Handchir Mikrochir Plast Chir 2001; 33(5): 342-348
DOI: 10.1055/s-2001-17771
Originalarbeit

Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Der Einsatz elektrophysiologischer Verfahren bei der Diagnostik peripherer Nervenkompressionssyndrome

Electrophysiological Methods for Diagnosis of Entrapment Syndromes of Peripheral NervesOlivia Lenz1 , H. Fansa1 , W. Schneider1 , H. Feistner2
  • 1 Klinik für Plastische, Wiederherstellungs- und Handchirurgie (Direktor: o. Univ.-Prof. Dr. W. Schneider), Medizinische Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität, Magdeburg
  • 2 Klinik für Neurologie II (Direktor: o. Univ.-Prof. Dr. H.-J. Heinze), Medizinische Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität, Magdeburg
Further Information

Publication History

Publication Date:
12 October 2001 (online)

Zoom Image

Zusammenfassung

Die Diagnostik von Nervenkompressionssyndromen stützt sich neben der klinischen Untersuchung auf elektrophysiologische Methoden. Dazu gehören die Elektroneurografie mit der Bestimmung der motorischen und sensiblen Nervenleitgeschwindigkeiten und der distal motorischen Latenz sowie die Elektromyografie. Diese erlauben qualitative Aussagen über die Beschaffenheit der Nerven sowie die vom Nerv versorgte Muskulatur. Anfang des 20. Jahrhunderts sind jedoch weitere Ableitmethoden entwickelt worden, die es erlauben, das Ausmaß von Nervenläsionen und ihre Verläufe zu quantifizieren. Dank der Weiterentwicklung der Software können diese Untersuchungen heute unter Nutzung der kommerziellen EMG-Geräte durchgeführt werden.

So liefern sowohl das Makro-EMG als auch die „Motor-unit-estimation“ Aussagen über Größe und Anzahl aktivierbarer motorischer Einheiten eines Muskels. Das Makro-EMG wird über eine spezielle Nadel, mit der sich Einzelfaserpotenziale und Makropotenziale ableiten lassen, aufgezeichnet. Das Einzelfaserpotenzial dient in diesem Fall als Triggerpotenzial. Die „Motor-unit-estimation“ stellt zudem eine nichtinvasive Methode zur Schätzung der Anzahl motorischer Einheiten dar. Hierbei werden die Aktionspotenziale unterschiedlicher motorischer Einheiten registriert. Anschließend werden die Mediane der Amplituden und Flächen dieser als Reizantworten einzelner motorischer Einheiten festgelegten Potenziale bestimmt. Durch Division des maximalen Summenaktionspotenzials durch die entsprechenden Amplituden- und Flächenmediane kann dann der Schätzwert für die Anzahl der motorischen Einheiten berechnet werden. Es gelingt so, das Ausmaß einer Nerven- und somit Muskelschädigung auf der Grundlage der motorischen Einheit genauer nachzuweisen. Durch Veränderungen der abgeleiteten Parameter können postoperative Verläufe nach Nervendekompressionen besser eingeschätzt werden. Außerdem geben diese Verfahren auch bei Nervenrekonstruktion wichtige Informationen über den Regenerationsstatus. Bisher gehören diese Untersuchungstechniken noch nicht zur Routinediagnostik, sollten jedoch gerade hier ihren Platz neben den herkömmlichen Methoden einnehmen.

Summary

Apart from clinical findings, the diagnosis of compression syndromes of peripheral nerves is based on electrophysiological investigations. This includes the determination of nerve conduction velocities, distal motor latency and electromyography, which gives a qualitative indication of the condition of nerves and their related muscles. In the 1980s, new methods were developed for quantifying the diagnoses of nerve lesions and their recovery. Due to the development of new software, we can now carry out these investigations with commercial equipment. The macro-EMG and the motor-unit-estimation give information about the size and number of activated motor units of muscles. One needs a special needle which derives single-fibre- and macro-potentials for recording of the macro-EMG. The single-fibre-potential is used for triggering. The motor-unit-estimation represents a non-invasive method to determine the approximate number of motor units. Multiple point stimulation of the nerve is used to determine action potentials which are registered by surface electrodes. Afterwards, the medians of amplitudes and areas of motor unit action potential are defined and must be divided by the corresponding value of maximal compound muscle action potential for estimating motor units.

In this way, the extent of nerve damage can be determined exactly. Additionally, a post-operative follow-up is possible. Furthermore, these methods give information about regeneration processes after nerve damage and their recovery after reconstruction and transplantation. From our point of view, these methods should be included in investigation routinely.