intensiv 2005; 13(1): 20-23
DOI: 10.1055/s-2004-813683
Intensivmedizin

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Wie stellt sich Koma dar? - Modifizierte Formen des Komas[*]

Andreas Zieger1
  • 1Ev. Krankenhaus, Oldenburg
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Publication Date:
21 January 2005 (online)

Einleitung

In den letzten Jahren konnten mit Hilfe bildgebender Verfahren bahnbrechende Einsichten in die neurofunktionelle Pathologie und Organisation von Residualfunktionen bei Komapatienten gewonnen werden [1] [2] [3]. Darüber hinaus haben neue Erkenntnisse in Medizin, Neurowissenschaft, Pflege, Frührehabilitation und Ethik die Entwicklung neuer Zugänge zu Menschen im Koma und Wachkoma ermöglicht [4] [5] [6]. Es konnten bessere Einsichten in die Prognose von Komapatienten gewonnen werden [7] [8] [9]. Wesentlich sind jedoch das Menschenbild und die Methode, nämlich, ob sich die Betrachtung von einer bio- oder defektmedizinisch reduzierten Sichtweise oder von einer erweiterten „semiologischen”, beziehungsmedizinischen Sichtweise leiten lässt, die eine Integration der dualistischen Standpunkte in ein einheitliches Modell möglich macht [10] [11].

In diesem Beitrag soll zunächst eine Übersicht über die objektiven Wahrnehmungsmöglichkeiten wie Definition des Komas, Abgrenzung zu Pseudo-Komazuständen, ihre neuropsychopathologische Syndromanalyse und Differenzialdiagnose (Standpunkt des Außenbeobachters: Ärzte, Pflegende, Therapeuten und Wissenschaftler) gegeben werden. Danach werden die subjektiven Wahrnehmungsmöglichkeiten (Introspektion) vom Standpunkt der Betroffenen und Komaerfahrenen selbst (und ihrer Angehörigen) dargestellt. Abschließend wird eine integrierte „neuropsychotraumatologische” Modellierung der Komazustände als prinzipiell behandlungs- und rehabilitationsbedürftige menschenmög­liche Seinsweise vorgestellt.

1 Erschienen im Journal für Anästhesie und Intensivbehandlung 2004; 11 (1): 274-277 (überarbeitet und leicht verändert)

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1 Erschienen im Journal für Anästhesie und Intensivbehandlung 2004; 11 (1): 274-277 (überarbeitet und leicht verändert)

Priv.-Doz. Dr. med. Andreas Zieger

Ltd. Oberarzt der Abteilung für Schwerst-Schädel-Hirngeschädigte (Frührehabilita­tion), Ev. Krankenhaus Oldenburg

Steinweg 13 - 17

26122 Oldenburg

Email: Dr.andreas.zieger@­evangelischeskrankenhaus.de

URL: http://www.a-zieger.de

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