Gesundheitswesen 2006; 68(4): 231-239
DOI: 10.1055/s-2006-926721
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Prävention und Gesundheitsförderung für Männer - Zugangsmöglichkeiten zu Arbeitern

Eine qualitative StudiePrevention and Health Promotion for Men - Possibilities of Approach to WorkersA Qualitative StudyF. Jung1
  • 1Gesundheitsamt Bremen
Diese Studie wurde als Magisterarbeit im Rahmen des Studiengangs Öffentliche Gesundheit/Gesundheitswissenschaften am Fachbereich 11 der Universität Bremen erstellt. Betreuende Gutachter waren Prof. Dr. Petra Kolip und Dr. Gerd Marstedt.
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Publication Date:
17 May 2006 (online)

Zusammenfassung

Epidemiologische Daten belegen: Männlichkeit ist aus gesundheitlicher Sicht eine riskante Lebensform. Männer - insbesondere Männer unterer sozialer Schichten - sind schlecht oder gar nicht durch Angebote der Gesundheitsförderung und Prävention zu erreichen. In dieser Studie wird anhand qualitativer Interviews mit 14 Arbeitern den Fragen nachgegangen, wo diese Männer ihre gesundheitlichen Belastungen sehen und welche Möglichkeiten bestehen, ihre gesundheitliche Situation durch Prävention und Gesundheitsförderung zu verbessern. Die Befragten sehen Belastungen überwiegend in der Arbeitssituation, während sie Ressourcen vor allem dem privaten Kontext zuordnen. Zu den zentralen Dimensionen ihres Gesundheitskonzeptes gehört Wohlbefinden. Ihr Gesundheitshandeln sehen sie vor allem durch den eigenen Willen motiviert. Dennoch übernehmen Anstöße von außen eine bedeutsame Funktion in ihrem Gesundheitshandeln. In den verschiedenen Orientierungsmustern für das Gesundheitshandeln zeigen sich unterschiedliche männliche Rollenmuster. Die traditionelle Rolle des Familienernährers scheint dabei mit höheren Gesundheitsbelastungen und geringeren Ressourcen verbunden zu sein als die einer partnerschaftlichen Orientierung. Die Kinderbetreuung durch diese Männer scheint zur Förderung ihrer Gesundheit beizutragen. Dies sollte stärker als bisher in der Arbeitsorganisation berücksichtigt werden. Zur Verbesserung der Gesundheit von Arbeitern bietet sich vorrangig die betriebliche Gesundheitsförderung im Sinne der Förderung von Ressourcen an. Im medizinischen Versorgungssystem können die Einflussmöglichkeiten von Ärztinnen und Ärzten gezielter als bisher genutzt werden. Symptomorientierte Präventionsangebote werden gut angenommen, während traditionelle Gesundheitsförderungsangebote nur dann eine Chance haben, wenn sie die Autonomiewünsche der Männer und ihre familiären Bindungen berücksichtigen.

Abstract

Epidemiological data verify the fact that masculinity is a risky life-form from a health point of view. It is difficult if not impossible to reach men, especially those from the lower social classes, with programmes of health promotion and prevention. In this study, based on qualitative interviews with 14 workers, two questions are asked: where do men see the burdens on their health and what possibilities are there for improving their health by prevention and health promotion. The interviewees maintain that they experience the burdens primarily at work whereas they find their resources mainly at home. Well-being is one of the core ideas of their concept of health. When dealing with health they are mainly motivated by their own will. Nevertheless impetus from outside has become more important in dealing with health. When dealing with health there are various masculine role models among the different orientation models. In this case the traditional role of the breadwinner seems to be linked with greater health problems and fewer resources than in an orientation based on a partnership. The looking after of children by men appears to be a contributory factor to the promotion of their health. This fact should be taken into greater consideration than has the case been up to now in the organisation of work. Promotion of health in the workplace with the focus on resources should become a priority as far as improving in the health of workers is concerned. In the medical care system female and male doctors have been able to exercise a greater influence than before. Programmes of symptom oriented prevention have become accepted whereas traditional programmes of health promotion will only have a chance if they take the men’s wishes for autonomy and their family ties into consideration.

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