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DOI: 10.1055/s-2005-926197
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Im Gespräch mit Prof. Dr. Hermann Stefan, Erlangen - Stellenwert neuer Antikonvulsiva in der Behandlung der Epilepsie
Publication History
Publication Date:
18 January 2006 (online)
Rund 0,5-1% der Bevölkerung leidet an Epilepsie. Epilepsie zählt daher zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen. Mittlerweile wurde eine ganze Palette an Antikonvulsiva entwickelt. Etwa ein Drittel der Patienten mit fokalen Epilepsien hat trotz fortgesetzter antikonvulsiver Therapie weiterhin Krampfanfälle, was den Bedarf an neuen Antiepileptika erklärt. Tatsächlich haben sich in den vergangenen Jahren die Optionen besonders für die Kombinationstherapie deutlich erweitert. Welchen Stellenwert die "neueren" Substanzen wie zum Beispiel Pregabalin in Abgrenzung zu den "Klassikern" wie Carbamazepin und Valproinsäure haben, erläutert Prof. Dr. Hermann Stefan vom Epilepsie-Zentrum Erlangen.
Herr Prof. Stefan, als zentrale Anlaufstelle für Epilepsiekranke sehen Sie viele Patienten mit teilweise schwer zu behandelnden Anfallsleiden. Wie oft entscheiden Sie sich für eine Kombinationstherapie und welche Substanzen kommen dafür in Frage?
Die Antwort hängt von der Definition "schwer behandelbar" ab. Wurde das erste Antiepileptikum lege artes ausgewählt und ohne Erfolg maximal aufdosiert, kann man bereits von schwer behandelbarer Epilepsie sprechen. In diesem Fall erhalten ca. 70% der Patienten später eine Kombinationstherapie.
Ziel jeder Therapie ist die Anfallsfreiheit oder zumindest die Reduktion der Anfallshäufigkeit. Können therapierefraktäre Patienten von der Zusatzbehandlung mit neueren Antiepileptika profitieren?
Ja, durch Kombination mit verschiedenen Wirkmechanismen bei besserer Verträglichkeit.
Was unterscheidet die neuen Antiepileptika in pharmakologischer Hinsicht von den älteren Präparaten?
Es gibt mit ihnen weniger Interaktionen als mit anderen Antikonvulsiva, das macht diese Substanzen besser verträglich. Auch die Anwendung ist einfacher, weil die Präparate nur einmal oder zweimal täglich eingenommen werden müssen.
Wie viele Patienten müssen sich auf eine Langzeittherapie einstellen und wie lässt sich dafür die nötige Compliance erreichen?
Die meisten Patienten mit Epilepsie müssen sich auf eine Langzeittherapie einstellen. Die Notwendigkeit hierzu variiert jedoch je nach epileptischem Syndrom. Die Compliance wird durch einfache Handhabung und Auftitrierung verbessert.
Da viele Epilepsie-Patienten auf eine Polypharmakotherapie angewiesen sind, stellt sich die Frage nach den Arzneimittelinteraktionen. Welche Antiepileptika-Kombinationen sind unproblematisch und welche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten können bei multimorbiden Patienten auftreten?
Wichtig ist zunächst die Kenntnis von existierenden Wechselwirkungsmöglichkeiten und ggf. ihre Erfassung durch Messung der Serumkonzentrationen.
Einfacher und sicherer ist jedoch die Verwendung von Medikamenten mit niedrigem Interaktionspotenzial wie Levetiracetam und Pregabalin.
Mit Pregabalin steht seit mehr als einem Jahr ein Antiepileptikum im Erwachsenenalter für die Zusatztherapie bei fokaler Epilepsie zur Verfügung. Welche Erfahrungen haben Sie bisher mit diesem Medikament gemacht?
Ein Jahr ist für eine endgültige Beurteilung noch zu früh. Hierzu benötigt man etwa 10 Jahre. Pregabalin kann die Anfallsfrequenz und schwere fokale Anfälle mit und ohne sekundäre Generalisation senken.
Herr Prof. Stefan, vielen Dank für das Gespräch.