Pneumologie 2001; 55(12): 547-552
DOI: 10.1055/s-2001-18999
ORIGINALARBEIT
ORIGIMALARBEIT
Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Messung des transdiaphragmalen Drucks beim Lungenemphysem, ein wichtiger Beitrag zum klinischen Management?

Measurement of transdiaphragmatic pressure in pulmonary emphysema, a relevant contribution to clinical management?M. A. Schulz, U. Hindley, R. Dierkesmann
  • Klinik Schillerhöhe, Zentrum für Pneumologie und Thoraxchirurgie, Gerlingen/Stuttgart
Further Information

Dr. M. A. Schulz

Klinik Schillerhöhe
Zentrum für Pneumologie und Thoraxchirurgie

70839 Gerlingen/Stuttgart

Publication History

Publication Date:
17 December 2001 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung:

Bei 50 Patienten mit fortgeschrittenem Lungenemphysem, die zur Durchführung eines Evaluierungs- und Trainingsprogramms mit der Frage der Indikation zur operativen Lungenvolumenreduktion vorgestellt wurden, wurde mit einer Doppelballonmethode in Sniff-Technik der transdiaphragmale Druck (pdi) gemessen.

Der transdiaphragmale Druck (pdi) ist der Differenzbetrag aus dem Druck im Magen (pga) und dem Druck im Ösophagus (pes). Der pdi betrug bei unseren Patienten im Mittel im Sitzen 5,9 kPa (SD 1,6 kPa), im Liegen 5,6 kPa (SD 1,3 kPa).

Bei 94 % der Patienten lag der pdi im pathologischen Bereich (< 8,2 kPa).

Die Verminderung der Zwerchfellfunktion wurde bei der gemessenen Patientengruppe quantifiziert. Eine signifikante Differenz zwischen Sitzen und Liegen ergab sich nicht.

Es war keine eindeutige Korrelation zwischen der Höhe des pdi und der Einschränkung in der Lungenfunktion fassbar. Dies deutet darauf hin, dass möglicherweise andere Faktoren, wie zum Beispiel der Grad des Umbaus der Thoraxwand, eine wichtige Rolle spielen.

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Measurement of Transdiaphragmatic Pressure in Pulmonary Emphysema, a Relevant Contribution to Clinical Management?

In 50 patients with advanced pulmonary emphysema, admitted for operative lung volume reduction, transdiaphragmatic pressure was measured by a double balloon catheter, using the sniff technique.

Transdiaphragmatic pressure (pdi) is the difference between gastric pressure (pga) and esophageal presssure (pes).

The mean value of pdi in the sitting position was 5,9 kPa (SD 1,6 kPa), in the lying position 5,6 kPa (SD 1,3 kPa). 94 % of the patients had a pathologic pdi (below 8,2 kPa).

The reduction of diaphragm function in this patient group was quantified. No significant difference was found between sitting or lying position.

There was no clear correlation between pdi and the reduction in lung function. Maybe there are other important factors, for example the influence of the deformation in the chest wall itself.

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Einleitung

Ausgehend von dem Bedürfnis, Patienten mit Lungenemphysem vor einer möglichen operativen Lungenvolumenreduktion möglichst umfassend beurteilen zu können, wurde die quantitative Erfassung der globalen Zwerchfellfunktion mit Hilfe der Messung des transdiaphragmalen Drucks angestrebt. Es bestand die Erwartung, sich auf diesem Weg eine zusätzliche Entscheidungshilfe in der Frage der Operationsindikation erschließen zu können.

Die Atemmuskulatur entfaltet ihre Wirkung hauptsächlich in der Inspiration, während die Exspiration in der Ruheatmung passiv erfolgt. Dem Zwerchfell kommt dabei die größte funktionelle Bedeutung zu. Es wirkt als wichtigster Motor der Ventilation, daneben stellen die atembedingten intrathorakalen Druckänderungen einen Kreislaufmotor im venösen Schenkel dar.

Wenn sich die Muskelfasern des Zwerchfells verkürzen, wird als Haupteffekt das Zwerchfell nach kaudal bewegt, so dass sich der intrathorakale Raum für die Lunge erweitert, so genannte Lifthypothese, während der Beziehung von LaPlace eher geringere Bedeutung zukommt [2] [7].

Der transdiaphragmale Druck (pdi) ist der Differenzbetrag aus dem Druck im Magen (pga) und dem Druck im Ösophagus (pes). Der Ösophagusdruck ist üblicherweise negativ im Verhältnis zur Atmosphäre und idealerweise dem intrapleuralen Druck proportional, der Druck im Magen ist dagegen positiv. Die Messung der Drücke erfolgte über ein Ballonverfahren, wie es in ähnlicher Weise aus der Messung der Compliance von Thorax und Lunge bekannt ist [10].

Die Lunge verfügt über eine elastische Retraktionskraft, die unter Ruhebedingungen im Gleichgewicht steht mit der Expansionskraft der Thoraxwand. Beim Lungenemphysem führt der Strukturverlust im Lungenparenchym zu einer Verminderung der Retraktionskraft der Lunge, so dass der Brustkorb bei Ruheatmung vermehrt in Inspirationsstellung geht; dies ist maximal nur bis an das eigenständige Relaxationsvolumen der Thoraxwand möglich. Langfristig entsteht dadurch ein so genannter Fassthorax. Infolge des geringeren Retraktionsdrucks der Lunge und der vermehrten Inspirationsstellung des Brustkorbs verlagert sich das Zwerchfell nach kaudal und verändert durch Abflachung seine Geometrie. Durch das Tiefertreten des Zwerchfells kommt es zu einer Verminderung der Vorspannung der parallel zur Thoraxwand verlaufenden Muskelzüge, der so genannten Appositionszone.

In dieser Arbeit sollte untersucht werden, welchen Beitrag die Messung des transdiaphragmalen Drucks zum klinischen Management bei Patienten mit Lungenemphysem leistet.

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Patienten

Bei allen Patienten war ein relevantes Lungenemphysem in üblicher Weise aus der Kombination von klinischer Untersuchung, Lungenfunktion und Bildgebung gesichert worden. Dabei wurden u. a. die Kriterien Belastungsdyspnoe, irreversible Erhöhung der FRC, verstärkte exspiratorische Flusslimitierung und Parenchymverluste im Computertomogramm zugrunde gelegt.

Ausgeschlossen wurden Patienten mit Thoraxdeformitäten, wie z. B. Kyphoskoliose, Pleuraschwiele, Zwerchfellparese, obstruktiver Bronchitis oder kardialer Dekompensation, hochdosierter Glukokortikoidtherapie im letzten halben Jahr und Patienten mit bereits a priori erkennbarer relevanter Einschränkung der zerebralen Leistung oder einer klinisch relevanten Stenose im Bereich der Nase.

Demographische Parameter: Es wurde bei 50 Patienten im Alter von 43 bis 80 Jahren gemessen, davon 14 Frauen. Die Patienten waren im Mittel 61,4 Jahre alt (SD 9,5), 169,5 cm groß (SD 10,1) und 68,4 kg schwer (SD 15,6).

Alle Messungen wurden prospektiv über eine kontinuierliche Messperiode von 11/98 bis 6/99 durchgeführt.

Außer den transdiaphragmalen Druckwerten (pdi) im Sitzen und Liegen wurden bei jedem Patienten zusätzlich zu den klinischen und demographischen Daten noch die folgenden Daten erhoben (s. Tab. [1]):

  • IVC, FEV1; FRC, RV, TLC sowie RV in Prozent der TLC ganzkörperplethysmographisch,

  • TLC nach der Helium-Methode, die im Unterschied zur TLC aus der Bodyplethysmographie nur die tatsächlich ventilierten Areale erfasst,

  • Plmax vom FRC-Niveau aus.

Tab. 1Daten aus der Lungenfunktion (n = 50)
MittelwertSD
IVC abs.2,4 Liter0,7 Liter
IVC pred.66 %13 %
FEV1 abs.0,8 Liter0,2 Liter
FEV1 pred.32 %9 %
FVC abs.2,0 Liter0,6 Liter
FVC pred.57 %12 %
FRC abs.5,1 Liter1,1 Liter
FRC pred.156 %24 %
RV4,3 Liter1,0 Liter
TLC6,9 Liter1,3 Liter
RV %TLV637,9
Helium TLC5,5 Liter1,3 Liter
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Methode

Verwendet wurde ein einzeln angefertigter Doppelballonkatheter mit je einem Ballon für die Druckaufnahme im Magen und im Ösophagus. Die Ballons sind je 7 cm lang, der Abstand zwischen den Ballons beträgt 8 cm.

Der mobile Messplatz mit Druckwandler (s. Abb. [1]) wurde zunächst als Prototyp zur experimentellen Anwendung zur Verfügung gestellt (Fa. ZAN Messgeräte GmbH, D-97723 Oberthulba) und inzwischen zu einem Gerät für die Routine weiterentwickelt. Die Werte für pes, pga und pdi werden sowohl grafisch als auch numerisch dargestellt.

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Abb. 1 Transdiaphragmale Druckmessung, Messplatz.

Nach Dichtigkeitsprüfung der Ballone wird der Katheter in üblicher Weise nasal eingeführt sowie im Plateaubereich der Eigencompliancekurve des Katheters in üblicher Weise gefüllt und positioniert [10].

Zur Aktivierung des Zwerchfells wird die Schnupftechnik angewendet; dieses Manöver wird eher toleriert als ein Einatmungsversuch gegen einen kompletten Verschluss. Die Patienten werden aufgefordert, ausgehend von der funktionellen Residualkapazität (FRC) mit möglichst maximaler Anstrengung zu schnupfen.

Die Messungen werden wiederholt, bis eine ausreichende Reproduzierbarkeit erreicht ist, maximal werden jeweils 10 Messungen im Sitzen und anschließend im Liegen durchgeführt.

Der unter diesen Bedingungen maximal erreichte Wert wird als pdi angegeben.

Grafisch wurden die Druckkurven für pes, pga und pdi auf der Zeitachse übereinander projiziert (s. Abb. [2]). Beim pes und beim pdi zeigt sich ein steiler Druckanstieg und nach Erreichen des Maximums ein steiler Druckabfall. Der pga bewegt sich quantitativ in einem weit niedrigeren Bereich und verändert sich langsamer.

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Abb. 2 (a) Transdiaphragmaler Druck [kPa]: Normalbefund. (b) Transdiaphragmaler Druck [kPa]: Patient mit Lungenemphysem.

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Zur klinischen Beurteilung der Messwerte wurden bei den jetzigen Messungen die Normwerte der Arbeitsgruppe um Malcolm Green von 1985 [11] zugrunde gelegt. Damals war bei 64 normalen Probanden im Sitzen mit zwei Einzelkathetern als Mittelwert ein pdi von 13,6 kPa (SD 2,7 kPa) ermittelt worden. Die Erstellung von allgemein gültigen Normwerten aus einer Patientenzahl von 64 ist zwar problematisch, härtere Normwerte sind jedoch nicht vorhanden.

Zum Vergleich wurde bei allen Patienten in üblicher Weise der maximale inspiratorische Munddruck (Plmax) gemessen. Dieses Verfahren ist weit verbreitet; der Patient führt eine maximale Einatmungsanstrengung gegen ein geschlossenes Ventil durch.

Plmax wurde im Unterschied zur sonstigen Vorgehensweise nicht vom Residualvolumenniveau, sondern von der FRC aus gemessen, da dadurch eine bessere Vergleichbarkeit mit dem ebenfalls von der FRC aus gemessenen pdi gewährleistet war. Ein weiterer Grund war, dass bei Patienten mit Lungenemphysem die tiefe Exspiration besonders beschwerlich ist.

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Ergebnisse

Es ergaben sich als Mittelwerte, Standardabweichung und Mediane für die einzelnen Druckwerte die in Tab. [2] dargestellten Werte (s. Tab. [2]).

Dabei fallen eher geringe Streubreiten für pdi und den maximalen Sniff-Druck im Ösophagus auf, hingegen sehr große Streubreiten für den maximalen Sniff-Druck im Magen und für Plmax.

Die systematische Korrelationsanalyse ergab die in Tab. [3] und den Abb. [3] und [4] dargestellten Korrelationskoeffizienten (n. Pearson).

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Abb. 3 Korrelation pdi [kPa] im Sitzen und Liegen.

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Abb. 4 Korrelation pdi [kPa] und maximaler Sniff-Druck im Ösophagus [kPa].

Hochsignifikante Korrelationen ergaben sich zwischen pdi im Sitzen und pdi im Liegen, zwischen pdi und dem maximalen Sniff-Druck im Ösophagus.

Schwache Korrelation ergab sich zwischen pdi und der nach der Heliummethode bestimmten TLC.

Weder im Sitzen noch im Liegen ergaben sich signifikante Korrelationen zwischen pdi und den außer der TLC bestimmten lungenfunktionsanalytischen Parametern oder den demographischen Daten.

Plmax von FRC aus gemessen zeigte keinerlei signifikante Korrelationen mit den demographischen oder lungenfunktionsanalytisch bestimmten Parametern. Der Vergleich von pdi und Plmax [1] ergab, dass pdi im Sitzen im Mittel 2,0 kPa u. im Liegen 1,7 kPa größer war als Plmax.

Tab. 2 Mittelwerte, Standardabweichung und Mediane für die maximalen Sniff-Drücke (n = 50) [kPa]
MittelSDMedian
pdi im Sitzen5,91,65,9
pdi im Liegen5,61,55,4
p im Ösophagus im Sitzen- 5,31,5- 5,4
p im Ösophagus im Liegen- 5,01,3- 4,7
p im Magen im Sitzen0,60,50,5
p im Magen im Liegen0,60,40,5
Plmax v. FRC3,91,83,9
Tab. 3 Korrelation
Korrelation zwischenKoeffizientSignifikanz
pdi im Sitzen und im Liegen0,75p < 0,05
pdi und p im Ösophagus- 0,95p < 0,05
pdi liegend und TLC (Helium)0,38p < 0,05
pdi sitzend und TLC (Helium)0,34p < 0,05
pdi liegend und FRC abs.- 0,007
pdi sitzend und FRC abs.- 0,02
pdi liegend und FRC in % pred.- 0,17
pdi sitzend und FRC in % pred.- 0,14
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Diskussion

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pdi und Emphysem

Mit dem oben beschriebenen Verfahren wurde die Verminderung der Zwerchfellfunktion bei 50 Patienten mit Lungenemphysem quantifiziert. Bei der Selektion wurde als Kriterium des Lungenemphysems die Computertomographie mit einbezogen, um die früher übliche Subsumierung verschiedener Krankheitsbilder unter dem Begriff der so genannten chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung zu vermeiden. Legt man die oben erwähnten Normgrenzen aus dem Brompton Hospital [11] zugrunde, findet man, dass bei 94 % der maximale Schnupf-pdi im pathologischen Bereich (< 8,2 kPa) liegt.

Die jetzt gemessenen transdiaphragmalen Drücke (Mittelwert pdi im Sitzen 5,9 kPa) beim Lungenemphysem lagen im ähnlichen Bereich wie die von früheren Untersuchern mit vergleichbaren Messanordnungen gemessenen [5] [14]:

Druz et al. [5] hatten 1979 mit einer nicht genau beschriebenen Methode bei 8 Patienten mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung als Mittelwert des pdi im Liegen 4,9 kPa gemessen. Hierbei wurde die zugrunde liegende Erkrankung nicht eindeutig definiert; dies ist insofern problematisch, als nicht zwischen chronischer Bronchitis und Lungenemphysem unterschieden wurde.

Teschler et al. [14] hatten 1996 bei 12 Patienten mit Lungenemphysem vor operativer Lungenvolumenreduktion mit zwei Einzelballons als Mittelwert des Schnupf-pdi im Sitzen 6,0 kPa ermittelt.

In Untersuchungen bei 7 Normalpersonen [2] und bei 6 Patienten mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung [6] wurde bereits früher auf die Volumenabhängigkeit des pdi hingewiesen. Bei ein und demselben Probanden war jeweils der pdi mit Zunahme des thorakalen Gasvolumens erwartungsgemäß niedriger gemessen worden, bedingt durch die zunehmende Verkürzung der langen Muskelfasern des Zwerchfells.

Die jetzigen Messungen wurden lediglich vom FRC-Niveau aus unternommen, der energieärmsten Position, der Ruheposition in Bezug auf die Atmung. Wenn man die 50 gemessenen Patienten miteinander vergleicht, korreliert der pdi nicht signifikant mit der FRC, so dass nicht ohne weiteres gefolgert werden kann, dass beim Lungenemphysem die Zwerchfellfunktion vorwiegend vom intrathorakalen Lungenvolumen bei FRC abhängt. Man kann Vermutungen anstellen, dass andere Effekte eine Rolle spielen, beispielsweise der unterschiedlich ausgeprägte Umbau der Thoraxwand, so dass eine signifikante Korrelation zwischen pdi und FRC nicht mehr zustande kommt. Nicht der Zwerchfellmuskel selbst ist erkrankt, sondern die Lunge und sekundär die Thoraxwand [13]. Eine nennenswerte Korrelation der jetzt gemessenen Werte für pdi mit den Parametern aus der Lungenfunktion ergab sich lediglich für die Helium TLC; dies ist schwierig zu deuten.

Auffällig war bei den gemessenen Patienten außerdem ein verzögerter Anstieg der Druckkurve des pdi, wie er von Marazzini et al. [9] bei 6 Patienten im Rahmen einer Messung des Drucks im Ösophagus gegen Shutter quantifiziert worden war.

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pdi und Körperlage

Interessanterweise korrelieren die pdi-Werte für sitzende und liegende Position hochsignifikant. Offensichtlich ist die Zwerchfellfunktion zumindest bei Patienten mit Lungenemphysem nicht wesentlich von der Körperlage abhängig. Dieses Ergebnis ist zunächst überraschend, da man eigentlich im Liegen durch die Last des nach apikal drückenden Abdominalinhalts eine Verminderung des pdi erwarten würde. Möglicherweise wird die Liegeposition als Ruhelage des Körpers jedoch durch den Bau des Zwerchfells und insbesondere die Anordnung der langen Muskelfasern funktionell begünstigt.

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pdi und der Einfluss des Drucks im Magen

Die Messung des transdiaphragmalen Drucks ist sicher eine wichtige Methode zur Beurteilung der Zwerchfellfunktion. Allerdings fällt auf, wie schon von Miller et al. [11] bei 64 Normalpatienten beobachtet, dass der Beitrag des Drucks im Magen zum transdiaphragmalen Druck im Schnupfversuch nur gering ist.

Intrathorakaler und infradiaphragmaler Druck spiegeln nicht nur die Zwerchfellmechanik wider, sondern stellen Integrale verschiedener Einflüsse dar.

Eine Kontraktion des Zwerchfells führt nur in soweit zu einer Druckerhöhung im Abdomen, als die Trägheit des Bauchinhalts und die Dehnbarkeit der Abdominalwand sowie gegebenenfalls die Kontraktion der Bauchmuskulatur überwunden werden müssen. Dazu kommt, dass beim Schnupf-Manöver nur eine geringe Volumenänderung erfolgt, also vorwiegend eine statische Funktion gemessen wird. Eine größere Druckänderung im Abdomen wäre erst zu erwarten, wenn das Zwerchfell in relevantem Ausmaß tiefer treten würde und damit die intraabdominellen Organe in Abhängigkeit von der Bauchdeckenspannung komprimiert bzw. verschiebt.

Der transdiaphragmale Druck korreliert dagegen sehr gut mit dem Druck im Ösophagus, so dass beim Schnupfversuch für die klinische Bewertung der Ösophagusdruck allein wahrscheinlich ausreichend wäre.

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pdi und andere Verfahren

Zur Beurteilung der globalen inspiratorischen Funktion wurde die Messung des Plmax erstmals 1730 herangezogen (zit. n. [4]). Zu einer routinemäßig eingesetzten Methode hat sich das Verfahren erst in neuerer Zeit entwickelt. In früheren Untersuchungen waren verminderte Werte für Plmax bei Patienten mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung gemessen worden [3] [4] [13].

Plmax war auch bei den jetzigen Messungen im Vergleich zu pdi mitgemessen worden, die Messwerte waren jedoch schwierig zu interpretieren, insbesondere bestand eine zu große Streubreite und auch keine Korrelation mit dem Druck im Ösophagus oder den lungenfunktionsanalytisch bestimmten Parametern. Ob daraus geschlossen werden kann, dass pdi zur Beurteilung der Zwerchfellfunktion besser geeignet ist als Plmax, kann nicht abschließend beurteilt werden.

Beide Methoden sind effortabhängig. Die Stärke von Plmax ist die Einfachheit der Durchführung, aber Plmax ist möglicherweise die weniger sichere Methode, da z. B. die Mundmuskulatur als zusätzlicher Einfluss auf den gemessenen Druck mitberücksichtigt werden muss. Obwohl Plmax eine maximale inspiratorische Anstrengung misst, lagen die Druckwerte für pdi höher. Die höheren Messwerte für pdi im Vergleich zu Plmax sind möglicherweise durch die unterschiedlichen Manöver erklärt. Hinzu kommt, dass der Ösophagusdruck im Verhältnis zum Munddruck um den elastischen Retraktionsdruck der Lunge vermindert ist.

Alternativ wurde über ein weniger aufwändiges Verfahren berichtet, bei dem über einen im Rachen liegenden Druckaufnehmer ein Schnupf-Druck registriert wurde [15]. Auch dabei wurden im Vergleich zum Schnupf-pdi relativ niedrige Druckwerte registriert. Ob dieses Verfahren angesichts der Lokalisation des Katheters im Bereich des Pharynx ebenso aussagekräftig ist wie eine Druckmessung via Magen und Ösophagus, muss vorläufig offen bleiben.

Die transdiaphragmale Druckmessung über Phrenikusstimulation hat sich beim Lungenemphysem als wenig aussagekräftig erwiesen [8], wahrscheinlich besteht eine zu große Diskrepanz im Kontraktionsablauf zwischen der natürlichen und der stimulierten Zwerchfellaktion.

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Praktische Aspekte

Aus theoretischer Sicht ist die Messung des pdi zur funktionellen Beurteilung des Organs Zwerchfell die beste Methode. Durch Verbesserung einiger technischer Aspekte ist jetzt ein Stand erreicht, auf dem die Methode als Routineverfahren eingesetzt werden kann.

Das Verfahren wurde von den Patienten in der Regel gut akzeptiert. Allerdings war die Untersuchung bei 14 % der Patienten überwiegend wegen Würgereizes nicht durchführbar. Wenn die Sonde geschluckt werden konnte, ließ sich in jedem Fall eine geeignete Messposition ermitteln.

Wie bei anderen Verfahren der pneumologischen Funktionsdiagnostik besteht auch bei der Messung des Schnupf-pdi eine Einschränkung bei zerebral limitierten Patienten, so dass bei zwei Patienten trotz guter Messposition eine Messung wegen fehlender Kooperationsfähigkeit nicht möglich war.

Angesichts des relativ steifen Katheters wäre als Komplikation eine Verletzung oder gar Perforation der Eingeweidewand beim Einführen denkbar. In der hier untersuchten Gruppe schwerkranker Patienten wurden aber keinerlei Komplikationen beobachtet, so dass die Invasivität der Methode bei sachgerechter Handhabung und entsprechender Erfahrung als gering anzusehen ist.

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Anwendungsmöglichkeiten

Die Untersuchung von Patienten mit Lungenemphysem wurde gewählt, weil bei der komplexen Indikationsstellung zur operativen Lungenvolumenreduktion auch von einer zu erwartenden Verbesserung der globalen Zwerchfellfunktion ausgegangen wurde.

Mit der vorliegenden Arbeit sollte als erster Schritt die Frage der Verlässlichkeit der Methode der transdiaphragmalen Druckmessung untersucht werden.

Soweit man den Stellenwert der Methode anhand der 50 gemessenen Patienten jetzt beurteilen kann, ist die transdiaphragmale Druckmessung im Sniff-Versuch beim Lungenemphysem durchaus aussagekräftig, allerdings nicht wesentlich mehr als die Registrierung des Druckes im Ösophagus allein. Dies liegt möglicherweise am Sniff-Manöver selbst, das nur bedingt die infradiaphragmalen Verhältnisse widerspiegelt. Die Verlässlichkeit der Methode war aufgrund der geringeren Streubreite besser als bei Plmax.

Die Messung des pdi hat sich bewährt, in einer zweiten Stufe müsste aber die Bedeutung für die Prognose der Patienten geprüft werden.

Die Messung des pdi allein ist natürlich nicht ausreichend zur funktionellen Beurteilung vor einer operativen Lungenvolumenreduktion. Sie sollte zur Gesamtbeurteilung mit geeigneten weiteren funktionellen Verfahren kombiniert werden, im Falle des Lungenemphysems mit Spiroergometrie und 6-Minuten-Gehstrecke. Ferner sollte im klinischen Alltag die Druckmessung idealerweise mit einem bildgebenden Verfahren kombiniert werden.

Mögliche weitere Anwendungen liegen im Bereich der Beatmungstherapie, bei der Verlaufskontrolle einer Zwerchfellparese, bei Erkrankungen mit chronischen Prozessen im Bereich der basalen Pleura, ferner bei der Abklärung einer im Liegen verstärkten Dyspnoe, bei der Beurteilung einer akuten glukokortikoidinduzierten Myopathie [12] [16], bei der Abklärung von anderweitig nicht zuordenbaren Beinödemen.

In der Schlafmedizin kommt vor allem die Abklärung von REM-assoziierten oder lageabhängigen Entsättigungen infrage, die möglicherweise gehäuft mit einer Schwäche des Zwerchfells einhergehen.

Zur Beurteilung der Atemarbeit wäre auch die Registrierung des pdi über eine längere Zeit bei Ruheatmung oder unter Belastung von Interesse. Eine weitere Anwendungsmöglichkeit ergibt sich möglicherweise für die Beurteilung der funktionellen Relevanz und damit des Krankheitswertes der Adipositas in frühen Stadien.

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Literatur

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  • 14 Teschler H. et al . Effect of surgical lung volume reduction on respiratory muscle function in pulmonary emphysema.  Eur Respir J. 1996;  9 1779-1784
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  • 16 Weiner P, Azgad Y, Weiner M. Inspiratory muscle training during treatment with corticosteroids in humans.  Chest. 1995;  107 1041-1044

Dr. M. A. Schulz

Klinik Schillerhöhe
Zentrum für Pneumologie und Thoraxchirurgie

70839 Gerlingen/Stuttgart

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Literatur

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Dr. M. A. Schulz

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70839 Gerlingen/Stuttgart

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Abb. 1 Transdiaphragmale Druckmessung, Messplatz.

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Abb. 2 (a) Transdiaphragmaler Druck [kPa]: Normalbefund. (b) Transdiaphragmaler Druck [kPa]: Patient mit Lungenemphysem.

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Abb. 3 Korrelation pdi [kPa] im Sitzen und Liegen.

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Abb. 4 Korrelation pdi [kPa] und maximaler Sniff-Druck im Ösophagus [kPa].