ZFA (Stuttgart) 2004; 80(9): 361
DOI: 10.1055/s-2004-820413
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Professur für Allgemeinmedizin und Pathophysiologie der Enteralen Ernährung

H.-H Abholz1
  • 1Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf
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Publication Date:
10 September 2004 (online)

Die Allgemeinmedizin ist über die letzten fünf bis acht Jahre deutlich erstarkt. Sie hat einen gesicherten Platz in der Versorgung, sie ist - wenn auch bisher nur formal - nach der neuen Approbationsordnung drittwichtigstes Fach, sie ist zunehmend in der Forschung aktiv und wird als Forschungspartner von anderen medizinischen Fächern akzeptiert. Sie wird in der Leitlinienarbeit von allen anderen Fächern als Vorbild oder zumindest ebenbürtig angesehen Die Aufzählung ließe sich verlängern. Und dennoch gibt es immer wieder Dinge, die auf die Brüchigkeit unserer Stärke aufmerksam machen.

Die Überschrift dieses Editorials ist die Ausschreibungstitulierung der Charité, Standort Benjamin-Franklin-Klinikum, für den Lehrstuhl Allgemeinmedizin - so soll der durch Pensionierung frei werdende Lehrstuhl ersetzt werden. Es handelt sich um eine Stiftungs-Professur der Firma Fresenius, die von der Universität so - also mit diesem Titel - angenommen wurde.

Damit ist einmal belegt, dass eine Herabstufung der Allgemeinmedizin von ordentlicher Professur auf Stiftungsprofessur stattfindet und zudem - ganz offensichtlich - ein Gastroenterologe mit diesem Schwerpunkt, der die Firma Fresenius interessiert, gesucht wird. Damit ist fernerhin belegt, dass die Universität offensichtlich eine solche Vertretung der Allgemeinmedizin als nicht problematisch ansieht. Ob eine Ausschreibung der Psychosomatik unter dem Titel „Psychosomatik und Grundlagen der kardiologischen Laser-Therapie” ebenso durch die Gremien dieser Universität gegangen wäre, weiß ich nicht.

Unser Fach wird hier als eines verstanden, dass beliebig von jedermann - zumindest Gastroenterologe - vertretbar ist. Wenn die Allgemeinmedizin hier „mitspielt”, also sich z. B. Kollegen hier bewerben, die nicht Gastroenterologen und nicht derjenige sind, auf den diese Professur ausgeschrieben ist, dann verschleißen sie ihren Ruf, weil von vornherein klar ist, dass sie unterlegen sein werden.

Wenn wir an diesem Schauspiel in Form der Beteiligung in einer Berufungskommission mitmachen, dann haben wir damit der Öffentlichkeit gesagt, wir nehmen das ernst, was ein schauriges Schauspiel ist.

Und wenn dann der Gastroenterologe mit seiner Arbeit beginnt und dann auch Allgemeinärzte für das Hausarztpraktikum - neben den wahrscheinlich schon eingeplanten ambulant tätigen Chirurgen, Gynäkologen, Kinderärzten etc. - sucht, und wir uns dann am Unterricht beteiligen, dann zeigen wir der Republik, Allgemeinmedizin kann so gelehrt werden: Es braucht gar keinen Allgemeinmediziner dafür.

Dass zumindest letzteres möglich ist, hat über Jahre die Universität Homburg (Saarland) in trauriger Weise - in Kooperation mit den sich beteiligenden Allgemeinärzten - schon gezeigt. Dabei sind die Allgemeinmediziner immer im Widerspruch: Beteiligen sie sich nicht, ist das Fach gar nicht präsent. Beteiligen sie sich, stärken sie hier geschildertes Bild.

Wir sind stark, zumindest stärker und damit aber noch nicht richtig stark!

Ihr
Heinz-Harald Abholz

Prof. Dr. Heinz-Harald Abholz

Facharzt für Allgemeinmedizin

Abt. Allgemeinmedizin

Heinrich-Heine-Universität

Moorenstraße 5

40225 Düsseldorf

Email: abholz@med.uni-duesseldorf.de