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DOI: 10.1055/s-2004-837066
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Prävention der Schizophrenie - Früherkennung und -intervention bei Personen mit erhöhtem Psychoserisiko[*]
Early recognition and intervention for people at risk of schizophreniaKorrespondenzadresse:
Dr. med. A. Bechdolf
Früherkennungs- und Therapiezentrum für psychische Krisen - FETZ
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Klinikum der Universität zu Köln
Joseph-Stelzmann-Str. 9
50924 Köln
Email: andreas.bechdolf@uk-koeln.de
Publication History
Publication Date:
02 December 2004 (online)
- Zusammenfassung
- Summary
- Aktueller Stand zu Risikokriterien für erste psychotische Episoden
- Aktueller Stand zur Frühintervention bei Risikopersonen für schizophrene Erkrankungen
- Projektverbund „Früherkennung und Frühintervention” des Kompetenznetzes Schizophrenie
- Erste Ergebnisse der Interventionsstudien
- Literatur
Zusammenfassung
Ziele des Projektverbundes „Früherkennung und Frühintervention” des Kompetenznetzes Schizophrenie sind die Entwicklung eines evaluierten Instrumentes zur Abschätzung des individuellen Psychoserisikos, der Nachweis von potenziellen Vulnerabilitätsindikatoren und funktionellen Hirnabweichungen, die den Beginn einer schizophrenen Erkrankung anzeigen könnten, sowie die Entwicklung von präventiven Frühinterventionen bei Personen mit einem erhöhten Psychoserisiko. Erste Analysen zeigen, dass ein differentieller Interventionsansatz, bestehend aus kognitiver Verhaltenstherapie im psychosefernen Prodrom und stützender Intervention kombiniert mit atypischem Antispychotikum im psychosenahen Prodrom, viel versprechend ist. Obwohl die Datenlage noch nicht abschließend zu beurteilen ist, stimmen die Zwischenauswertungen und die vorliegenden Ergebnisse internationaler Studien optimistisch für die Entwicklung einer indizierten Prävention bei schizophrenen Störungen.
#Summary
The aims of the early detection and intervention programme of the German Research Network on Schizophrenia are to develop an evaluated assessment instrument for the detection of persons at risk, to explore biological indicators, which could predict the development of schizophrenia and to develop treatment strategies for persons at risk of psychosis. First preliminary results of the differential intervention approach to the initial prodromal state - a comprehensive cognitive-behavioural therapy for persons in the early initial prodromal state and clinical management and atypical neuroleptics combined in persons in the late initial prodromal state - are promising. However, although we have to await the final results of the ongoing trials, the preliminary data and findings from international studies are suggesting that indicated prevention may become a new perspective in the treatment of schizophrenia.
Eine Reihe von Erkenntnissen hat in den letzten Jahren dazu beigetragen, dass Früherkennung und Frühintervention bei schizophrenen Erkrankungen vor dem Auftreten erster psychotischer Symptome begründet und aussichtsreich erscheinen. Im Einzelnen sind hier folgende Befunde zu nennen:
-
Ersten schizophrenen Episoden gehen in der Mehrzahl der Fälle durchschnittlich 5,3 Jahre lange initiale Prodromalphasen voraus [10]
-
Vor dem Auftreten erster produktiv psychotischer Symptome kommt es zu einem massiven Einbruch der sozialen Leistungsfähigkeit - insbesondere hinsichtlich des Beschäftigungsverhältnisses, fester Partnerschaften, Führen des eigenen Haushalts [12]
-
Die Dauer der unbehandelten ersten psychotischen Episode korreliert mit einer Reihe ungünstiger Verlaufscharakteristika, wie verzögerter und unvollständiger Remission, längerer stationärer Behandlungsbedürftigkeit, einer geringen Compliance, erhöhtem Substanzmissbrauch und höheren Behandlungs- und Folgekosten [8] [13] [16] [17] [21]
-
Es gibt erste Hinweise auf mögliche zerebrale pathophysiologische Veränderungen in der Frühphase der Schizophrenie [20](25)
-
Risikokriterien wurden etabliert, die eine Prädiktion einer psychotischen Episode in etwa 36 % der Fälle innerhalb von zwölf Monaten [31] und von 70 % im Verlaufe von 5,6 Jahren [18] ermöglichen
-
Es wurden kognitiv-verhaltenstherapeutische Interventionen für schizophrene Positivsymptomatik entwickelt mit viel versprechenden Ergebnissen [9] [27]
-
Atypische Antipsychotika stehen zur Verfügung, die ein günstigeres Nebenwirkungsprofil und ein besseres Nutzen-Risiko-Verhältnis zeigen als konventionelle Antipsychotika.
Die Ziele einer Frühintervention liegen beim derzeitigen Stand der Forschung in erster Linie in einer Besserung der aktuellen Symptomatik, einer Vermeidung sozialer Behinderungen und in der Prävention oder zumindest Verzögerung und Abschwächung erster psychotischer Episoden. Hierbei handelt es sich nicht um den Versuch einer Primärprävention universal in der Allgemeinbevölkerung oder selektiv bei noch gesunden Risikoträgern, sondern um eine indizierte Prävention bei Personen, die bereits Prodromalsymptome bieten und wegen der damit verbundenen Beschwerden und Einschränkungen Hilfe suchen. Auch an solche Interventionen sind hohe ethische Maßstäbe anzulegen, weil nicht alle Betroffenen tatsächlich im unbehandelten Verlauf eine Psychose entwickeln würden und dementsprechend das jeweilige Hilfsangebot durch eine verantwortungsbewusste Nutzen-Risiko-Abwägung zu rechtfertigen ist.
#Aktueller Stand zu Risikokriterien für erste psychotische Episoden
Die meisten der auf diesem Gebiet tätigen Arbeitsgruppen gingen bis vor kurzem noch davon aus, dass Psychose-prädiktive Symptome erst im späteren Verlauf des Prodroms auftreten und bereits eine phänomenologische Ähnlichkeit mit psychotischen Symptomen aufweisen. In Übereinstimmung mit den von der Melbourner Gruppe um McGorry definierten Kriterien [26] werden heute attenuierte (abgeschwächte) psychotische Symptome (APS) und kurzzeitig vorhandene, spontan remittierende psychotische Symptome (brief limitted intermittent psychotic symptoms, BLIPS) sowie Kombinationen aus Risikofaktoren, wie eine schizophrene Erkrankung bei einem Angehörigen ersten Grades oder einer schizotypen Persönlichkeitsstörung beim Betroffenen, und einem signifikanten Absinken des globalen Funktionsniveaus für die Definition eines initialen Prodroms herangezogen. Erste Ergebnisse prospektiver Studien zeigen eine durchschnittliche Übergangsrate in eine Psychose von ca. 36 % innerhalb eines Jahres nach Studieneinschluss bei Personen, die an keiner speziellen antipsychotischen Intervention - kognitive Verhaltenstherapie oder neuroleptischer Medikation - teilnahmen [31].
#Transiente psychotische Symptome (BLIPS)
Unter transiente psychotische Symptome fallen Wahnideen, Halluzinationen oder formale Denkstörungen, die nur vorübergehend und nicht länger als eine Woche vorhanden sind und spontan remittieren. Damit unterscheiden sie sich nicht phänomenologisch, sondern nur hinsichtlich ihrer Dauer von psychotischen Symptomen, die für die Diagnose einer manifesten Psychose herangezogen werden [Abb. 1] [31].
#Attenuierte psychotische Symptome (APS)
Abgeschwächte psychotische Symptome sind angelehnt an die revidierten DSM-IV-Kriterien einer schizotypischen Persönlichkeitsstörung und umfassen Beziehungsideen, eigentümliche Vorstellungen oder magisches Denken, ungewöhnliche Wahrnehmungserlebnisse, eine eigenartige Denk- und Sprechweise sowie paranoide Ideen. Damit ähnelt diese Symptomatik bereits den Symptomen der ersten psychotischen Episode und scheint nach bisherigen Studienergebnissen erst am Ende der initialen Prodromalphase aufzutreten (s. [Abb. 1]).
#Prädiktive Basissymptome
Das Basissymptom-Konzept wurde in den 1960er-Jahren von Gerd Huber entwickelt. Es hat seinen Ursprung in der Beobachtung von Defizienzen, die schon Jahre oder Jahrzehnte sowohl vor der ersten akuten Episode sowie im Vorfeld schizophrener Rezidive als auch postpsychotisch und intrapsychotisch bei fluktuierender akut-psychotischer Symptomatik auftreten, von den Betroffenen selbst wahrgenommen und (retrospektiv) berichtet werden [14] [15]. Diese milden, meist subklinischen, aber nichtsdestotrotz häufig starken Beschwerdedruck hervorrufenden Selbstwahrnehmungen von Störungen des Antriebs, des Affekts, der Denk- und Sprachprozesse, der Wahrnehmung, der Propriozeption, der Motorik und zentral-vegetativer Funktionen wurden von Huber unter dem Terminus technicus Basissymptome beschrieben und später in der ersten, längerfristigen prospektiven Untersuchung des Frühverlaufs, der Cologne Early Recognition (CER-) Studie, auf ihre Vorhersagefähigkeit für schizophrene Psychosen untersucht [18]. In dieser Untersuchung wurden 160 von 385 Patienten, die zum Zeitpunkt der Erstuntersuchung noch niemals psychotische Symptome gezeigt hatten, nach durchschnittlich 9,6 Jahren nachuntersucht. 70 % der Patienten, die bei der Indexuntersuchung Basissymptome geboten hatten, erkrankten nach durchschnittlich 5,6 Jahren an einer schizophrenen Störung, wahrend die Übergangsraten bei Patienten, die keine Basissymptome aufwiesen, bei 4 % lagen. Insgesamt zeigten zehn Basissymptome aus dem Bereich der selbstwahrgenommenen Informationsverarbeitungsstörungen eine für diagnostisch relevante Symptome als ausreichend anzusehende Häufigkeit [1] bei der Erstuntersuchung von mindestens 25 %, Spezifitäten von 0,85 und höher, eine positive prädiktive Stärke von mindestens 0,70 und darüber hinaus falsch-positive Vorhersageraten von unter 7,5 % [18]. Diese Basissymptome waren:
-
Gedankeninterferenz
-
-perseveration
-
-drängen und -blockierung
-
Störung der rezeptiven Sprache
-
Störung der Diskriminierung von Vorstellungen und Wahrnehmungen bzw. Phantasieinhalten und Erinnerungen
-
Eigenbeziehungstendenz
-
Derealisation
-
optische und akustische Wahrnehmungsstörungen.
Damit erscheinen auch diese phänomenologisch von psychotischen Symptomen unterscheidbaren und bereits früh auftretenden Symptome gut für eine Früherkennung schizophrener Psychosen bereits zu Beginn des Prodroms geeignet (s. [Abb. 1]).
#Risikofaktoren und Funktionseinbußen
Zur Erfassung einer Gruppe von Personen mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer manifesten Psychose, aber ohne Ausbildung einer Psychose-ähnlichen Symptomatik, wurde zudem eine Kombination aus Vorliegen eines bekannten Risikofaktors und einer kürzlichen, deutlichen Verschlechterung in der psychischen Verfassung und dem globalen Funktionsniveau vorgeschlagen [26]. Dabei können nach bisherigem Kenntnisstand insbesondere schizophrene Erkrankungen in der Familie, eine schizotypische Persönlichkeitsstörung beim Betroffenen und Geburtskomplikationen auf ein erhöhtes Erkrankungsrisiko hinweisen und werden als so genannte Vulnerabilitätsindikatoren angesehen [22].
#Aktueller Stand zur Frühintervention bei Risikopersonen für schizophrene Erkrankungen
Neben verschiedenen Fallserien und naturalistischen Studien [7] [29] liegen derzeit drei Interventionsstudien mit prospektivem, randomisierten kontrollierten Design vor. Alle orientieren sich bezüglich der Einschlusskriterien an den durch die Melbourner Arbeitsgruppe definierten Risikokriterien, also von APS, BLIPS und der Kombination von Risikofaktor und Funktionseinbußen.
In der randomisierten kontrollierten Studie von McGorry und Mitarbeitern [23] erhielten 59 Hochrisikopatienten in der Experimentalgruppe eine spezifische kognitive Psychotherapie sowie Risperidon (durchschnittlich 1,3 mg) und in der Kontrollgruppe supportive Psychotherapie. Bei Bedarf waren je nach Symptomatik auch Antidepressiva und Benzodiazepine zugelassen. Dabei zeigte sich nach dem 6-monatigen Behandlungszeitraum zunächst ein signifikanter Unterschied zwischen der Experimentalgruppe und der Kontrollgruppe. Im weiteren 6-monatigen Beobachtungsverlauf entwickelten drei weitere Personen aus der Interventionsgruppe eine Psychose, wodurch sich die signifikanten Unterschiede verloren. Eine detailliertere Analyse zeigte dennoch nach dem 12-Monats-Zeitraum einen klaren signifikanten Gruppenunterschied, wenn nur diejenigen Personen betrachtet wurden, die in dem 6-monatigen Behandlungszeitraum hinsichtlich der Medikation kompliant waren. Die Aussagekraft der Ergebnisse dieser ersten Pilotstudie wurde allerdings dadurch limitiert, dass sich eine Unterscheidung zwischen dem Effekt der medikamentösen und psychotherapeutischen Behandlung in der Experimentalgruppe nicht treffen ließ und auch die Kontrollgruppe vergleichsweise intensiv betreut wurde, so dass die Übergangsrate im naturalistischen Verlauf möglicherweise höher ausgefallen wäre.
Ebenfalls ein signifikanter Gruppenunterschied hinsichtlich der Übergangsraten in eine Psychose nach zwölf Monaten fand sich in der Studie der Arbeitsgruppe um Morrison und Lewis bei Hochrisikopatienten, die eine 6-monatige kognitiv-verhaltens-therapeutische Behandlung im Vergleich zu einer Standardbehandlung erhielten [24]. Auch hier gibt es weitreichende Limitationen, wie etwa der deutlich häufigere Therapeutenkontakt in der Experimentalgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe.
Die 8-wöchigen Zwischenergebnisse der multizentrischen Studie von McGlashan und Mitarbeitern [30], einer doppelblinden, plazebokontrollierten Interventionsstudie mit variablen Dosierungen von Olanzapin zwischen 5 und 15 mg täglich, zeigten eine signifikante symptomatische Verbesserung der mit Olanzapin behandelten Gruppe im Vergleich zur Gruppe mit Plazebo, wobei allerdings auch eine signifikant höhere Gewichtszunahme in der Medikamentengruppe zu verzeichnen war. Die Ergebnisse dieser Studie bezüglich der Übergangsraten in die Psychose stehen noch aus.
#Projektverbund „Früherkennung und Frühintervention” des Kompetenznetzes Schizophrenie
Zunächst werden in einem Projektverbund-übergreifenden Awareness-Projekt Öffentlichkeitsarbeit und Wissensvermittlung über Prodromalsymptome und weitere Indikatoren für ein erhöhtes Psychoserisiko sowie über mögliche Unterstützung und Behandlung angeboten. Diese richten sich insbesondere an in der Primär- und psychiatrischen Versorgung tätige Personen, aber auch an die Betroffenen und ihre Familien. Damit sollen eine Verbesserung der Zuweisungswege für Risikopersonen, eine Erhöhung der Anzahl der Zuweisungen von Risikopersonen und eine Verkürzung der Dauer der unbehandelten Erkrankung bei den zugewiesenen Risikopersonen bewirkt werden.
Ziele des Projektverbundes „Früherkennung und Frühintervention” des Kompetenznetzes Schizophrenie sind die Entwicklung eines evaluierten Instrumentes zur Abschätzung des individuellen Psychoserisikos, der Nachweis von potenziellen Vulnerabilitätsindikatoren und funktionellen Hirnabweichungen, die den Beginn einer schizophrenen Erkrankung anzeigen könnten, sowie die Entwicklung von präventiven Frühinterventionen bei Personen mit einem erhöhten Psychoserisiko. In Zusammenarbeit mit dem Awareness-Projekt werden hierbei Informationsmaterialien und eine als erstes grobes Vorscreening von der Mannheimer Arbeitsgruppe um Heinz Häfner entwickelte Checkliste an Schulen, Beratungsstellen, Hausarztpraxen und psychiatrische und psychotherapeutische Praxen versandt, um so Personen mit Risikofaktoren zu identifizieren und diese in den Früherkennungszentren zu untersuchen, zu beraten und je nach gebotenem Risikoprofil einem der beiden phasenspezifischen Therapieangebote zuführen zu können. Die Mannheimer Arbeitsgruppe erarbeitete auch das in der detaillierten Diagnostik zur Anwendung kommende Früherkennungsinstrument, das „Early Recognition Instrument based on the Instrument for the Retrospective Assessment of the Onset of Schizophrenia, ERIraos”.
In Erweiterung der internationalen Forschung wird im KNS-Projektverbund zur Früherkennung und -intervention zwischen einem psychosenahen und einem psychosefernen Prodrom unterschieden ([Abb. 2] und [Tab. 1])[5] [11] [28]. Während sich die Definition des psychosenahen Prodroms über APS und BLIPS eng an die international gebräuchlichen Definitionskriterien der Melbourner PACE-Gruppe anlehnt, stützt sich die Definition des psychosefernen Prodroms auf die Ergebnisse der CER-Studie und umfasst zudem die auch in den Melbourner Kriterien enthaltene symptomatisch unspezifische Risikogruppe mit der Kombination von Risikofaktoren und Funktionseinbußen [Tab. 1]. Hierbei wurden im KNS die genetische Belastung und Geburts- und Schwangerschaftskomplikationen als Risikofaktoren definiert.
Ergeben sich in der anfänglichen umfassenden diagnostischen Untersuchung keine Hinweise auf ein erhöhtes Psychoserisiko, erfolgt eine ausführliche Beratung. Ergeben sich jedoch bereits Hinweise auf ein psychosefernes Prodrom, wird den Ratsuchenden die Teilnahme an einer an den präsentierten Problemen orientierten psychologischen Interventionsstudie angeboten. Hierbei wird eine 12-monatige kognitiv-verhaltenstherapeutische Intervention (KVT) mit einem unspezifischen klinischen Management verglichen [2] [3] [4] [19]. Die speziell entwickelte multimodale KVT besteht aus Einzeltherapie mit Psychoedukation sowie Symptom- und Stressmanagement, Gruppentherapie mit Training sozialer Kompetenzen und von Problemlösefertigkeiten, kognitivem, Computer gestützten Training und Beratung der Familien und Bezugspersonen.
Sind die Patienten bereits in einem psychosenahen Prodrom - berichten also bereits über abgeschwächte oder kurzzeitige psychotische Symptome - wird den Betroffenen angeboten, an einer pharmakologischen Interventionsstudie teilzunehmen. Hierbei wird eine alleinige supportive psychologische Intervention mit ihrer Kombination mit einer Pharmakotherapie mit dem niedrig dosierten atypischen Antipsychotikum Amisulprid über zwei Jahre verglichen. Die supportive Intervention beinhaltet dabei stützende Gespräche mit Betroffenen und Angehörigen, psychoedukative Aspekte sowie psychologische Kriseninterventionen [5] [11] [28].
#Erste Ergebnisse der Interventionsstudien
Bei den noch laufenden Studien wurden Zwischenanalysen mit dem Ziel der Machbarkeitsprüfung des Studiendesigns sowie einer Prüfung der Akzeptanz der Behandlung seitens der Risikopersonen durchgeführt.
#Psychologische Interventionsstudie bei psychosefernem Prodrom
Die Daten der ersten zwölf in die KVT-Bedingung randomisierten Patienten wurden analysiert [4]. Hierbei handelte es sich um drei Frauen und neun Männer im Alter von 22,9 (±3,6) Jahren. Zehn der zwölf Patienten schlossen die 12-monatige Interventionsphase ab (Dropout/Lost-to-follow-up-Rate 16,8 %). Wie in Abbildung 3 dargestellt, fanden sich signifikante Verbesserungen im Prä-post-Vergleich für Prodromalsymptome, allgemeine Psychopathologie (PANSS), depressive Symptome (MADRS) und soziale Anpassung (GAF). Bezogen auf Effektstärken sind die hier beobachteten Effekte als groß zu bezeichnen [d=1,85-3,60 [6]] und wesentlich größer als für KVT-Behandlungen bei bereits schizophren Erkrankten bekannt [d=1,31 nach [27]].
Eine weitere Zwischenauswertung [2] [11], die sich auf alle Patienten bezog, die bis zum 16. Oktober 2003 ihre Bereitschaft erklärten, an der Interventionsstudie teilzunehmen, zeigte eine kleinere Übergangsrate in psychosenahe Prodrome bzw. psychotische Episoden in der KVT als in der CM-Bedingung (Clinical Management; 5,3 % vs. 14,8 %). Die Interpretation dieser Befunde ist jedoch durch die unterschiedliche Beobachtungsdauer in beiden Studienbedingungen limitiert.
#Pharmakologische Interventionsstudie bei psychosenahem Prodrom
In die die ersten zwölf Wochen umfassende Zwischenanalyse gingen die ersten 15 Patienten ein, die in die Behandlungsgruppe mit Amisulprid und supportivem Clinical Management eingeschlossen wurden [5] [11] [28]. Hierbei handelte es sich um elf Männer und vier Frauen im Alter von durchschnittlich 25,1 (±4,9) Jahren. Drei Patienten (20 %) beendeten die Studienteilnahme während dieser ersten zwölf Wochen: Zwei brachen den Kontakt nach acht Behandlungswochen ab, ein weiterer entschloss sich nach dreiwöchiger Behandlung zu einer Fortsetzung der medikamentösen Behandlung im stationären Rahmen in der Nähe seines Elternhauses, das für eine weitere Studienteilnahme zu weit entfernt lag. Damit zeigten sich das Studiendesign und der Behandlungsansatz insgesamt als machbar und tolerierbar.
Wie aus [Abbildung 4] zu ersehen ist, sanken die Gesamtmittelwerte der attenuierten positiven Symptome (APS) sowie der PANSS-Subskalen „Positivskala”, „Negativskala” und „Skala der Generellen Psychopathologie” und das Ausmaß an Depressivität, gemessen an der Montgomery-Asberg-Depression-Rating-Scale (MADRS), signifikant im zwölfwöchigen Behandlungszeitraum ab, während das globale Funktionsniveau (GAF) signifikant zunahm. Dabei wurde für die drei ausgeschiedenen Patienten bei der Analyse der Daten die letzte Beobachtung in die zwölfte Woche fortgeschrieben. Die Amisulprid-Dosierung lag im Mittel bei 204 ± 136 mg und im Median bei 200 mg.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der differentielle Interventionsansatz mit kognitiver Verhaltenstherapie im psychosefernen Prodrom und atypischem Antipsychotikum im psychosenahen Prodrom viel versprechend zu sein scheint. Obwohl die Datenlage abschließend noch nicht zu beurteilen ist, stimmen die Zwischenauswertungen des Projektverbundes „Früherkennung und Frühintervention” des Kompetenznetzes Schizophrenie und die vorliegenden Ergebnisse internationaler Studien optimistisch für die Entwicklung einer indizierten Prävention bei schizophrenen Störungen.
Einschlusskriterien psychosefernes Prodrom 1. Prädiktive Basissymptome (mindestens eines während der letzten drei Monate mehrmals wöchentlich):
oder 2. Deutlicher Einbruch im Leistungs- und Funktionsniveau bei vorbestehendem Risiko:
und
Einschlusskriterien psychosenahes Prodrom 1. Attenuierte psychotische Symptome (APS) (Vorliegen von mindestens einem der folgenden Symptome und mehrfaches Auftreten über einen Zeitraum von mindestens einer Woche):
oder 2. Transiente psychotische Symptome (Brief Limited Intermittent Psychotic Symptoms - BLIPS) (Dauer der BLIPS weniger als 7 Tage und nicht häufiger als 2 mal pro Woche in 1 Monat, spontane Remission, mindestens eines der folgenden Symptome):
Auschluss- und Abbruchkriterien:
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Literatur
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1 Diese Publikation wurde im Rahmen des Kompetenznetzes Schizophrenie erstellt und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert (Kennzeichen 01 GI 9935)
#Korrespondenzadresse:
Dr. med. A. Bechdolf
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1 Diese Publikation wurde im Rahmen des Kompetenznetzes Schizophrenie erstellt und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert (Kennzeichen 01 GI 9935)
#Korrespondenzadresse:
Dr. med. A. Bechdolf
Früherkennungs- und Therapiezentrum für psychische Krisen - FETZ
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Klinikum der Universität zu Köln
Joseph-Stelzmann-Str. 9
50924 Köln
Email: andreas.bechdolf@uk-koeln.de