Gesundheitswesen 2002; 64(11): 592-597
DOI: 10.1055/s-2002-35541
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Kranke Lehrerinnen und Lehrer? - Eine Analyse von Arbeitsunfähigkeitsdaten aus Mecklenburg-Vorpommern

Sick Teachers? - Analysis of Disability Data from Mecklenburg-VorpommernR. Meierjürgen1 , P. Paulus2
  • 1Barmer Ersatzkasse Hauptverwaltung Wuppertal
  • 2Institut für Psychologie, Universität Lüneburg
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Publication Date:
20 November 2002 (online)

Zusammenfassung

Ausgehend von einem Überblick über die aktuellen Forschungsergebnisse zur Lehrergesundheit wird über aktuelle Forschungsbefunde zur Höhe und zur Struktur des Krankenstands von Beschäftigten an Schulen im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern berichtet. Hierzu sind die Arbeitsunfähigkeitsdaten von über 7000 Beschäftigten ausgewertet worden, die bei der Barmer Ersatzkasse versichert sind. Die Ergebnisse zeigen, dass Lehrkräfte häufiger krank sind als die Versicherten der Barmer Ersatzkasse insgesamt. Geschlechtsspezifische Unterschiede zuungunsten der Lehrerinnen werden deutlich. Im Alterstrend zeigen sich erhöhte Krankenstände. Dominierende Krankheitsarten spiegeln sehr gut den beruflichen Alltag der Beschäftigten an Schulen wider: Krankheiten der Atmungsorgane, Krankheiten des Skeletts, der Muskeln und des Bindegewebes und psychische Krankheiten führen die Liste an, wobei die psychischen Erkrankungen die höchste durchschnittliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit aufweisen. Im Fazit wird auf die Begrenztheit der Aussagekraft der AU-Statistiken verwiesen. Auf die Notwendigkeit, verschiedene Datenquellen miteinander zu vernetzen (z. B. aus der betrieblichen Gesundheitsberichterstattung), um ein differenzierteres Bild der Belastungs- und Beanspruchungsfaktoren der Lehrergesundheit zu gewinnen, wird verwiesen.

Abstract

Based on a review of the latest research results on teachers' health, the review shows the extent as well as the structure of sick-leave of people working in schools in the Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Data concerning diseases of more than 7,000 employees who are insured by the Barmer Ersatzkasse were analysed. The results show that teachers are more often sick than all the persons insured by the Barmer Ersatzkasse. Differences between sexes show disadvantages for women. The sick-leave rates increase with age. Dominant diseases reflect very well the job routine of people working in schools: The most frequent diseases concern the respiratory organs, the skeleton, muscles and the connective tissue and mental illness issues; mental illnesses cause the longest periods of disablement. The conclusion refers to the restrictions of sick-leave statistics. It is argued that it is necessary to combine different data sources (e. g. work-place health reports) in order to get a more differentiated picture of factors of demand and strain on teachers’ health.

Literatur

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1 Nach Angaben des Statistischen Landesamtes Mecklenburg-Vorpommern.

2 Insgesamt sind 1 841 Personen teilzeitbeschäftigt. Darunter sind 1 738 Frauen.

3 Die Berufsgruppendifferenzierung ist auf der Grundlage des Schlüsselverzeichnisses für die Angaben zur Tätigkeit in den Meldungen zur Sozialversicherung der Bundesanstalt für Arbeit vorgenommen worden.

3

4 Als ein Arbeitsunfähigkeitsfall wird jeder ununterbrochene Zeitraum von Arbeitsunfähigkeit mit der gleichen Hauptdiagnose gezählt. Arbeitsunfähigkeitsfälle mit einer Dauer von unter drei Tagen sind in der Regel in den Daten nicht enthalten.

5 Der Krankenstand in Prozent wird ermittelt aus dem Anteil der AU-Tage an der Versicherungszeit.

6 Der ausgewiesene Krankenstand von 281,4 Versichertenjahren errechnet sich aus der Zahl der gemeldeten Arbeitsunfähigkeitstage, umgerechnet in Jahre (102694 : 365 = 281,4).

7 (vgl. [6, 7])

8 Schaarschmidt [3] weist in diesem Kontext auf die ungünstigere Beanspruchungssituation der Lehrerinnen hin, die zusätzlich zu den beruflichen Anforderungen aus der oftmals stärkeren Inanspruchnahme durch die Familie, den häuslichen Aufgaben sowie der geringeren psychischen Widerstandskraft gegenüber einigen spezifischen Anforderungen des Berufes (z.B. expansives Sozialverhalten) resultiert und zu dem erhöhten Krankenstand beiträgt.

9 Vgl. die ausführliche Diskussion bei Osterholz [8]

Prof. Dr. Peter Paulus

Institut für Psychologie, Universität Lüneburg

Scharnhorststraße 1

21335 Lüneburg

Email: paulus@uni-lueneburg.de

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