Aktuelle Dermatologie 2003; 29(12): 524-528
DOI: 10.1055/s-2004-814301
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Rehabilitation und Schulung für Psoriasispatienten

Rehabilitation and Schooling of Psoriasis PatientsG.  Schmid-Ott1 , S.  Jodehl1
  • 1Abteilung Psychosomatik und Psychotherapie der Medizinischen Hochschule Hannover
Further Information

Prof. Dr. med. G. Schmid-Ott

Abteilung Psychosomatik und Psychotherapie der Medizinischen Hochschule Hannover

Carl-Neuberg-Str. 1 · 30623 Hannover

Email: Schmid-Ott.Gerhard@mh-hannover.de

Publication History

Publication Date:
04 February 2004 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

Chronische Erkrankungen wie z. B. die Psoriasis als chronische oder chronisch-rezidivierende Dermatose stellen eine große Herausforderung an Betroffene und Behandler dar. Mit der Möglichkeit einer Rehabilitation und oder einer Psoriasisschulung kann eine Ergänzung zur akutmedizinischen Versorgung gefunden werden. Eine Rehabilitationsbehandlung hat zum Ziel, die Folgen einer akuten oder chronischen Krankheit zu verringern und somit einer Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit entgegenzuwirken. Eine Schulung soll Psoriasispatienten ermöglichen, Inhalte und Hintergründe wissenschaftlich gesicherter Erkenntnisse und Therapien der Erkrankung zu verstehen, zu werten und für sich nutzen zu können. Eine Implementierung der ambulanten Psoriasisschulung in das Leistungsspektrum der Krankenkassen wird noch angestrebt.

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Abstract

Chronic diseases, such as psoriasis as a chronic or chronically recurring dermatosis, represent a great challenge to those affected and to those treating them. Acute medical provision can be complemented by means of rehabilitation or psoriasis training. Rehabilitation treatment has the goal of reducing the consequences of an acute or chronic disease, thus counteracting the impairment of the ability to work. The object of training is to enable psoriasis patients to understand the content and background to scientifically proven knowledge and therapies of the disease, to evaluate them and to make use of them for themselves. Efforts are being made to include out-patient psoriasis training within the range of services paid for by medical insurance.

Für Patientinnen und Patienten mit chronischen Erkrankungen, wie z. B. einer Psoriasis, bestehen über die akutmedizinische Versorgung hinaus, die durch niedergelassene Ärzte in der (dermatologischen) Praxis und in den örtlichen (Akut-)Krankenhäusern geleistet wird, weitere ergänzende Behandlungsmöglichkeiten. Dieser Artikel informiert sowohl über die ambulante und stationäre Rehabilitation als auch über aktuelle Konzepte der Psoriasis-Patientenschulung für betroffene Erwachsene sowie Kinder und Jugendliche.

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Rehabilitation

Bei der Psoriasis werden Rehabilitationsmaßnahmen vor allem aufgrund der Erkrankung der Haut durchgeführt. Auch eine Beteiligung der Gelenke, vor allem im Bereich der Wirbelsäule (Psoriasisarthritis) und eventuelle seelische Folgen der Psoriasis können in diesem Rahmen behandelt werden [1] [2] [3].

Ziel einer medizinischen Rehabilitation ist es, die Folgen einer akuten oder chronischen Krankheit zu verringern bzw. einer Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit entgegenzuwirken und somit die Eingliederung kranker und behinderter Menschen in Arbeit, Beruf und Gesellschaft zu fördern [4].

Die Durchführung einer medizinischen Rehabilitation erfolgt (meist) stationär, teilstationär (z. B. in einer wohnortnahen Tagesklinik) oder ambulant. Angehörige verschiedener Berufsgruppen, z. B. Ärzte, Krankenschwestern und -pfleger, Diplom-Psychologen, Krankengymnasten sowie Diätberater betreuen die Patientinnen und Patienten als interdisziplinäres Team. Von der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft liegen „Abgestimmte Empfehlungen zur stationären dermatologischen Rehabilitation” für die Rehabilitation Erwachsener vor [5]. Die Kosten für eine indizierte Rehabilitation werden bei Berufstätigen von den Rentenversicherungsträgern („Rentenversicherungen”), im Übrigen von den Krankenkassen (nach Beantragung) übernommen.

Vor einem Antrag auf eine medizinische Rehabilitation steht ein Gespräch mit dem behandelnden Arzt. Darauf folgend muss der Betroffene einen Antrag bei seinem Rentenversicherungsträger bzw. seiner Krankenkasse stellen. Der zuständige Kostenträger prüft die Notwendigkeit einer medizinischen Rehabilitation anhand der vorliegenden medizinischen Unterlagen (z. B. einem Bericht des behandelnden Arztes) und gegebenenfalls einer ergänzenden ärztlichen Untersuchung. Bei der Beurteilung der Indikation werden vor allem die Auswirkungen der akuten oder chronischen Krankheit auf die Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit berücksichtigt. Ein eventuell festgestellter Grad der Behinderung (GdB) ist nicht maßgebend. Die medizinische Rehabilitation hat insbesondere nach dem Grundsatz: „Rehabilitation vor Rente” eine große Bedeutung. Wird bei einer vollständigen Erwerbsminderung ein Antrag auf Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente gestellt, erfolgt vor Abschluss eines solchen Antrags stets die Prüfung, ob die Erwerbsfähigkeit durch eine ambulante oder stationäre Rehabilitationsmaßnahme erhalten oder wiederhergestellt werden kann. Nach Bewilligung einer medizinischen Rehabilitation wählt der Kostenträger eine Rehabilitationseinrichtung, z. B. eine Klinik, zur Durchführung der Maßnahme aus und benachrichtigt den Versicherten hierüber abschließend.

Eine stationäre Rehabilitation dauert in der Regel drei Wochen und kann höchstens alle vier Jahre bewilligt werden. Gegebenenfalls kann ein Antrag auf Verlängerung der Rehabilitation oder Verkürzung des Bewilligungszeitraums bei dringenden medizinischen Gründen gestellt werden. Bei Berufstätigen werden häufig für jede Woche Rehabilitation zwei Urlaubstage angerechnet.

Die Anschlussheilbehandlung (AHB) ist eine stationäre Rehabilitation, die vom behandelnden Arzt im Akutkrankenhaus angeordnet wird. Sie wird nur anerkannt, wenn sie sich direkt, spätestens aber 14 Tage nach der Krankenhausentlassung anschließt. Nach der Verordnung muss die Krankenkasse die Kosten in aller Regel tragen. Außer bei einer Psoriasisarthritis ist es allerdings nicht möglich, wegen einer Psoriasis eine Anschlussheilbehandlung zu verordnen. Ein Antrag für eine stationäre Rehabilitation kann jedoch im „Eilheilverfahren” beschleunigt bearbeitet werden.

Eine „Kur”, wie eine Rehabilitationsmaßnahme noch häufig irrtümlicherweise bezeichnet wird, ist nicht als Leistung in den gesetzlichen Vorschriften über die Rehabilitationsleistungen in der Rentenversicherung vorgesehen. Eine „offene Badekur” („ambulante Kur”) in einem deutschen Kurort soll das allgemeine Wohlbefinden verbessern und einer Verschlimmerung der Beschwerden vorbeugen. Für einen mindestens 3-wöchigen Aufenthalt, der bei Berufstätigen vollständig als Urlaub gilt, werden die Arzt- und Behandlungskosten (z. B. für Massagen, Bäder, Moorpackungen, Solebäder) auf Antrag alle drei Jahre von der Krankenkasse bezuschusst.

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Stationäre Behandlungen im Ausland

Über eine stationäre Rehabilitation in Deutschland hinaus sind für die Psoriasis Behandlungsmöglichkeiten in bestimmten Orten im Ausland bekannt, die sich für einige Psoriasispatientinnen und -patienten als hilfreich erwiesen haben. In der Deutschen Klinik für Dermatologie und Allergologie Davos - Alexanderhausklinik - werden sowohl Psoriasis- als auch Neurodermitispatienten behandelt. Diese Klinik nimmt eine Sonderstellung ein, da deutsche Krankenkassen oder Rentenversicherungen die Behandlungskosten übernehmen, obwohl die Klinik in der Schweiz liegt. Andere Betroffene haben mit Aufenthalten unter den heilklimatischen Bedingungen des Toten Meeres gute Erfahrungen gemacht, wo die Psoriasis für einen längeren Zeitraum abheilte. Manche Psoriasispatienten finden Hilfe in Island in der Dermatologischen Poliklinik an der „Blauen Lagune” (in der Nähe des internationalen Flughafens Keflavik). Im türkischen Balikliçermik liegt in 1400 Metern Höhe über dem Meeresspiegel ein Thermalzentrum. Dieses befindet sich im Kreis Kangal in der Provinz Sivas, 450 km von der Hauptstadt Ankara entfernt. Im 35 - 37 Grad warmen, schwefel- und salzhaltigen Wasser leben zahlreiche Kangal-Fische, die die Schuppen der erkrankten Psoriasishaut als Nahrung nutzen. Die derart gereinigte Haut soll anschließend besser auf das Sonnenlicht reagieren und das Krankheitsbild gelindert werden. Obwohl manche Psoriasispatienten über länger anhaltende „Erfolge” berichten, stehen wissenschaftliche Untersuchungen dieser „Behandlung” bisher noch aus. Insbesondere aus hygienischer Sicht erscheint ein entsprechender Aufenthalt problematisch. Die jetzt auch in Deutschland erhältlichen Fische zur Heimtherapie zu nutzen, ist jedoch eher als „Tierquälerei” denn als therapeutische Option zu sehen.

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Psoriasisschulung

Für Betroffene mit verschiedenen Arten von chronischen Erkrankungen, z. B. der Diabetes mellitus oder dem Asthma bronchiale bei Kindern und Jugendlichen, gibt es seit vielen Jahren etablierte Patientenschulungsprogramme, deren Kosten durch die Krankenkassen übernommen werden. Für Patienten mit chronischen Hauterkrankungen ist eine Schulung für Neurodermitispatienten schon länger konzeptualisiert und evaluiert [6] [7] [8]. Eine neuere Entwicklung ist, auch ambulante Psoriasisschulungen in der Bundesrepublik Deutschland flächendeckend zu implementieren.

Hierzu wurden aktuelle Schulungskonzepte durch eine interdisziplinäre und interprofessionelle Konsensuskonferenz „Schulung von Patienten mit chronisch entzündlichen Dermatosen” erarbeitet unter der Federführung der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention (ADP) der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) in Abstimmung mit dem Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) und u. a. unter Einbeziehung der Selbsthilfeorganisation „Deutscher Psoriasis Bund”. Mit Konsens vom 19. 4. 2000 wurden Programme zur Schulung von Kindern und Erwachsenen mit Psoriasis verabschiedet, die auf dem aktuellen medizinischen, psychologischen und ökotrophologischen Kenntnisstand basieren.

Übergeordnetes Ziel einer Schulung ist es, die Teilnehmer in die Lage zu versetzen, Inhalte und Hintergründe wissenschaftlich gesicherter Erkenntnisse und Therapien der Psoriasis zu verstehen, zu werten und für sich nutzen zu können.

Ziele einer Patientenschulung, modifiziert nach Schmid-Ott et al. [9] sind:

  • Steigerung der Therapiemotivation,

  • Stärkung der Selbstwirksamkeit,

  • adäquate Krankheitsbewältigung,

  • Betonung der Ressourcen des Patienten,

  • Steigerung der Kompetenzen des Patienten im Umgang mit der Erkrankung,

  • Förderung der Eigenverantwortung des Patienten,

  • Verhinderung eines progredienten Krankheitsverlaufs,

  • Vermeidung von Spätfolgen und Reduktion psychosozialer Folgekosten,

  • Unterstützung der akutmedizinischen Versorgung,

  • effizientere Nutzung der Ressourcen des Gesundheitssystems.

Die Durchführung kann zum einen ambulant und wohnortnah, z. B. in der Praxis eines niedergelassenen Hautarztes, in einer Tagesklinik oder im Rahmen einer ambulanten Rehabilitation erfolgen. Zurzeit finden Verhandlungen mit den Kostenträgern, z. B. den Krankenkassen, statt, um eine Bezahlung dieser ambulanten Schulungen zu erreichen, welche bisher erst in Einzelfällen übernommen wird. Zum anderen kann die Psoriasisschulung im Rahmen einer stationären Behandlung, z. B. in einer Hautklinik bzw. einer dermatologischen Abteilung eines Krankenhauses oder in einer Rehabilitationsklinik, durchgeführt werden.

Die Indikationsstellung zu einer Patientenschulung sollte durch den behandelnden Dermatologen in Niederlassung oder Klinik bei einer gesicherten Diagnose der Psoriasis und einem Mindestbestehen der Hauterkrankung von 6 Monaten erfolgen. Grundsätzlich können an Schulungen für Erwachsene Betroffene jeden Lebensalters, ohne Beschränkung nach oben, teilnehmen. Den Betroffenen sollte eine regelmäßige Teilnahme möglich sein, dabei ist eine Schulung bei chronischem bzw. chronisch-rezidivierendem Verlauf auch in einer symptomarmen bzw. erscheinungsfreien Krankheitsphase sinnvoll. Unsicherheit bezüglich der Diagnose, starke Einschränkung der Kommunikationsfähigkeit, auch in der Gruppe, und klinisch relevante psychische Beeinträchtigungen (z. B. schwere Persönlichkeitsstörungen, akute Sucht und akute Psychosen) stellen Ausschlusskriterien für eine Schulung dar.

Die Durchführung der Schulung erfolgt im interdisziplinären bzw. interprofessionellen Team. Der medizinische Teil wird bei Erwachsenen von Dermatologen erbracht, bei Kindern oder Eltern von erkrankten Kindern von Dermatologen oder Pädiatern. Der psychologische Teil wird von psychologischen Psychotherapeuten bzw. Ärzten für Psychotherapeutische Medizin, der ökotrophologische von Diätassistenten oder Ökotrophologen geleistet. Näheres zur Strukturqualität ist Abb. [1] zu entnehmen.

Zur Schulung der Trainer ist ein Aufbau von Trainerakademien geplant, wie sie z. B. zur Schulung anderer Schulungstrainer für die Schulungen von Kindern, Jugendlichen und deren Eltern der Arbeitsgemeinschaft Neurodermitisschulung e. V., Berlin, bereits existieren (vgl. Abb. [1]). Diese haben zum Zweck, dass zukünftige Psoriasistrainer ihre Fähigkeiten zur Gruppenführung und Methodenentwicklung ausbauen, um die aktive Beteiligung der zu Schulenden, z. B. in Rollenspielen und bei schwierigen Rückfragen, fördern zu können. Zum anderen soll das Wissen der Schulung sowie deren qualitative Struktur vermittelt werden. Dabei sollen alle beteiligten Berufsgruppen von allen Aspekten der Schulung Kenntnisse erhalten, um eigene Grenzen erkennen zu können, andere Berufsgruppen anzuerkennen und eventuelle Vorbehalte gegen das Krankheitsbild abzubauen.

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Abb. 1 Strukturqualität des Konzeptes zur Psoriasisschulung.

Am Anfang einer jeden Schulung steht das Erstgespräch, bei dem die Betroffenen von einem Hautarzt untersucht werden und die Diagnose bestätigt wird. Zusätzlich erfolgt eine Aufklärung über den Ablauf der Schulung. Die eigentliche Schulung wird dann in Gruppenform in wöchentlichem Abstand oder aber in zwei Blockseminaren, z. B. am Wochenende, durchgeführt (insgesamt 5 × 2 Stunden). An einer Schulung nehmen jeweils zwischen 5 und 12 Personen teil. Falls möglich, sollte auch ein erfahrenes Mitglied einer Selbsthilfeorganisation, z. B. des Deutschen Psoriasis Bundes, zugezogen werden, um über die Möglichkeiten und Grenzen der Mitarbeit in einer Selbsthilfeorganisation zu informieren. Tab. [1] zeigt einen exemplarischen Stundenplan nach den Kriterien der ADP.

Tab. 1 Psoriasisschulungskriterien der ADP
StundeneinheitThemen
Vorbereitung1 h Dermatologie Erstgespräch (einzeln), Anamnese, klinische Untersuchung.
1. Tag1 h Dermatologie (optional: Rheumatologie) Psoriasis/-arthritis - Definition, Klinik, Ätiologie Pathogenese/Pathopysiologie im Vergleich zur Physiologie.
1 h Psychologie Einführung in die Psychosomatik - körperliches und seelisches Erleben, Krankheitsverarbeitung, Wechselwirkungen zwischen Psyche und Haut. Was ist Stress, wie entsteht er? Individuelle Belastungen, Eu- und Distress, Einführung in die systematische Entspannung (z. B. Progressive Muskelrelaxation/Autogenes Training).
2. Tag2 h Dermatologie Psoriasis
Provokationsfaktoren, assoziierte Erkrankungen, Hautpflege, Lokaltherapie.
3. Tag1 h Dermatologie Psoriasis
Systemische und UV-Therapie, Klimatherapie, ambulante, teilstationäre u. stationäre Rehabilitation.
1 h PsychologieSystematische Entspannung, Selbstsicherheit,
Rollenspiel I „Begegnung mit Bekannten und Familienangehörigen”, beispielsweise Urlaubsplanung, soziales „Randerleben”
Rollenspiel II „Wie erkläre ich Psoriasis anderen?” und „Begegnung mit einem Fremden”, z. B. „neuer Kunde in dem Geschäft, in dem man arbeitet”.
4. Tag1 h Ökotrophologie Diäten/Ernährungsempfehlungen bei Psoriasis, Vollwertige Ernährung, Ernährungsempfehlungen bei Begleiterkrankungen, die Bedeutung von Alkohol, Genussmitteln, Gewürze u. a. als individuelle Reizfaktoren
1 h PsychologieSystematische Entspannung,
Rollenspiel III
„Umgang mit Wut, Angst, Scham, Verzweiflung und anderen negativen Gefühlen”.
5. Tag1 h DermatologieSozialrechtliche Aspekte.
Wissenschaftlich nicht gesicherte Therapieverfahren.
Selbsthilfe.
Überprüfung des Lernerfolges.
1 h PsychologieSystematische Entspannung.
Arzt-Patienten-Verhältnis.
Selbsthilfe.

Für die Inhalte der dermatologischen Schulung ist von großer Bedeutung, dass nicht nur theoretisches Wissen, sondern „Handlungswissen” vermittelt wird. Betroffene sollen Erkenntnisse gewinnen, die für ihr Verhalten bedeutungsvoll sind, z. B.: Wie lange kann ich meine Hautsymptome selbst behandeln, wann muss ich einen Arzt aufsuchen? Während einer Schulung ist es immer wieder möglich, Fragen zu stellen, um eine bestmögliche Behandlung der Psoriasis für jeden Einzelnen zu erreichen. Zusätzlich erleben Betroffene einen offeneren Austausch untereinander häufig als sehr entlastend, da dieser meist mit „normalen” bzw. gesunden Menschen nur schwer möglich ist.

Im Verhaltens- und Kommunikationstraining (psychologischer Teil der Patientenschulung) geht es z. B. um das Erkennen von problematischer und günstiger Krankheitsverarbeitung bzw. -bewältigung, um den Umgang mit Ängsten, „Stress” (vgl. [10]), Scham- und Schuldgefühlen sowie dem Gefühl, ausgegrenzt zu werden („Stigmatisierung”) [11] [12]. Hierbei wird nicht „nur” über eine bestimmte Situation gesprochen, sondern sie wird in Rollenspielen „nachgespielt”. Zusätzlich erhalten die Schulungsteilnehmer eine Einführung in systematische Entspannungsverfahren, die ein bewährtes Verfahren zur Stressverringerung darstellen. Über dieses Wissen hinaus kann die Entspannungstechnik der Progressiven Muskelrelaxation nach Jacobson im Rahmen der Schulung praktisch eingeübt werden.

Die bisherigen Erfahrungen mit Schulungen von Patienten mit chronischen Hauterkrankungen zeigten, dass die meisten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sie als nützlich einschätzten [13]. Vor allem die Möglichkeit, ohne Zeitdruck offen alle Fragen stellen zu können, wurde positiv bewertet. Auch wenn die Psoriasis durch eine entsprechende Schulung nicht „geheilt” werden kann, ist es wahrscheinlich, dass der Umgang damit erleichtert wird, teilweise bessert sich sogar der Hautzustand bzw. der Abstand zwischen den einzelnen Schüben wird verlängert.

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Schulung für Kinder und Jugendliche mit Psoriasis

Bei Kindern und Jugendlichen tritt eine Psoriasis relativ selten auf. Nur 10 % aller an Psoriasis Erkrankten sind Kinder [14]. Dennoch stellt der Umgang mit der Erkrankung gerade für Kinder und Jugendliche eine besondere Herausforderung dar. Sie müssen nicht nur alltägliche und entwicklungstypische Anforderungen bewältigen, sondern auch lernen, mit einer Erkrankung zu leben, die sie „irgendwie anders” erscheinen lässt. So müssen sie meist mit einer Umwelt umgehen, die immer wieder mit Ablehnung auf die äußeren Erscheinungen während eines Krankheitsschubs reagiert.

Als einziges Schulungskonzept, das ausdrücklich für Kinder und Jugendliche konzipiert ist, wurde PSORA in einer Rehabilitationseinrichtung entwickelt [15]. Dieses Konzept wurde in den entstandenen Konsens unter Federführung der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention, ADP, für die Schulung von Psoriasis-erkrankten Kindern und Jugendlichen aufgenommen. Die Schulungen der Betroffenen bzw. ihrer Eltern werden derzeit meist wohnortfern im Rahmen einer stationären Rehabilitation, z. B. in der Fachklinik Sylt für Kinder und Jugendliche, durchgeführt. Es wird versucht, eine ideale Gruppengröße von sechs bis sieben Patienten mit einer Alters- und Geschlechtshomogenität zu erreichen. Dies ist jedoch durch die geringe Zahl der erkrankten Kinder bei einer Psoriasis-Schulungsgruppe nicht immer möglich. Die Betroffenen sollten Grundfertigkeiten im Lesen und Schreiben beherrschen, dabei sind unterschiedliche Schulbildungen kein Ausschlusskriterium. Eine Schulung umfasst 9 Einheiten à 60 Minuten und eine Doppelstunde mit 2 × 45 Minuten. In der Fachklinik Sylt wird die Stundenverteilung über vier Wochen flexibel nach den Stundenplänen der Patienten gehandhabt, pro Woche finden ca. zwei bis drei Stunden statt. Neben Informationen über medikamentöse Therapie, Rollenspielen zur Arzt-Patienten-Beziehung usw. erhalten die Schulungsteilnehmer ein für Kinder und Jugendliche modifiziertes „Anti-Stress-Training” [16].

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Literatur

  • 1 Augustin M, Schöpf E. Psoriasis. Ursachen und Therapie der Schuppenflechte. München; CH Beck 1999
  • 2 Mrowietz U, Christophers E, Sterry W. Psoriasis auf einen Blick. Berlin; Blackwell-Wissenschaft-Verlag 2003
  • 3 Papadopoulos L, Walker C. Personality, coping and sex as psychosocial aspects of psoriatic arthropathy.  Dermatol Psychosom. 2003;  4 27-32
  • 4 Mrowietz U, Schmid-Ott G. Schuppenflechte, Was Sie schon immer über Psoriasis wissen wollten. Freiburg; Karger 2002
  • 5 Buhles N, Altmeyer P. Abgestimmte Empfehlungen zur stationären dermatologischen Rehabilitation der Kommission Qualitätssicherung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft - Berufsverband der Deutschen Dermatologen e. V. Subkommission Rehabilitation. AWMF online. März 2000, http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/AWMF/qs/qs-derm5.htm. 
  • 6 Ehlers A, Stangier U, Gieler U. Treatment of AD: A Comparison of psychological and dermatological approaches to relapse prevention.  J Consult Clin Psychol. 1995;  63 624-635
  • 7 Gieler U, Kupfer J, Niemeier V, Brosig B, Stangier U. Atopic eczema prevention programs - a new therapeutic concept for secundary prevention.  Dermatol Psychosom. 2000;  1 138-147
  • 8 Niebel G, Kallweit C, Lange I, Folster-Holst R. Direkte versus videovermittelte Elternschulung bei atopischem Ekzem im Kindesalter als Ergänzung fachärztlicher Behandlung: Eine kontrollierte Pilotstudie.  Der Hautarzt. 2000;  51 401-411
  • 9 Schmid-Ott G, Keins P, Fartasch M, Ring J, Lob-Corzilius T, von Rüden U, Wolf P, Gieler U. Atopic eczema prevention program in childhood and adolescence - a model project of the German government.  Dermatol Psychosom. 2000;  1 179-182
  • 10 Gollnick H, Bonnekoh B. Psoriasis - Pathogenese, Klinik und Therapie. Bremen; Uni-Med Verlag AG 2001
  • 11 Schmid-Ott G, Künsebeck H W, Jäger B, Werfel T, Frahm K, Ruitmann J, Kapp A, Lamprecht F. Validity study for the stigmatization experience in atopic dermatitis and psoriasis patients.  Acta Derm Venereol. 1999;  79 443-447
  • 12 Schmid-Ott G, Burchard R, Niederauer H H, Lamprecht F, Künsebeck H W. Stigmatisierung und Lebensqualität bei Patienten mit Psoriasis und Neurodermitis.  Der Hautarzt. 2003;  54 852-857
  • 13 Lempke R, Peter M, Tirre A, van den Bussche H, Alpers E, Defaie F, Grasselli M, Haupt G, Leuschner C, Meißner U, Stephan U, Wolf M, Breitbart E W. Training of patiens with atopic dermatitis and psoriasis vulgaris in an ambulant neighborhood rehabilitation program: presentation of a pilot project.  Dermatol Psychosom. 2000;  1 163-171
  • 14 Faber E M, Jacobs A H. Infantil psoriasis.  Am J Dis Child. 1977;  131 1266-1269
  • 15 Wilke K, Keins P, Stachnow R. Psora: ein Patientenschulungsprogramm für Kinder und Jugendliche mit Schuppenflechte. 1. Auflage. München; Urban Vogel 2002
  • 16 Hampel P, Petermann F. Kognitiv-behaviorales Anti-Stress-Training für 8 - 13-jährige Kinder.  Verhaltenstherapie und Verhaltensmedizin. 1998;  19 127-192

Prof. Dr. med. G. Schmid-Ott

Abteilung Psychosomatik und Psychotherapie der Medizinischen Hochschule Hannover

Carl-Neuberg-Str. 1 · 30623 Hannover

Email: Schmid-Ott.Gerhard@mh-hannover.de

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Literatur

  • 1 Augustin M, Schöpf E. Psoriasis. Ursachen und Therapie der Schuppenflechte. München; CH Beck 1999
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Abteilung Psychosomatik und Psychotherapie der Medizinischen Hochschule Hannover

Carl-Neuberg-Str. 1 · 30623 Hannover

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Abb. 1 Strukturqualität des Konzeptes zur Psoriasisschulung.