Laryngorhinootologie 2003; 82(9): 666-667
DOI: 10.1055/s-2003-42681
Aktuelle Habilitation
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Genexpressionsanalyse von Plattenepithelkarzinomen des Kopf-Hals-Bereiches und deren Lymphknotenmetastasen

Gene Expression Analysis of Squamous Cell Carcinoma of the Head and Neck and its Lymph Node MetastasesA.  Weber1
  • 1 Universitätsklinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Leipzig
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Publication Date:
30 September 2003 (online)

Die Prognose von Plattenepithelkarzinomen des Kopf-Hals-Bereiches ist in den letzten Jahren trotz verbesserter Diagnostik und Therapie nahezu unverändert geblieben. Die genaue Kenntnis der genetischen Veränderungen, die zur Entstehung der Tumoren führen, könnte nicht nur zu einer verbesserten Diagnostik, sondern auch zu einer optimierten Therapie und Prognoseabschätzung führen.

Bisher konzentrierte sich die aufwändige Suche nach „Zielgenen” der Karzinomentstehung auf Alterationen singulärer Gene. Mit neuen, so genannten Hochdurchsatzverfahren, ist es möglich geworden, in einem Ansatz mehrere 100 Gene simultan zu untersuchen. Wir verwendeten einen Mikroarray mit 648 unterschiedlichen Genen, um an 25 Patienten mit Plattenepithelkarzinomen des Kopf-Hals-Bereiches (n = 15 Tonsille, n = 10 Larynx) im Tumor- und Normalgewebe, sowie den korrespondierenden Lymphknotenmetastasen, Zielgene der Tumorentstehung zu identifizieren. Mikroarrays, auch Genchips genannt, stellen eine miniaturisierte „Hybridisierungsfabrik” dar, auf denen sich rasterförmig angeordnet immobilisierte DNA-Fragmente befinden. Die aus dem Frischgewebe gewonnene RNA wird während der RT-PCR mit Fluoreszenzfarbstoffen, Cy 3 und Cy 5, markiert und auf den Array gegeben. Bei der anschließenden Hybridisierung bindet die fluoreszenzmarkierte DNA an die korrespondierende immobilisierte DNA des Arrays. Die ungebundene DNA wird in anschließenden Waschschritten ausgewaschen. Die Auswertung der Arrays erfolgt über einen Laserscanner, der die unterschiedlichen Fluoreszenzintensitäten ermittelt und anschließend einen Vergleich zwischen den beiden Proben (Tumor/normale Schleimhaut) durchführt. Eine computerisierte Darstellung zeigt „rot” eine Hochregulation und „grün” eine verminderte Expression des Gens im Tumor im Vergleich zur normalen Schleimhaut an.

Mit Hilfe der Mikrodissektion gelang die selektive Tumorzellentnahme, so dass eine Kontamination mit Zellen des Umgebungsgewebes, bzw. deren RNA-Gehalt, ausgeschlossen werden konnte. Die von uns ermittelten Daten wurden durch RT-PCR (LightCycler) und In-situ-Hybridisierung sowie auf Proteinebene immunhistochemisch kontrolliert.

Wir konnten zeigen, dass verschiedene Zellzyklus- und Apoptoseregulatoren eine signifikant unterschiedliche Expression im Tumor im Vergleich zur Umgebungsschleimhaut aufwiesen. Darüber hinaus sind bisher unbekannte, insbesondere an immunologischen Regulations- und Signaltransduktionskaskaden beteiligte Gene, differenziell exprimiert. So fanden wir - bestätigt durch RT-PCR und Western blot-Analysen - eine verminderte Expression von SOCS-Genen bzw. Proteinen, die erst kürzlich als Tumorsuppressorgene identifiziert wurden. Ein weiteres, bisher noch nicht in Plattenepithelkarzinomen beschriebenes Gen ist Fak-1, das eine wesentliche Rolle in der lymphogenen Metastasierung zu spielen scheint: Die erhöhte Expression von Fak-1 war signifikant mit Vorkommen von loko-regionären Lymphknotenmetastasen korreliert. Unsere Daten zeigen, dass weder die Tumorlokalisation (Oropharynx- versus Larynxkarzinome) noch pathohistologische Parameter zu signifikant divergenten Genexpressionsprofilen führen. Darüber hinaus scheint sich die histologische Tumorheterogenität (der „Phänotyp”) nicht in einer unterschiedlichen Genexpression (einem unterschiedlichen „Genotyp”) widerzuspiegeln, da sich Tumorproben vom Tumorgrund oder -rand nicht voneinander unterscheiden. Es sind allerdings weitere Untersuchungen notwendig, um an einer größeren Serie von Karzinomen unterschiedlicher Lokalisation und Histologie diese Ergebnisse zu bestätigen.

In weiteren, momentan laufenden Untersuchungen prüfen wir an In-vitro-Systemen der Zellkultur die Induzierbarkeit und die intrazellulären Veränderungen nach kontrollierter Expression einzelner, von uns identifizierter Zielgene.

Dr. med. Anette Weber, Jahrgang 1966.

Anette Weber

Universitätsklinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Plastische Operationen ·

Liebigstraße 18 a · 04103 Leipzig

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