Notfall & Hausarztmedizin 2006; 32(6): 286
DOI: 10.1055/s-2006-948063
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Typ 2-Diabetes - Hochrisikopatienten mit Blick auf Herz und Nieren

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Publikationsdatum:
14. Juli 2006 (online)

 
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Typ 2-Diabetiker müssen in der Praxis immer als Hochrisikopatienten betrachtet werden. Sie brauchen eine umfassende Therapie, die zuverlässig Herz und Nieren schützt, so hieß es bei der 41. Jahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft in Leipzig. Besonders zu beachten ist das exzessiv hohe kardiovaskuläre Risiko der Patienten, mahnte dort Prof. Dr. Matthias Leschke aus Esslingen. Denn 75% der Diabetiker versterben durch einen Myokardinfarkt. "Der Zusammenhang zwischen Diabetes und KHK ist sehr eng", sagte Leschke. "Bei Infarktpatienten werten wir erhöhte Blutzuckerwerte bereits als negativen Prognosefaktor", betonte er bei einem Satellitensymposium von Bayer Vital.

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Kardiale Gefährdung im Visier behalten

Es muss daher therapeutisch alles getan werden, um die kardiovaskuläre Gefährdung der Patienten zu senken. Das geht beispielsweise durch die Behandlung mit Acarbose, für die in Studien zweifelsfrei belegt wurde, dass sie die Rate kardiovaskulärer Ereignisse bei Menschen mit gestörter Glukosetoleranz und auch bei Patienten mit manifestem Diabetes senkt. Außerdem ist eine konsequente Behandlung kardialer Risikofaktoren unerlässlich und das gilt in erster Linie für den Blutdruck. Bei Diabetikern ist ein sehr strenger Zielwert von 130/80 mmHg formuliert worden, berichtete Prof. Dr. Wolfram Kupper aus Bad Bevensen. "Tatsächlich aber werden diese Werte den vorliegenden Daten zufolge nur bei 16% der Patienten erreicht", sagte der Mediziner.

Bei der antihypertensiven Therapie ist nach seinen Worten darauf zu achten, dass neben dem systolischen und dem diastolischen Blutdruck auch der meist erhöhte Pulse Pressure gesenkt wird. Denn ein erhöhter Pulsdruck ist nach Kupper ein eigenständiger Risikofaktor "Wir wissen aus den PROCAM-Daten, dass eine Steigerung des Pulsdrucks von 60 auf 70 mmHg das Herzinfarktrisiko bei Männern um das Drei- bis Vierfache erhöht", erklärte der Kardiologe.

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Günstige Zusatzeffekte nutzen

Eine besonders gute Senkung des Pulsdrucks wird nach seinen Angaben durch Kalziumantagonisten sowie die Sartane, insbesondere durch Telmisartan erwirkt. Diese Antihypertensiva haben den zusätzlichen Vorteil, dass sie anders als die Betablocker und Diuretika keine ungünstigen Wirkungen auf den Stoffwechsel haben - ein Aspekt, der beim Diabetiker besonders bedeutsam ist. Telmisartan wirkt darüber hinaus sogar günstig: "Es bessert auch das Lipidprofil und ebenso den Kohlenhydratstoffwechsel", so Kupper. Für Telmisartan wurde nach seinen Worten in Studien außerdem eine eindeutige Nephroprotektion belegt.

Das Sartan erleichtert es somit, die für den Diabetiker geforderten Zielwerte kardiovaskulärer Risikofaktoren zu erreichen. So fordert die Deutsche Diabetes Gesellschaft in ihren Leitlinien neben dem Blutdruck von unter 130/80 mmHg auch ein LDL-Cholesterin unter 100 mg/dl, Triglyceride unter 150 mg/dl und ein HDL-Cholesterin über 40 mg/dl.

Der HbA1c-Wert sollte, so die aktuellen Empfehlungen, unter 6,5% liegen. Das lässt sich am ehesten erreichen, wenn die Patienten zur Blutzucker-Selbstmessung motiviert werden, berichtete Dr. Andreas Liebl aus Bad Heilbrunn. So hat die ROSSO-Studie (Retrolective Study Self-Monitoring of Blood Glucose and Outcome in Patients with Type 2 Diabetes) bei Typ 2-Diabetikern nachweisen können, dass die Patienten eine bessere Blutzuckereinstellung erreichen, wenn sie regelmäßig ihren Blutzucker selbst bestimmen und dass dies mit einer geringeren Rate an makrovaskulären Komplikationen einhergeht.

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ED - Marker für eine kardiovaskuläre Gefährdung

Nicht nur die klassischen Risikofaktoren sind ein Marker für eine erhöhte kardiovaskuläre Gefährdung beim Diabetiker, auch das Auftreten einer erektilen Dysfunktion (ED) ist in dieser Hinsicht bedenklich. "Die ED ist oft ein Vorbote oder sogar ein frühes Symptom kardiovaskulärer Erkrankungen beim Diabetiker", sagte Prof. Dr. Dan Ziegler, Düsseldorf. Vor diesem Hintergrund ist es nach seinen Worten unverständlich, dass das Thema Erektionsstörung nur von 22% der Hausärzte und auch nur von 16% der Urologen in der Praxis angesprochen wird.

Überproportional häufig ist die ED nach Ziegler bei Patienten mit metabolischem Syndrom und insbesondere bei Diabetikern. Therapie der Wahl sind die Phosphodiesterase-Inhibitoren (PDE-5-Hemmer), wobei sich der Wirkstoff Vardenafil auch bei schwer zu therapierenden Patienten wie Diabetikern und sogar Patienten nach Prostatektomie als gut wirksam und gut verträglich erwiesen hat. Er führt nach dem Ergebnis einer Studie bei 500 Männern mit Typ 1- oder Typ 2-Diabetes zu einer deutlichen Verbesserung der Erektion und erwies sich dabei Plazebo als signifikant überlegen. Konkret wurden innerhalb von zwölf Wochen bei 38% der Patienten im IIEF (Index of Erectile Function) wieder Werte erreicht, wie sie für eine normale erektile Funktion charakteristisch sind.

Christine Vetter, Köln

Quelle: DDG-Symposium "Der diabetische Risikopatient" anlässlich der Jahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft, Mai 2006 in Leipzig. Veranstalter: Bayer Vital GmbH, Leverkusen.