, sicher auch aus taktischen Erwägungen. Argumente stehen gegeneinander, es bauen sich Gegnerschaften anstatt Partnerschaften auf. Vielleicht hat das mit Missverständnissen zu tun, vielleicht mit Interessensvertretungen. Auf jeden Fall führt diese Kontroverse zu einer Schwächung der stationären Psychotherapie, was nicht nur für die Zukunft der stationären Psychotherapie gefährlich ist, sondern negative Auswirkungen auf die gesamte Psychotherapie haben wird.

PiD möchte dieser Diskussion ein öffentliches Forum bieten und hat dazu Experten aus den verschiedenen Interessengruppierungen eingeladen, miteinander zu diskutieren:

Krankenhaus: Dr. med. Gerhard Hildenbrand, Direktor der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin, Klinikum Lüdenscheid Rehabilitation: Dr. med. Jochen Sturm, Ärztlicher Direktor der Klinik Carolabad, Chemnitz Rentenversicherungsträger: Dr. med. Hanno Irle, Leiter des Bereiches Sozialmedizin im Geschäftsbereich Sozialmedizin und Rehabilitationswissenschaften, Deutsche Rentenversicherung Bund, Berlin Krankenkassen: Horst Braner, Leiter des DAK-Vertragsbereichs Rheinland/Pfalz-Saarland Private Krankenhausträger: Dr. med. Jörg Weidenhammer, LBK Hamburg GmbH Medizinische Dienste der Spitzenverbände der Krankenkassen e. V. (MDS): Dr. med. Claus E. Krüger, Fachgebiet „Stationäre Versorgung, Qualitätssicherung”

Die Diskussion gliedert sich in zwei Abschnitte:

A: Diskussion der Positionen der Vertreter für Krankenhausbehandlung und Rehabilitation B: Diskussion der Positionen der Vertreter der Rehabilitation, Krankenkassen, privaten Kostenträger und Medizinischen Dienste

Zur besseren Übersicht drucken wir Diskussion Teil A hier in diesem Heft ab, Diskussion Teil B steht in der PiD-Website (www.thieme.de/pid).

Wir sind uns natürlich bewusst, dass wir diese Diskussion lediglich beginnen, aber in diesem Rahmen nicht zu einem befriedigenden Ergebnis bringen können. Unsere Absicht ist, die unterschiedlichen Positionen transparent zu machen und auf dieser Grundlage die Fortsetzung dieser Diskussion im Rahmen einer Fachtagung zu planen.

1 Ein Teil der Diskussion wird auf der PiD-Website (www.thieme.de/pid) veröffentlicht.

2 Der Prozedurenkatalog OPS 301 Version 2.1 definiert für das Gebiet Psychotherapeutische Medizin u. a. folgende Prozeduren:

2 9-402.0 Psychodynamisches oder kognitiv-behaviorales Grundverfahren als reflektierter Mehrpersonen-Interaktionsprozess mit schriftlicher Behandlungsplanung (1-mal/Wo.), ärztlicher/psychologischer Einzeltherapie (100 Min/Wo.; ggf. davon 50 Min./Wo. ressourcenäquivalent als Gruppentherapie), Gruppenpsychotherapie (max. 10 Patienten 120 Min./Wo.) und Einsatz spezifischer psychotherapeutischer Techniken (360 Min./Wo.) im standardisierten Setting nach den Regeln der psychosomatischen und psychotherapeutischen Medizin

2 9-402.2 Stationäre Kurztherapie mit umgrenztem Therapieziel zur Stabilisierung bei akuter Dekompensation (Verschiebung der Therapie-Dosis zu höherem Anteil an Einzelpsychotherapie im Vergleich zu 9-402.0) nach den Regeln der psychosomatischen und psychotherapeutischen Medizin.

3 z. B. Kunst- und Gestaltungstherapie, Musiktherapie, integrative Körpertherapie, Achtsamkeitstraining, psychosomatisch-physiotherapeutische Komplexbehandlung, psychosomatisch-psychotherapeutische Sozialberatung und -therapie, psychosomatische Pflege, psychoedukative Gruppen (z. B. für Schmerzpatienten).

4 Die Literaturangaben finden sich auf der PiD-Website (www.thieme.de/pid).

5 Begutachtungs-Richtlinien Vorsorge und Rehabilitation des Beschlussgremiums nach § 213 SGB V vom 12.3.2001. Diese Richtlinie nach § 282 Satz 3 SGB V ist für die Begutachtung der MDK-Gutachter verbindlich.