Balint Journal 2003; 4(3): 82-83
DOI: 10.1055/s-2003-42530
Tagungsbericht
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Balint omnia vincit

S. Häfner1
  • 1Stuttgart
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Publication Date:
24 September 2003 (online)

Unter diesem kämpferischen Motto stand die „12th International and 10th National Anniversary Balint Conference”, die vom 1. bis 4. Mai 2003 in Miercurea Ciuc (Rumänien) stattfand. Albert Veress, der Preşedintele der AsociaŢiei Balint din România, begrüßte die 154 Teilnehmer, darunter 19 ausländische Teilnehmer aus acht Ländern, im Kongresshotel Salvator (!) auf das Freundlichste und Herzlichste. Schnell vergessen waren so die Strapazen der abenteuerlichen Anreise vom Bukarester Flughafen über 270 km nach Norden, auf holprigen Straßen vorbei an Pferdefuhrwerken und Ochsenkarren, durch die landschaftlich reizvollen Ostkarpaten mit zahlreichen Badeorten mit Thermalquellen.

Entsprechend der internationalen Teilnehmerschaft ging es lebhaft auf Ungarisch, Rumänisch, Englisch und Deutsch zur Sache. Ein schon im vorigen Kongress erprobter Übersetzer sorgte dafür, dass es zu keiner „Sprachverwirrung” kam. Trotz der westlichen Ohren eher unvertrauten Fremdsprachen Ungarisch und Rumänisch übertrugen sich die Stimmungen und Nuancen der Arzt-Patient-Beziehung in den Fishbowl- und Kleingruppen sehr gut, wobei sich insbesondere das Rumänische dem romanischer Sprachen Kundigen relativ leicht erschließt. Dabei eröffneten sich den ausländischen Teilnehmern auch interessante Einblicke in das rumänische Gesundheitssystem, gelegentlich mit allzu vertrauten Schwierigkeiten, etwa bei den Auswirkungen knapper werdender Mittel auf die Arzt-Patient-Beziehung. Dass rumänische Probleme im Gesundheitswesen nicht so weit von deutschen entfernt sind, zeigte ein Fall in einer Fishbowl-Gruppe: Wenn rumänische Ärzte zum Beispiel pro Patient nur noch ein Rezept im Monat statt zuvor zwei ausstellen dürfen, dann hat das Auswirkungen auf die Arzt-Patient-Beziehung. Die Darstellung des Falls in der Gruppe machte sehr deutlich, wie sich dadurch der Bedarf nach der Droge Arzt vergrößert.

Das monatliche Durchschnittseinkommen eines rumänischen Arztes beträgt umgerechnet lediglich 60 US-Dollar. Viele Kollegen sind auf Nebenverdienste angewiesen. So passt beispielsweise die Chefärztin einer Augenklinik im Nebenberuf Brillen an. Doch von diesen schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen lassen sich die rumänischen Kollegen nicht entmutigen, vielmehr widmen sie sich der Balint-Arbeit mit Feuer und Flamme quer durch alle Fachrichtungen. Die ausländischen Gäste konnten sich von den außerordentlich lebhaften Aktivitäten der rumänischen Balint-Gesellschaft bei vielen Gelegenheiten überzeugen. Éva und Albert Veress führen die rumänische Balint-Gesellschaft mit viel Liebe und Engagement - wen wundert es da noch, dass auch ein Hund Ehrenmitglied der rumänischen Balint-Gesellschaft ist!

Von dem hohen Niveau auch der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Balint-Arbeit konnten sich die Teilnehmer im Vortragsprogramm überzeugen. Hier ist es Albert Veress ausgezeichnet gelungen, Glanzlichter der rumänischen und der internationalen Balint-Arbeit zu präsentieren. Die ertragreiche rumänische Balint-Arbeit ist auch in dem von Albert und Éva Veress verfassten Buch „De la VIS la REALITATE - Balint in Romania” dokumentiert. Eine informative Posterausstellung über die rumänische Gesellschaft rundete das Bild ab. Wer es verpasst hat: Diese wird auch auf dem 13th International Balint Congress in Berlin vom 1. bis 5. Oktober 2003 zu sehen sein.

Mit einem Ausflug auf das 30 km südlich von Braşov (Kronstadt) gelegene Schloss Bran, berühmt geworden durch die von Bram Stoker literarisch verarbeitete und populär gemachte Sage über den Grafen Dracula, klang das Programm aus. Hier weihte Albert Veress zum Abschluss in die Besonderheiten der Arzt-Vampir-Beziehung ein. Unbeschadet (?) hiervon kehrten aber alle, insbesondere auch die Teilnehmerinnen, nach einem Abstecher zum wunderbar restaurierten alten Marktplatz von Kronstadt und an den einmaligen vulkanischen Kratersee von St. Ana, ins Tagungshotel zurück.

Albert und Éva Veress ist es in beeindruckender Weise gelungen, in Rumänien eine außerordentlich lebendige Balint-Szene aufzubauen und nachhaltige Einblicke in dieselbe zu vermitteln, so dass bei vielen Teilnehmern die guten Erinnerungen an den ersten internationalen Kongress vor sechs Jahren aufgefrischt werden konnten. Die überaus herzliche rumänische Gastfreundschaft während des gesamten Kongresses hinterlässt einen tiefen Eindruck. So bleibt nur zu hoffen, dass dies nicht der letzte Balint-Kongress in Miercurea Ciuc gewesen ist.

Dr. med. Steffen Häfner

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