Notfall & Hausarztmedizin (Hausarztmedizin) 2004; 30(12): B 562-B 563
DOI: 10.1055/s-2005-862227
Blickpunkt

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Niedrigeres LDL-Cholesterin macht Sinn - Mit dualer Hemmung Therapieziele eher erreichen

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Publication Date:
31 May 2005 (online)

 
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Die Empfehlungen der europäischen und nationalen Gesellschaften für die Senkung des Gesamt- und vor allem des LDL-Cholesterins sind in den letzten Jahren ständig korrigiert worden. Denn immer neue Studien belegten ebenso eindeutig wie eindrucksvoll die Richtigkeit des Schlagworts "the lower - the better", erklärte Prof. Elisabeth Steinhagen-Thiessen im Rahmen des Europäischen Kardiologiekongresses in München. Je niedriger die erreichten LDL-Cholesterinwerte der Patienten in den Studien waren, desto stärker profitierten sie davon. Und ein "Schwellenwert" oder eine definitive "Stoppmarke" nach dem Prinzip "bis hierhin und nicht weiter" scheint nicht in Sicht. Das NCEP, das US-amerikanische National Cholesterol Education Program, postuliert in "Circulation" für Patienten mit vorhandener kardiovaskulärer Erkrankung und für solche mit Diabetes mellitus einen LDL-Cholesterinzielwert von unter 70 mg/dl (1,8 mmol/l) (Circulation 2004, 110: 227-239). Im Journal des American College of Cardiology erklärt O'Keefe: "Der optimale Spiegel des LDL-Cholesterins liegt zwischen 50 und 70 mg/dl (1,3 mmol/l und 1,8 mmol/l) - niedriger ist besser und physiologisch normal" (2004; 43: 2142-2146). Neuere Studien weisen darauf hin, dass für jeweils 1% LDL-Chlosterinsenkung das relative Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis um annähernd 1% gesenkt wird.

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Problem: Zielwerte werden oft nicht erreicht

Eine wesentlich aggressivere Therapie ist erforderlich. Mit Standarddosen von Lipidsenkern erreichte man ein Therapieziel von < 100 mg/dl (2,6 mmol/l) bei wenig mehr als der Hälfte der Risikopatienten. Die große europäische Studie EUROASPIRE II zeigte, dass im europäischen Durchschnitt lediglich 51% der Patienten ein Ziel unter 200 mg/dl (5,3 mmol/l) Gesamtcholesterin erreichten (Durchschnitt 193 mg/dl oder 5,1 mmol/l), in Deutschland waren es gerade einmal 41%. Ein noch deutlicheres Bild zeichnet die 4E-Studie, die die Situation in deutschen Hausarztpraxen untersuchte (Abb. 1).

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Problematisch ist nur, dass durch Umstellung des Lebensstils allein kaum ein Patient auch nur in die Nähe der heute gültigen Zielwerte gelangt und dass auch die derzeit verwendeten Lipidsenker hieran oftmals wenig ändern konnten. Denn mit höheren Dosen von Statinen steigt auch die Gefahr von bestimmten unerwünschten Wirkungen. Vor allem ist der Erfolg der Dosissteigerung nicht linear, es gilt hier die so genannte "rule of six" - jede Verdopplung der Statindosis senkt das LDL-Cholesterin lediglich um weitere 6%, erklärte Prof. Jean-Luc Balligand, Brüssel. Wird eine stärkere Lipidsenkung erforderlich, kann man also die Dosis eines Statins erhöhen, oder aber eine zusätzliche lipidsenkende Substanz hinzu nehmen, wie beispielsweise Ezetimib (Grundy et al., Circulation 2004; 110: 227-233).

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Sinnvoll ist ein dualer Ansatz

Die duale Hemmung mit Ezetimib/Simvastatin setzt an zwei Schaltstellen des Cholesterinstoffwechsels an, über die der Cholesterinspiegel reguliert wird: Cholesterinsynthese in der Leber und Cholesterinresorption im Darm. Statine wie das Simvastatin senken die hepatische Cholesterinsynthese, der Körper reagiert darauf jedoch mit einer Gegenregulation und steigert die Cholesterinresorption. Hier setzt Ezetimib an. Die komplementäre Wirkung beider Substanzen resultiert in einer bisher unerreicht hohen Cholesterinsenkung (Abb. 2). Im Durchschnitt erreichten mit der dualen Hemmung 71% der Patienten ihr individuelles Therapieziel, die dies unter Statinmonotherapie nicht erreicht hatten. Seit April gibt es die duale Hemmung als INEGY® (Ezetimib/Simvastatin) auf dem Markt.

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In der EASE-Studie (Ezetimibe Add-On to Statin for Effectiveness) erhielten von 3030 Patienten, die unter einer stabilen Statin-Monotherapie das Therapieziel (nach den NCEP-Guidelines) nicht erreichten, 2020 Patienten zum Statin 10 mg Ezetimib und 1010 zum Statin ein Plazebo. Nach sechs Wochen wurde überprüft, wie stark das LDL-Cholesterin reduziert wurde und wie viel Prozent der Patienten jetzt das Therapieziel erreichten.

Das Ergebnis war bemerkenswert. Nach sechswöchiger Therapie mit zusätzlich 10 mg Ezetimib

  • wurde das LDL-Cholesterin um weitere 25% reduziert

  • erreichten 71% der Patienten das Therapieziel (nach NCEP-ATP III-Protokoll für LDL-Cholesterin), versus 20% unter Plazebo

  • wurden auch HDL-Cholesterin, Triglyzeride, non-HDL-Cholesterin, und apo B positiv beeinflusst.

Die Wirkung trat unabhängig von Alter, Geschlecht, ethnischer Herkunft und Risikokategorie (nach NCEP ATP III) auf, und dies auch bei Patienten mit Diabetes mellitus, mit metabolischem Syndrom und unabhängig vom als Basistherapie eingesetzten Statin. Auch unter Sicherheitsaspekten gab es keinen Unterschied zwischen der Therapie mit Ezetimib und Statin und der Statin-Monotherapie. Ezetimib wurde gut vertragen, die Rate an Nebenwirkungen lag auf dem Niveau einer alleinigen Statintherapie. Auch unter Langzeittherapie (über 48 Monate) änderte sich dies nicht (Masena et al.). In der Studie von Goldberg et al. mit 887 Patienten war in jeder Therapiestufe der Duale Inhibitor (10 mg Ezetimib und 10/20/40/80 mg Simvastatin bei der LDL-Cholesterinsenkung der Gabe von 10-80 mg Simvastatin überlegen - bei gleich guter Verträglichkeit. In der Spitze erzielte das Prinzip der dualen Hemmung aus 10 mg Ezetimib/80 mg Simvastatin eine Reduktion um 61%, 80 mg Simvastatin alleine lediglich 46%.

Derzeit sind mehr als 11000 Patienten in große, weiterführende Studien eingeschlossen, mit denen das duale Wirkprinzip ergänzend untersucht wird: In der SHARP[1]-Studie wird eine Tagesdosis von 10 mg Ezetimib und 20 mg Simvastatin geprüft, in der SEAS[2]-Studie 10 mg Ezetimib und 40 mg Simvastatin. Zielkriterium ist die Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse. In der ENHANCE[3]-Studie wird eine tägliche Dosis von 10 mg Ezetimib und 80 mg Simvastatin bei Patienten mit hohem kardiovaskulärem Risiko untersucht. In diesem weltweiten Programm werden in 17 Ländern, unter anderem auch in Deutschland, Erfahrungen mit dem Einsatz der dualen Hemmung gesammelt.

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Umfrage: Kardiologen votieren für duale Hemmung

Nur wenn der Arzt selbst überzeugt ist, wird er ein Therapieprinzip einsetzen und empfehlen. Was also halten die europäischen Kardiologen von den derzeitigen Therapieempfehlungen, wie strikt versuchen sie, die dort gesetzten Ziele zu erreichen, wie ist ihre Einstellung zum dualen Ansatz bei der Lipidsenkung - und welche Therapie würden sie eigentlich für sich selbst und ihre Familie wählen? Über eine aktuelle, im Juli 2004 durchgeführte entsprechende Befragung berichtete Dori Stern, Direktorin von Wirthlin Worldwide in England. Jeweils 75 Kardiologen in Holland, Großbritannien, Spanien, der Schweiz und Deutschland wurden telefonisch befragt. Dabei war nicht bekannt, ob die befragten Kardiologen die Möglichkeit der dualen Hemmung des LDL-Cholesterins mit Ezetimib und einem Statin kannten oder bereits in ihren Praxen einsetzten.

Im Durchschnitt waren die Befragten rund 17 Jahre als Kardiologen tätig und behandelten rund 73 Patienten pro Monat mit einer cholesterinsenkenden Medikation (in Deutschland 80 Patienten). 37% der Patienten mit Risikofaktoren erhielten von ihnen eine maximale Dosis eines Statins - bei den deutschen Kardiologen waren dies jedoch lediglich 28%. Deutsche und holländische Kardiologen behandeln im Durchschnitt mehr Patienten mit Lipidsenkern als ihre Kollegen in Großbritannien, Spanien und der Schweiz. Dafür reizen aber britische und spanische Kardiologen häufiger die Statindosis aus.

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Die jetzigen Empfehlungen sind zu großzügig

Fast 95% der befragten Kardiologen stimmten der Aussage zu, dass auf der Basis der veröffentlichten Ergebnisse das LDL-Cholesterin auf niedrigere Werte als in den derzeit gültigen Therapieempfehlungen gesenkt werden müsse. 55% würden eine Therapie so einsetzen, dass die LDL-Cholesterinwerte unter die derzeit gültigen Werte aus den Therapieempfehlungen gesenkt werden, wenn sie selbst oder ein Mitglied ihrer Familie zur Risikogruppe gehörten (45% würden entsprechend den derzeitigen Empfehlungen therapieren).

84% der europäischen Kardiologen stimmten der Aussage zu, dass sich die LDL-Cholesterinwerte mit einem dualen Ansatz wirkungsvoller senken lassen als allein mit der Synthesehemmung in der Leber und 78% stimmten dem Ansatz zu, dabei zu einem Statin einen Cholesterinresorptionshemmer einzusetzen. Mehr als zwei Drittel der Befragten (68%) würden dieses duale Prinzip auch bei sich selbst oder ihrer Familie anwenden.

gb

Quelle: Lower is Better: Trends in Lipid Management and Dual Inhibition. Symposium und Pressekonferenz von MSD und essex pharma im Rahmen des Europäischen Kardiologiekongresses am 29. August 2004 in München.

01 Study of Heart and Renal Protection

02 Simvastatin/Ezetimib bei Patienten mit Aortenstenose

03 Ezetimibe and Simvastatin in Hypercholesterolemia Enhances Atherosclerosis Regression

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