Rofo 2004; 176(2): 267-268
DOI: 10.1055/s-2004-817621
Laudatio
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„Wer nichts als Radiologie versteht, versteht auch die nicht recht”

„Whoever understands nothing but Radiology does not even properly understand Radiology”Hans-Ulrich  Kauczor
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Publication Date:
11 February 2004 (online)

Im November 2003 wurde Herr Professor Gerhard van Kaick in festlichem Rahmen in Heidelberg herzlich verabschiedet. Seine erfolgreiche Tätigkeit am Deutschen Krebsforschungszentrum, lange Jahre als Leiter der Abteilung Onkologische Diagnostik und Therapie und im letzten Jahr als Ärztlicher Leiter des Krebsinformationsdienstes, geht damit zu Ende.

Gerhard van Kaick, geb. 1935 in Karlsruhe, hat Mitte der 50er-Jahre sein Medizinstudium an der Ruperta Carola in Heidelberg absolviert. Sein Studium stand unter einem abgewandelten Motto von Lichtenberg: „Wer nichts als Medizin versteht, versteht auch die nicht recht”. Dieses Motto bestimmte auch seine weitere Karriere.

Nach dem Studium zogen ihn insbesonders die Innere Medizin/Psychosomatik und die Psychiatrie an, und er arbeitete mehrere Jahre in der Psychiatrie und der Medizinischen Poliklinik der Universität Heidelberg. Während dieser Zeit verfasste er seine fachübergreifende und preisgekrönte Dissertation mit dem Titel „Psychiatrische Spätschäden bei rassisch und politisch Verfolgten”. Um seine medizinisch-morphologische Grundausbildung zu stärken, war er anschließend mehr als zwei Jahre in der Pathologie der Universität Heidelberg tätig. Da für seine angestrebte Facharztausbildung zum Internisten ein Jahr Röntgendiagnostik erforderlich war, wechselte er in die Röntgenabteilung der Chirurgischen Universitätsklinik Heidelberg zu Professor Werner Wenz. Er wurde sein akademischer Lehrer und Vorbild, da er Gerhard van Kaick nicht nur fachlich überzeugte, sondern ihn aufgrund seiner herausragenden Vorlesungen und seiner ärztlichen und menschlichen Haltung sehr beeindruckte. Trotzdem folgte er nicht dem Ruf seines Lehrers und Vorbilds nach Freiburg. Vielmehr schloss er 1972 zunächst seine Facharztausbildung zum Internisten ab und wechselte dann an das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg. Nachdem sich die projektierte onkologische Bettenstation nicht realisieren ließ, wandte sich Gerhard van Kaick ganz der Radiologie zu und wurde mit dem Aufbau der Abteilung für Onkologische Diagnostik betraut.

Es gelang ihm, die neuesten radiodiagnostischen Entwicklungen in seiner Abteilung zu etablieren und die wissenschaftliche Entwicklung mitzuprägen: beginnend 1972 mit dem Ultraschall, 1976 mit dem ersten so genannten Ganzkörper-Computertomographen in Deutschland und seit 1983 auf dem Gebiet der Magnetresonanztomographie.

Der wissenschaftliche Erfolg seiner Tätigkeit und seiner Abteilung wurde sehr stark beflügelt von der interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen Radiologie, Strahlentherapie, Medizinischer Physik, Nuklearmedizin und Radiochemie im DKFZ sowie den zahlreichen Kooperationen mit den benachbarten Kliniken und Fachabteilungen, die Gerhard van Kaick stets gesucht und mit Leben erfüllt hat.

Zwei wissenschaftliche Schwerpunkte lagen Gerhard van Kaick dabei persönlich besonders am Herzen: 1) der Ultraschall als radiologische Kernkompetenz mit großen Anstrengungen, aus der Analyse des Ultraschallmusters Aussagen über die Gewebetextur zu machen sowie zur Quantifizierung von Farbdopplersignalen. Gerhard van Kaick gehörte zu den ersten Mitgliedern der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM), war von 1989 - 1992 Präsident und ist seit 2000 Ehrenmitglied dieser Gesellschaft. 2) Spätschäden nach Inkorporation von Thorium-Dioxyd (Thorotrast), das in den 30er- und 40er-Jahren als Röntgenkontrastmittel zur Angiographie eingesetzt wurde. Thorium-Dioxyd wird vom Organismus nicht wieder ausgeschieden, sondern im RES gespeichert. Als α-Strahler induziert Thorium-Dioxyd mit erheblicher Latenz Tumoren. Im Rahmen einer großen Studie bemühte er sich, solche strahleninduzierten Tumore der Leber mittels Ultraschall, CT und MRT früh zu erkennen und die Patienten einer angemessenen Therapie zuzuführen. Andererseits konnten die biologischen Effekte von interner α-Strahlung im Hinblick auf die Karzinogenese umfassend studiert werden. Die Analyse der Thorotrastspätschäden war auch das Thema seiner Habilitation.

Das wissenschaftliche Œuvre von Gerhard van Kaick ist mit über 300 Publikationen außerordentlich umfangreich. Vor allem aber hat er viele junge Kollegen für die radiologische Forschung begeistern können. Seine Art, neue wissenschaftliche Themen zu erschließen und seine Integrität haben 20 seiner Schüler so stark geprägt, dass sie bei Ihm oder an weiteren Orten ihrer Weiterbildung und wissenschaftlichen Karriere ihre Habilitationen erfolgreich abschließen konnten. Für seine Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses wurde er 2001 von der DRG mit der Herman Rieder Medaille ausgezeichnet.

Seit 1983 ist Gerhard van Kaick der Zeitschrift „DER RADIOLOGE” eng verbunden, dessen Profil er als Federführender Schriftführer seit 1994 entscheidend mit bestimmt.

Gerhard van Kaick vereint in seiner Person in beeindruckender Weise das fürsorgende Bewusstsein eines Internisten mit der patientenzentrierten Detailanalyse eines Radiologen und der nie endenden Neugier eines Forschers. Sein Verständnis von seiner Person und Tätigkeit fußt auf einer tiefen christlichen Überzeugung von Zuwendung, Fürsorge, Toleranz und Ausgleich. So erlangt er die Fähigkeit, Mitarbeiter mit sehr unterschiedlichen Charakteren erfolgreich im Team arbeiten zu lassen und als Vermittler auch komplexe Konflikte mit vielen Beteiligten zu lösen. Obwohl sich Gerhard van Kaick niemals in den Vordergrund drängte, hat er sich durch seine sachliche Kritik, seine Integrität und Unbestechlichkeit national und international sehr hohes Ansehen erworben.

Professor Gerhard van Kaick

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