psychoneuro 2004; 30(2): 66
DOI: 10.1055/s-2004-822425
Kasuistik

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Epilepsie bei älteren Patienten - Mehr Lebensqualität unter niedrig dosierter Topiramat-Monotherapie

Ernst Prange1
  • 1Schleswig
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Korrespondenzadresse

Dr. med. Ernst Prange

Arzt für Neurologie und Psychiatrie

Neurologische Gemeinschaftspraxis Schleswig

Plessenstr. 13

24837 Schleswig

Publication History

Publication Date:
25 March 2004 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

In der Behandlung von epileptischen Anfällen geriatrischer Patienten erweist sich Topiramat als sehr gut geeignet. Das moderne Antiepileptikum zeichnet sich durch eine breite Wirksamkeit auf unterschiedliche Anfallsformen aus und ist bereits in einer sehr niedrigen Dosis von 50 mg/Tag wirksam. Bei übergewichtigen Patienten kann das gut verträgliche Antiepileptikum einen weiteren Pluspunkt bieten, da es bei einigen Patienten zu einer Gewichtsabnahme kommen kann. Diese Gewichtsabnahme kann sich günstig unter anderem auf kardiovaskuläre Risiken auswirken und wird von den Patienten i. d. R. positiv bewertet.

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Anamnese

Herr J. W. ist 71 Jahre alt, pensionierter Polizist und in gutem Allgemeinzustand. Er war noch nie ernsthaft krank, nimmt keine Dauermedikation ein und ist bei völliger geistiger Frische. Im Dezember 2002 war er, während er am Steuer seines Autos saß, plötzlich nicht mehr ansprechbar. Wie die Ehefrau berichtete, bekam er einen „komischen Blick” und streckte dann das Bein durch, sodass das Gaspedal durchgetreten wurde. Die Ehefrau reagierte geistesgegenwärtig, zog das Bein vom Gaspedal und steuerte das Auto vom Beifahrersitz aus zum Straßenrand. Nach kurzer Zeit kam Herr W. wieder zu sich, konnte sich aber nicht an das Geschehen erinnern.

Der Patient nahm das Ereignis zunächst nicht sonderlich ernst, stellte sich bei keinem Arzt vor und entsprechend wurde keine Diagnostik initiiert. Erst als sich ein halbes Jahr später während einer Autofahrt erneut ein ähnlicher Vorfall ereignete, zeigte sich der Patient beunruhigt und kam in unsere Praxis.

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Diagnostik

Zum Untersuchungszeitpunkt war der Patient in guter körperlicher Verfassung; es wurde ein regelrechter klinisch-neurologischer und psychopathologischer Befund erhoben. Das EEG zeigte einen Alpha-Beta-Grundrhythmus. Mehrfach und besonders unter Hyperventilation traten Theta-Rhythmisierungen temporo-parietal mit einer Generalisierungstendenz auf. Gleichartige Auffälligkeiten fanden sich in einem Schlafentzugs-EEG. Kernspintomographisch ergaben sich allenfalls beginnende Hinweise auf eine subkortikale arteriosklerotische Enzephalopathie (SAE). Ansonsten bestand ein regelrechter intrakranieller Befund. Dopplersonographisch fanden sich sowohl extra- als auch transkraniell regelrechte Verhältnisse.

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Diagnose

Die Bewusstseinsstörung während der Autofahrt wurde in beiden Fällen als ein komplex-fokaler Anfall eingeordnet. Der Patient wurde darauf hingewiesen, dass er zunächst für ein Jahr kein Kraftfahrzeug mehr fahren darf.

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Therapie

Herr J. W. wurde auf eine Topiramat-Monotherapie eingestellt. Unter der initialen Zieldosis von 100 mg/Tag entwickelte der Patient zunächst abdominelle Beschwerden und eine depressiv-dysphorische Verstimmung. Nach Dosisreduktion auf 50 mg/Tag klangen die Beschwerden innerhalb weniger Tage vollständig ab.

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Therapieerfolg

Unter der Medikation von 2 x 25 mg/Tag Topiramat traten bei dem Patienten keine weiteren Anfälle mehr auf. Herr J. W. fühlte sich unter der Therapie sehr wohl und berichtete, er sei sowohl geistig als auch körperlich so belastbar wie zuvor. Es ist im klinischen Alltag häufig zu beobachten, dass gerade bei älternen Patienten eine niedrige Dosis des Topiramats von 50 oder 75 mg/Tag ausreicht, um eine gute therapeutische Wirkung zu erzielen.

Zusätzlich konnte unter der Topiramat-Therapie ein positiver Effekt auf das Körpergewicht beobachtet werden. Der Patient wog initial 81 kg bei 169 cm Körpergröße. Unter der Behandlung mit Topiramat verlor er zwischenzeitlich 3 kg Gewicht. Insbesondere in Anbetracht der mit einer Adipositas verbundenen kardiovaskulären Risiken kann der durch Topiramat induzierte Gewichtsverlust als „erwünschte Nebenwirkung” bezeichnet werden. Die Behandlung wird in dieser Weise fortgeführt.

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Dr. med. Ernst Prange

Arzt für Neurologie und Psychiatrie

Neurologische Gemeinschaftspraxis Schleswig

Plessenstr. 13

24837 Schleswig

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