psychoneuro 2005; 31(4): 179
DOI: 10.1055/s-2005-869458
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Fatigue und Krebs - Angst, Depressionen und kognitive Defizite nach Brustkrebs

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Publikationsdatum:
09. Mai 2005 (online)

 
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    Tumor- und therapiebedingte Nebenwirkungen wie Fatigue, Depressionen, Ängste oder neuropsychologische Beeinträchtigungen wirken sich teilweise erheblich auf die berufliche und soziale Reintegration von Frauen mit Brustkrebs aus. Nur die Hälfte der Brustkrebspatientinnen, die vor der Diagnose berufstätig waren, arbeitet nach Abschluss der Therapie unvermindert weiter. So das Fazit eines Symposiums der Deutschen Fatigue Gesellschaft im Rahmen der 24. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Senologie.

    Noch ein Jahr nach der Therapie, in deren Zentrum Operation, Chemo-, Strahlen- und Hormonbehandlung stehen, leiden etwa 20% der Frauen unter Angstzuständen und etwa 12-15% unter Depressionen, hat Prof. Joachim Weis von der Freiburger Klinik für Tumorbiologie beobachtet. "Sehr häufig ist das Selbstwertgefühl der Frauen gestört, sie fühlen sich in ihrer weiblichen Identität stark beeinträchtigt. Etwa jede dritte Frau beklagt erhebliche sexuelle Probleme und Schwierigkeiten in der Partnerschaft." Weit verbreitet, so Weis, seien auch neuropsychologische Leistungseinschränkungen wie Aufmerksamkeits-, Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen. "Die Patientinnen beklagen ein verlangsamtes Denken, verlieren oft den Gesprächsfaden und haben das Gefühl, dass ihnen alles zu viel wird."

    Am häufigsten leiden die Frauen unter Fatigue. 70 bis 80% aller Krebspatienten - in einigen Studien steigt die Prävalenzrate sogar auf bis zu 96% an - sind von dem ausgeprägten Gefühl der Müdigkeit und Erschöpfung, der Kraft- und Antriebslosigkeit betroffen. Bis zu 40% der Patienten, so der Kölner Onkologe Dr. Jens Ulrich Rüffer, Vorsitzender der Fatigue Gesellschaft, gelangen in einen chronischen Fatigue-Zustand; sie fühlen sich selbst fünf Jahre nach der erfolgreichen Behandlung ausgesprochen erschöpft und nicht in der Lage zu arbeiten, obwohl sie organisch gesund sind.

    Neben der wichtigen psychosozialen Betreuung gelingt es vor allem mit einer Behandlung der belastenden Nebenwirkungen, die Lebensqualität zu verbessern und die Leistungsfähigkeit zu steigern. Jeder zweite Krebspatient mit Fatigue hat mindestens eine leichte bis mittelschwer ausgeprägte Anämie. Erhalten die Patienten jedoch Erythropoetin, kurz Epo, stimuliert dies die Blutbildung im Knochenmark und führt - parallel zum Anstieg der Blutwerte - zur Symptommilderung der Fatigue. Untersucht werden derzeit eine ganze Reihe weiterer medikamentöser Interventionsmöglichkeiten wie Psychostimulanzien, Kortikosteroide und Antidepressiva, erklärte Dr. Rüffer. Die kognitiven Beeinträchtigungen lassen sich mit einem speziellen neuropsychologischen Training ausgleichen. Außerdem ist der positive Einfluss eines gezielten körperlichen Trainings auf den Erschöpfungsgrad der Patienten belegt (z.B. Oldervoll LM et al. Eur J Cancer 2004).

    pm

    Quelle: www.deutsche-fatigue-gesellschaft.de

     
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