Gesundheitsökonomie & Qualitätsmanagement 2001; 6(6): 153-160
DOI: 10.1055/s-2001-19186
ORIGINALARBEIT
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Ökonomische Evaluation der Physiologischen Elektrolyttherapie bei Herzrhythmusstörungen

Economic Evaluation of Physiological Electrolyte Therapy in Cardiac Rhythm ProblemsJ.-M. Graf v. d. Schulenburg, Andrea Uber
  • Universität Hannover, Forschungsstelle für Gesundheitsökonomie und Gesundheitssystemforschung, Hannover
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Publication Date:
19 December 2001 (online)

Zusammenfassung

Zielsetzung: Es werden die Kosten einer Physiologischen Elektrolyttherapie bei Herzrhythmusstörungen und deren Nutzen evaluiert. Methodik: Gemäß den deutschen Empfehlungen zur gesundheitsökonomischen Evaluation werden eine Kostenerfassung der Behandlung von Herzrhythmusstörungen mit Kalium und Magnesium, synthetischen Antiarrhythmika, synthetischen Antiarrhythmika und Kalium/Magnesium durchgeführt. Auf den Daten aufbauend wurde ein Entscheidungsbaum entwickelt, um die Folgekosten von Herzrhythmusstörungen abzuschätzen. Als weiteres Argumentationsmuster wurde die Lebensqualität mit den Instrumenten SF-36 und EQ-5D gemessen. Ergebnisse: Die Behandlungskosten der 172 Studienteilnehmern belaufen sich auf 621 175 DM pro Jahr, das heißt ca. 3610 DM pro Patient. Patienten, die Elektrolytpräparate einnehmen, sind deutlich kostenintensiver (bis zu 3980 DM) als die Patientengruppe ohne Elektrolytpräparate (795 DM), da die Gabe zusätzlich zu den klassischen Antiarrhythmika erfolgt. Die Entscheidungsbaumanalyse zeigt jedoch, dass durch die Einnahme von Kalium-Magnesium-Präparaten kostentreibende Versorgungsformen weniger häufig in Anspruch genommen werden müssen, so dass nach drei Behandlungsjahren bis zu 550 DM eingespart werden können. Schlussfolgerung: Die Entscheidungsbaumanalyse zeigt, dass langfristig durch eine Arzneimitteltherapie mit Kalium-Magnesium-Präparaten Kosten eingespart werden können, obwohl die Therapie mit Elektrolyten um durchschnittlich 515 DM teurer ist.

Economic Evaluation of Physiological Electrolyte Therapy in Cardiac Rhythm Problems

Aim: The costs of physiological electrolyte therapy in cardiac rhythm problems and its benefit will be evaluated. Method: In accordance with the German recommendations/guidelines on health economic evaluations, a record of costs will be carried out for the treatment of cardiac rhythm problems with potassium and magnesium, a synthetic antiarrhythmic drug, synthetic antiarrhythmic drug and potassium/magnesium. A decision tree will be developed from the data in order to estimate the resulting costs of cardiac rhythm problems. As a further ground for discussion, the quality of life will be measured using the SF-36 and EQ-5D. Results: The treatment costs of 172 study participants totalled 621,175 DM per year, equal to approximately 3,610 DM per patient. Patients who take the electrolyte preparation generate considerably more costs (up to 3,980 DM) than those patients who do not (795 DM), as the dose resulted additionally in the classical antiarrhythmica. The decision tree analysis shows, however, that the intake of the potassium-magnesium preparation leads to a less frequent claim for cost-inducing care programmes, to the extent that after three years of treatment up to 550 DM can be saved. Conclusion: The decision tree analysis shows that a long term administration of a medicine with a potassium/magnesium preparation can reduce costs, despite the electrolyte therapy being on average 515 DM more expensive.

Literatur

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1 Diese aufgezeigte Stellungnahme ist umstritten. Die Indikationen zur medikamentösen antiarrhythmischen Therapie sind sehr stark eingeschränkt worden, ungeachtet dessen existieren klare Empfehlungen zu dieser restriktiven Antiarrhythmika-Therapie; falls Skepsis und Verunsicherung persistieren, ist dies nicht auf unklare Behandlungskonzepte, sondern mangelnde Information und Fortbildung zurückzuführen.

2 Seit 1. 10. 1993 existiert hierzu eine „Neue Richtlinie vom BGA”, welche bspw. die Verabreichung von Antiarrhythmika der Klasse Ia-c in den ersten drei Monaten eines Herzinfarktes oder bei eingeschränkter Herzleistung ablehnt. Ausgenommen seien „Patienten mit lebensbedrohenden ventrikulären Herzrhythmusstörungen”.

3 Aus dieser Arbeit sollte zusätzlich noch festgehalten werden, dass durch Kalium-Magnesium-Gabe die Häufigkeit von ventrikulären Extrasystolen zwar reduziert werden konnte, dass aber kein Einfluss der Gabe auf die Inzidenz repetitiver und supraventrikulärer Arrhythmien und vor allem kein Einfluss auf die klinischen Symptome der Patienten durch die Kalium-Magnesium-Gabe festzustellen war.

4 Studienergebnisse der Delphi-Befragung können bei der Forschungsstelle für Gesundheitsökonomie und Gesundheitssystemforschung in Hannover, angefragt werden.

5 Insgesamt nahmen 172 Patienten an dieser Studie teil. Ein Patient wurde allerdings nicht klassifiziert.

6 Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,01 signifikant. Der Pearson-Korrelationskoeffizient weist einen Wert von 0,609 auf, so dass auf eine starke Korrelation geschlossen werden kann.

7 Eine detaillierte Aufschlüsselung der Kosten kann unter der Korrespondenzadresse angefordert werden.

8 Die Kostenergebnisse gehen in den Entscheidungsbaum ein. Zusätzlich werden Kosten für einen Kardiologen in Höhe von 1341 DM und für den Notdienst in Höhe von 300 DM angesetzt.

9 Sobald die Patienten zu ihrem Kombipräparat noch zusätzlich ein Mineral Mg oder K einnahmen, wurden sie in die erste Gruppe gezählt.

10 Berechnung: Kosten der Leistungsanbieter multipliziert mit Eintrittswahrscheinlichkeit (p) für jede Therapie 1 bzw. Therapie 2.

Prof. Dr. J.-M. Graf v. d. Schulenburg

Universität Hannover
Forschungsstelle für Gesundheitsökonomie
und Gesundheitssystemforschung

Königsworther Platz 1
30167 Hannover

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