Dtsch Med Wochenschr 2003; 128(9): 458
DOI: 10.1055/s-2003-37543
Leserbriefe
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Vitamin D und Kalzium schützen nicht vor Knochenverlust bei Rheuma

Zum Beitrag aus DMW 45/2002, Seite 2361
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Publication Date:
28 February 2003 (online)

Zu der von Kunde und Gross [1] vorgestellten Studie ist Folgendes anzumerken [2]. 1. Es handelt sich um eine Kohortenstudie mit einer geringen Teilnehmerzahl und nicht um eine randomisierte Doppelblind-Studie. Daher sind die Ergebnisse von begrenzter Aussagekraft und lassen die gezogenen pauschalen Schlüsse (siehe Überschrift) nicht zu. Die Ergebnisse widersprechen zudem einer 1999 veröffentlichten Meta-Analyse randomisierter Studien zur Kortikoid-induzierten Osteoporose (S. Amin et al., Arthritis Rheum 1999; 42: 1740 - 1751). Die hierbei eingeschlossenen Studien zeigten, dass eine Kalzium/Vitamin-D-Kombinationstherapie einer Plazebogabe bzw. keiner Therapie (4 Studien) sowie einer Kalzium-Monotherapie (5 Studien) signifikant überlegen war (pooled effect size 0,60; 95 % CI 0,34 bis 0,85; P = 0,0001): Der gepoolte Effekt entsprach einer BMD-Veränderung um 3,2 % der Kombinationstherapie gegenüber der Kontrolle. Zudem ließ sich aus den Daten zum Auftreten von Frakturen (3 Studien) sogar ein Trend zu einer Frakturverminderung durch eine Kombinationstherapie gegenüber der Kontrolle feststellen (pooled effect size -0,89; 95 % Ci -1,90 bis 0,12; P = 0,08)

2. In der o. g. Kohorten-Studie wurde nicht differenziert zwischen Kalzium-Monotherapie, Vitamin D-Monotherapie bzw. Kalzium/Vitamin D-Kombinationstherapie. Dass eine Kalzium-Monotherapie oder eine Vitamin D-Monotherapie keinen nennenswerten Einfluss auf die Knochendichte hat, ist aus vielen Studien hinreichend bekannt. In diesem Punkt liefert die o. g. Studie keine neuen Gesichtspunkte.

3. Auch über die Dosierung der Kalzium- und/oder Vitamin D-Therapie wird in der Studie nichts ausgesagt. Eine ausreichende Dosierung ist aber eine grundlegende Voraussetzung für den Therapieerfolg. In den beiden Interventionsstudien, in denen unter Kalzium/Vitamin-D-Kombinationstherapie eine signifikante Reduktion osteoporotischer Frakturen gezeigt wurde (Chapuy et al., 1992; Dawson-Hughes et al., 1997) lag die Gesamtzufuhr bei ca. 1700 bzw. 1200 mg Kalzium und ca. 800 - 1000 I.E. Vitamin D pro Tag. Dagegen wurde in den Studien zu Bisphosphonaten oder Raloxifen bezüglich der Komedikation (Kalzium/Vitamin D-Kombination) insbesondere Vitamin D in Plazebo- und Interventionsgruppe meist deutlich niedriger dosiert (250 - 400 I.E.), vielleicht um den Effekt der jeweiligen Prüfmedikation nicht zu schmälern.

4. Die Knochendichte fiel auch in der unbehandelten Gruppe, ein signifikanter Unterschied zur Kalzium und/oder Vitamin D-Gruppe bestand nicht. Insoweit ist die Aussage der o. g. Autoren, „eine Komedikation mit Kalzium oder Vitamin D Präparaten erweist sich hingegen als kontraproduktiv“ nicht unterlegt. Sie findet sich in der Studie nicht wieder und ist aus den Ergebnissen auch nicht ableitbar.

Fazit: Eine hochdosierte Kombinationstherapie mit Kalzium/Vitamin D ist eine sinnvolle Therapieoption bei Kortikoid-induzierter Osteoporose und sollte nach dem aktuellen Leitlinienentwurf des DVO (Dachverband Osteologie) prophylaktisch jedem Patienten mit einer entsprechenden Grunderkrankung (Rheuma, COPD, Entzündliche Darmerkrankungen) und zeitgleich zur Kortikoidtherapie verordnet werden. Sie dient ferner nach dem Leitlinienentwurf als obligatorische Basistherapie bei einer gegebenfalls zusätzlich erforderlichen Bisphosphonattherapie (T-Wert < - 1,5 SD).

Literatur

  • 1 Kunde K, Gross H. Vitamin D und Kalzium schützen nicht vor Knochenverlust und Rheuma.   Dtsch Med Wochenschr. 2002;  127 2361
  • 2 Haugeberg G. et al . Bone Loss in Patients With Rheumatoid Arthritis.  Arthr and Rheum. 2002;  46 1720-1728

Autor

Dr. Christoph Eisen

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