Viszeralchirurgie 2005; 40(2): 145-148
DOI: 10.1055/s-2005-836405
Das viszeralchirurgische Prüfungsgespräch

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Peritonitis und akutes Abdomen

Peritonitis and Acute AbdomenJ. Lange1 , W. Kolb1
  • 1Klinik für Chirurgie, Kantonsspital St. Gallen
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Publication Date:
21 April 2005 (online)

Die seltene primäre oder spontane Peritonitis (1-2 % aller Fälle) hat ihre Ursache nicht in einem intraabdominellen Organ, sondern wird hämatogen, lymphogen oder kanalikulär oft im Rahmen von Begleiterkrankungen verursacht. Welche Ätiologien kommen hierbei in Betracht?

Im Kindesalter überwiegt die postinfektiöse Pneumokokken- oder Streptokokkenperitonitis. Derzeit ist allerdings ein Erregerwechsel hin zu Staphylokokken und gramnegativen Bakterien zu beobachten. In den meisten Fällen einer primären Peritonitis liegt ein Aszites verursacht durch ein nephrotisches Syndrom oder eine Leberzirrhose zugrunde. Im Erwachsenenalter sind in aller Regel Risikofaktoren, wie z. B. ein zirrhosebedingter Aszites, vorhanden. Als Erreger kommen Keime der regulären Darmflora, am häufigsten E. coli in Betracht. Bei Frauen tritt gelegentlich als Komplikation einer Adnexitis eine Pelveoperitonitis auf, die durch Clamydien oder Gonokokken verursacht wird. Beide Krankheitserreger können eine Perihepatitis bewirken. Grundsätzlich ist bei allen Erkrankungen, die mit einer Suppression des Immunsystems einhergehen, mit einem erhöhten Risiko einer primären Peritonitis zu rechnen. Weiters tritt in jüngerer Vergangenheit das Krankheitsbild einer tuberkulösen Peritonitis wiederum häufiger auf. Die chirurgische Herdsanierung ist bei primärer Peritonitis nicht möglich, so dass die Therapie konservativ zu erfolgen hat. In Fällen ungünstiger Risikofaktoren, wie z. B. Aszites bei Leberzirrhose, kann die Letalität jedoch bis zu 40 % betragen. In diesen Fällen ist daher eine antibiotische Rezidivprophylaxe indiziert.

Im Rahmen einer akuten Appendizitis sind in 50-80 % der Fälle anaerobe Keime am Entzündungsgeschehen beteiligt. Eine chirurgisch therapierbare Peritonitis jedweder Ätiologie ist im Allgemeinen in über 80 % auch durch anaerobe Keime mitverursacht. Skizzieren Sie in Grundzügen den Pathomechanismus anaerober Infektionen im Rahmen abdominalchirurgischer Erkrankungen.

Nur wenige Anaerobier sind obligat pathogen, wie z. B. Clostridium botulinum oder Clostridium tetanie, die durch die Toxinproduktion einen speziellen Pathomechanismus aufweisen. Die Mehrzahl der Anaerobier hingegen ist fakultativ pathogen und erlangt nur dann Krankheitswert, wenn sie aus ihrer natürlichen Umgebung verschleppt werden. Dies kann durch chirurgische Eingriffe aber auch Traumen mit Zerstörung der Haut-/Schleimhautbarriere geschehen. Als weitere Voraussetzung zur Erlangung pathogener Aktivität mit Ansiedlung und Vermehrung anaerober Keime muss die Sauerstoffversorgung des entsprechenden Gewebes beeinträchtigt sein. Es ist vorstellbar, dass bereits die Anwesenheit aerober Bakterien genügt, um die Sauerstoffsättigung des betroffenen Gewebes so weit abzusenken, um ein entsprechendes Umfeld für Anaerobier zu schaffen. Für diese Überlegung sprechen die zumeist vorliegenden Mischinfektionen aerober und anaerober Keime. Dies unterstreicht die Bedeutung der perioperativen Antibiotikaprophylaxe sowie Therapie mit einer auch gegen anaerobe Keime gerichteten Antibiose, wenn mit dem Auftreten dieser Keime zu rechnen ist. Kommt es dennoch zu einer Anaerobierinfektion als schwerwiegender Komplikation, so ist deren eventuell septischer Verlauf mit einer ernsten Prognose für den Patienten verbunden.

Die Prinzipien der chirurgischen Therapie der Peritonitis umfassen die aggressive chirurgische Herdsanierung kombiniert mit ausgiebiger Lavage sowie die intensivmedizinische Nachbetreuung unter adäquater antibiotischer Therapie. Diskutieren Sie den Therapieansatz der Etappenlavage bei Vorliegen einer diffusen Vierquadrantenperitonitis!

Auch heute noch bedingt eine Vierquadrantenperitonitis eine hohe Morbidität und Letalität. Es gelingt im Rahmen der Erstversorgung jedoch nicht immer eine definitive chirurgische Sanierung der Peritonealhöhle zu erzielen. Grundsätzlich werden geschlossene Spülverfahren von den offenen unterschieden. Im Rahmen einer kontinuierlichen Spülung werden mehrere Spülkatheter ins Abdomen eingebracht, über welche die Spülung dann erfolgt. Durch dieses Vorgehen werden die Bauchdecken geschont. Unter Etappenlavage ist die programmierte Wiedereröffnung - üblicherweise im Intervall von 24-48 Stunden - der provisorisch verschlossenen Bauchdecke zu verstehen. Im Gegensatz zu den geschlossenen Spülverfahren wird durch die Anwendung der Etappenlavage die Entstehung von Spülstraßen mit der Ausbildung von Schlingenabszessen vermieden. Darüber hinaus können entstehende intraabdominelle Komplikationen im Rahmen des Schockgeschehens bei programmierter offener Lavage rasch erkannt und therapiert werden. Ein weiterer Vorteil der Etappenlavage liegt in der Senkung des abdominalen Druckes, der zu einer verbesserten Durchblutung der parenchymatösen Organe sowie des Darmes führt, den venösen Rückfluss über die V. cava normalisiert und dadurch letztlich auch die Beatmung erleichtert. Ein Nachteil stellt die Retraktion der Bauchdecken dar, die nahezu regelhaft nach dem 5. Tag eintritt. Der definitive Bauchdeckenverschluss ist daher nach Abschluss der Spülbehandlung nicht immer primär möglich. In diesen Fällen muss daher die Granulation der Bauchdecke z. B. über einem Mesh Graft mit Sekundärheilung abgewartet und die entstehende Hernie im weiteren Verlauf nach frühestens 6 Monaten korrigiert werden. Ein weiterer Nachteil liegt im idealen Nährboden des offenen Abdomens für virulente Keime. Häufig lässt sich ein Keimwechsel von der genuinen Flora hin zu Hospitalisationskeimen um den 4.-6. Tag nicht verhindern. Bisher konnte durch keine Studie belegt werden, ob die geschlossene oder offene Spülung das bessere Verfahren ist. Jede Klinik sollte die Methode durchführen, mit der sie am meisten Erfahrung hat.

Eine seltene Ursache eines akuten Abdomens (ca. 0,4 %) ist der akute Mesenterialarterienverschluss, der mit einer Letalität von bis zu 80 % behaftet ist. Einerseits ist dies auf die Schwierigkeit der Diagnosestellung sowie andererseits auf die relativ kurze Ischämietoleranz des Darmes von nur 4-12 h zurückzuführen. Beschreiben Sie in Grundzügen das klinische Bild eines akuten Mesenterialarterieninfarktes sowie das diagnostische Vorgehen!

Die Initialphase mit oftmals schlagartig einsetzenden Abdominalschmerzen - diffus bis kolikartig - ist begleitet von Übelkeit, Erbrechen und Durchfällen. Eine rege Peristaltik bei fehlender Abwehrspannung steht diskrepant zum schwer beeinträchtigten Allgemeinzustand des Patienten. Nach rund 1-2 Stunden geht die Initialphase in die Latenzphase über. Dies ist durch einen Rückgang der abdominellen Beschwerden bei Zunahme des Meteorismus und einer Abnahme der Peristaltik auch als Ausdruck der beginnenden Nekrose des betroffenen Darmabschnittes gekennzeichnet. Die Endphase, welche nach rund 12 Stunden einsetzt, zeigt eine diffuse Abwehrspannung des Abdomens bei starkem Druckschmerz als Zeichen der Durchwanderungsperitonitis. Die Peristaltik ist erloschen. Insgesamt ist der Patient durch ein septisches Zustandsbild mit Schock gezeichnet.

Bei Verdacht auf Mesenterialarterieninfarkt muss die Diagnostik rasch einsetzen und unverzüglich durchgeführt werden, da im Stadium III zumeist eine infauste Prognose vorliegt. Die radiologische Abdomenübersichtsaufnahme kann ein gasarmes Abdomen zu Darstellung bringen. Mit der Abdomensonographie können andere Krankheitsursachen differenzialdiagnostisch ausgeschlossen werden. Laborunterschungen können einen Mesenterialarterieninfarkt nicht beweisen, allerdings können erhöhte Serumlaktatspiegel vor allem in Verbindung mit einem negativen Base excess auf die sich ausbildende Laktatazidose bei Darmnekrose hinweisen. Mittels Spiral-CT können vor allem ostiumnahe Gefäßverschlüsse diagnostiziert werden. Eine Diagnosesicherung ist auch durch eine selektive Angiographie möglich. Alle diese technisch aufwendigeren Untersuchungen können jedoch zu einer Verzögerung der Operation um 1-2 h führen und damit die Erfolgsaussichten der chirurgischen Therapie beeinträchtigen. Die Indikationsstellung zur Laparotomie unter der Verdachtsdiagnose eines Mesenterialarterieninfarktes basiert daher immer noch auf der Anamnese und der klinischen Symptomatik. Der Entscheid zur Operation kann durch verschiedenste Untersuchungstechniken oftmals nur unterstützt werden.

„Über einem mechanischen Ileus darf die Sonne weder auf- noch untergehen.” Der mechanische Dünndarmileus ist die Ursache für rund 20 % aller zur stationären Aufnahme gelangenden Patienten mit akutem Abdomen. Welche Therapieprinzipien und diagnostischen Schritte sind zu berücksichtigen?

Der mechanische Dünndarmileus wird in den allermeisten Fällen durch Adhäsionen oder Briden verursacht. So weisen rund 90 % der betroffenen Patienten in der Anamnese abdominelle Voroperationen auf. Seltenere Ursachen sind innere oder äußere Hernien, Obstruktion durch maligne Tumoren, Peritonealkarzinose, Gallensteinileus, Volvulus und Invagination. Strikturen und Stenosen können auch durch chronisch entzündliche Darmerkrankungen bedingt sein. Anamnese, Klinik und Röntgen-Abdomenleeraufnahme reichen für die Mehrzahl der Patienten aus, um die richtige Diagnose und die entsprechende Operationsindikation zu stellen.

Leukozytose, Fieber, Tachykardie sowie lokalisierte Druckdolenz sind als Einzelsymptome in der Diagnostik eines Strangulationsileus unzuverlässig. In ihrer Gesamtheit sind diese Symptome jedoch wegweisend. Bestehen alle vier Symptome, so ist in rund ⅔ der Fälle intraoperativ mit dem Vorliegen von Darmnekrosen zu rechnen. Grundsätzlich gilt, dass für jeden Strangulationsileus aufgrund der Durchblutungsstörung absolute Indikation zur Notfalloperation vorliegt. Sollte kein eindeutiger vollständiger mechanischer Verschluss nachweisbar sein, dann kann eine Kontrastmittelpassage mit wasserlöslichem Kontrastmittel zur Beurteilung des weiteren Vorgehens hilfreich sein. Kommt es zum Kontrastmittelübertritt in den Dickdarm innerhalb 4 Stunden, dann kann ein konservativer Therapieversuch unternommen werden. Fehlt dieser Kontrastmittelübertritt, so besteht eine Operationsindikation.

Das akute Abdomen kann neben abdominellen Erkrankungen eine Vielzahl weiterer Ursachen aufweisen, die jedoch primär keine chirurgische Therapie erforderlich machen, sondern konservativ zu behandeln sind. Nennen Sie einige Beispiele extraabdomineller Krankheitsbilder, die auch durch ein akutes Abdomen symptomatisch werden können!

Als extraabdominelle Ursache eines akuten Abdomens kommen beispielhaft in unvollständiger Aufzählung in Betracht:

kardiale (Herzinfarkt, Endokarditis, Myokarditis) thorakale (Lungeninfarkt, Lungeembolie, Empyem, Ösophagusspasmen, Boerhaave-Syndrom) neurologische (Radikulitis, abdominale Epilepsie) metabolische (Urämie, Diabetes mellitus, Porphyrie, Hyperparathyreoidismus) hämatologische (Leukämie, hämolytische Anämien) Erkrankungen aber auch Intoxikationen (Blei) psychiatrische Erkrankungen Drogen- und Narkotikaentzug

Die akute Appendizitis ist die häufigste Indikation zur Notfalloperation in der Viszeralchirurgie. Diskutieren Sie die Vor- bzw. Nachteile der laparoskopischen gegenüber der konventionellen Appendektomie!

Nach den Kriterien der evidenzbasierten Medizin können für die konventionelle (KA) vs. laparoskopische Appendektomie (LA) folgende Unterschiede festgestellt werden: Die LA weist eine etwas längere Operationszeit auf. Bei insgesamt vergleichbarer Gesamtmorbidität treten nach LA weniger Wundinfekte, jedoch tendenziell mehr intraabdominelle Abszesse insbesondere nach perforierter Appendizitis auf. Diese Komplikation kann durch die Berücksichtigung der Prinzipien der septischen Chirurgie auch bei laparoskopischem Vorgehen mit ausgiebiger Lavage des Operationsgebietes bzw. der Peritonealhöhle deutlich reduziert werden. Es lassen sich dann gegenüber der KA vergleichbare, tendenziell sogar günstigere Ergebnisse erzielen. Weiters hat die LA deutliche Vorteile hinsichtlich postoperativer Schmerzen, rascherer Nahrungsaufnahme, schnellerer Rekonvaleszenz und kürzerer stationärer Verweildauer. Die insgesamt etwas erhöhten Kosten des stationären Aufenthaltes bei LA werden durch die schnellere Rekonvaleszenz und die raschere Wiedereingliederung in das soziale und berufliche Umfeld mehr als aufgewogen, so dass insgesamt ein Gesamtkostenvorteil für die LA entsteht. Ein weiterer Vorteil des laparoskopischen Zuganges liegt darin, dass ein Diagnostikum mit therapeutischer Option zur Verfügung steht. So werden bei laparoskopischem Zugang rund 2-3mal häufiger pathologische gynäkologische Nebenbefunde gesehen, welche auch sofort therapiert werden können, als bei konventionellem Zugang. Aufgrund dieser Vorteile wird sich möglicherweise langfristig die LA durchsetzen.

In der Abklärung der Ursache eines akuten Abdomens steht heutzutage eine Vielzahl an Untersuchungsmöglichkeiten zur Verfügung. Stellen Sie kurz die Bedeutung der wichtigsten Untersuchungsmethoden dar!

Bei der Beurteilung eines Patienten mit dem klinischen Bild eines akuten Abdomens sind zunächst echte Notfälle, wie z. B. perforierende Abdominalverletzungen, die keine weitere diagnostische Abklärung erlauben, abzugrenzen. Abgesehen von diesen absoluten Notfällen beginnt jede Diagnostik mit einer sorgfältigen Anamnese und der körperlichen Untersuchung unter Berücksichtigung der Häufigkeit der Ursachen für ein akutes Abdomen. Bedeutung kommt der gezielten Labordiagnostik zu. Größten Stellenwert hat heute die Ultraschalluntersuchung durch den geübten Untersucher. Es gelingt so in vielen Fällen die klinisch vermutete Diagnose zu sichern. Weiters hat nach wie vor die konventionelle radiologische Untersuchung insbesondere mit der Abdomenleeraufnahme ihren Stellenwert. Als weiterführende Untersuchung, sofern sich aus Anamnese, Klinik oder oben angeführten Untersuchungen keine Operationsindikation ergeben hat, wäre eine Computertomographie durchzuführen. Aus der Anamnese bzw. der Klinik des Patienten kann sich allerdings auch die Indikation für weitere Abklärungen wie z. B. die Durchführung endoskopischer Untersuchungen mit Therapieoption ergeben.

Die Divertikulitis des Sigmoids ist insbesondere bei Patienten ab der 5. Lebensdekade die häufigste Ursache für akute linksseitige Unterbauchschmerzen. Diskutieren Sie die zur Verfügung stehenden diagnostischen Möglichkeiten in der Akutphase einer Divertikulitis!

Die Diagnose einer unkomplizierten Divertikulitis kann in den meisten Fällen bereits klinisch gestellt werden. Ist das klinische Bild nicht schlüssig oder sind Komplikationen der Divertikulitis anzunehmen, dann sind ergänzende Untersuchungen notwendig. Die Computertomographie als nicht invasive hoch sensitive und hoch spezifische Untersuchungstechnik kann das Ausmaß einer akuten Divertikulitis zufrieden stellend dokumentieren, insbesondere wenn Komplikationen wie eine gedeckte Perforation oder ein Abszess vorliegen. Eine Abdomenübersichts-Röntgenaufnahme ist sicherlich die kostengünstigste Untersuchung, allerdings in den meisten Fällen ohne wesentlichen Befund. Die Durchführung einer endoskopischen Untersuchung kann aufgrund eines spastisch enggestellten Kolons erhebliche Mühe bereiten oder sogar unmöglich sein. Weiterhin besteht bei Vorliegen einer gedeckten Perforation die Gefahr durch die Luftinsufflation eine offene Perforation zu provozieren. Mit diesem Risiko ist auch die Durchführung eines Kolonkontrasteinlaufes behaftet, da der hohe hydrostatische Druck zur Perforation führen kann. Mit wenigen Ausnahmen sind daher die Endoskopie sowie der Kolonkontrasteinlauf keine Untersuchungstechnik im akuten Schub einer Divertikulitis. Nach Abklingen der akuten Entzündung können durch den Kolonkontrasteinlauf enggestellte Darmsegmente, Fisteln, gedeckte Perforationen und auch das Ausmaß der zugrunde liegenden Divertikulose gut dargestellt werden. Die endoskopische Abklärung erfasst darüber hinaus weitere möglicherweise vorliegende Pathologien des Kolons, wie z. B. Polypen, die endoskopisch-interventionell auch therapiert werden können.

Die Divertikulitis ist insbesondere bei rezidivierenden Ereignissen eine Erkrankung, die einer chirurgischen Therapie bedarf. Skizzieren Sie das grundsätzliche Vorgehen nach Diagnosestellung einer Divertikulitis!

Leichte linksseitige Unterbauchschmerzen mit diskreter Abwehrspannung ohne Fieber bei Patienten mit Divertikulitis können in vielen Fällen antibiotisch mit bzw. sogar ohne Einhaltung einer Nahrungskarenz therapiert werden. Die komplizierte Divertikulitis hingegen, welche durch Abszesse, Peritonitis, Perforation oder Sepsis gekennzeichnet ist, bedarf jedenfalls der chirurgischen Intervention. Isolierte Abszesse ohne Peritonitis können oftmals radiologisch gezielt perkutan drainiert und damit therapiert werden. Wenn dadurch eine vollständige Rückbildung der klinischen Symptome sowie der laborchemischen Entzündungsparameter erreicht werden kann, dann erfolgt die Operation im entzündungsfreien Intervall mit primärer Anastomosierung. Krankheitsverläufe mit freier Perforation stellen jedenfalls eine Indikation zur Notfalloperation dar. Bei Vorliegen von Risikofaktoren wie diffuse Peritonitis, Immunsuppression etc. sollte der Diskontinuitätsresektion nach Hartmann der Vorzug gegeben werden.

Akute rechtsseitige Oberbauchschmerzen mit Abwehrspannung können durch eine akute emphysematöse Cholezystitis verursacht werden. Beschreiben Sie in Grundzügen dieses Krankheitsbild als Sonderform einer akuten Cholezystitis sowie die sich daraus ergebenden Konsequenzen!

Diese fulminante Form der akuten Cholezystitis wird durch eine aerobe/anaerobe Mischinfektion verursacht. Ältere Männer mit Diabetes mellitus sind am häufigsten betroffen.

Das radiologische Zeichen einer akuten emphysematösen Cholezystitis besteht in kleinen Gasbläschen, welche in der Abdomen-Übersichtsaufnahme gelegentlich, in der Computertomographie jedoch regelhaft zur Darstellung kommen. Die notfallmäßige Operation ist indiziert, um eine Gangrän, eine Perforation und damit eine Peritonitis zu vermeiden. Das Vorliegen eines Diabetes mellitus erhöht hierbei das allgemeine und operationsspezifische Komplikationsrisiko, unabhängig davon, ob die Operation notfallmäßig oder elektiv erfolgt.

Eine akute Perforation des Dünndarmes ist diejenige intestinale Verletzungsart, welche bei Kindern und Erwachsenen im Rahmen von Verkehrsunfällen durch Sicherheitsgurte am häufigsten verursacht werden. Welche Aspekte sind bei der Beurteilung der traumatischen Dünndarmperforationen zu berücksichtigen?

Dünndarmperforationen werden mit den klinischen Zeichen der Peritonitis symptomatisch. Im Verdachtsfall einer Dünndarmperforation ist die Diagnostik neben den bildgebenden Verfahren um die diagnostische Laparoskopie zu erweitern. Bei Erwachsenen liegt pathophysiologisch zumeist eine Verletzung im Bereich der Mesenterialwurzel zugrunde, während bei Kindern der direkten Kontusion der Dünndarmwand pathophysiologisch weitaus mehr Bedeutung zukommen dürfte. Sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen können Dünndarmverletzungen, die primär nicht zur Perforation geführt haben, auch noch nach Wochen oder Monaten im Rahmen fibrosierender Vernarbungsprozesse als Obstruktionen klinisch auffällig werden. Derartige posttraumatische Stenosen werden vor allem bei Erwachsenen - weniger bei Kindern - als Folge oder sogar Erstmanifestation eines Morbus Crohn fehldiagnostiziert.

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Prof. Dr. Jochen Lange

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