Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-2001-17741
Epidurale Rückenmarkstimulation zur Behandlung der therapierefraktären Angina pectoris
Publication History
Publication Date:
28 April 2004 (online)
Der Artikel von Zobel et al. greift das klinisch wichtige Thema der Behandlung der therapierefraktären Angina pectoris mittels Rückenmarkstimulation auf [2]. Der Artikel ist sehr ausgewogen und fundiert. Aus Sicht des praktischen Anwenders sollten aber folgende Punkte vertieft werden:
1.) Eine Randomisierung der Patienten ist nicht möglich, da der Patient in der Regel es selbst spürt, wenn der Rückenmarkstimulator aktiviert wird. Bei einer Randomisierung - Implantation gegen konventionelle Therapie - kann deshalb ein Plazeboeffekt nicht ausgeschlossen werden.
2.) Die Ergebnisse der transmyokardialen Laserrevaskularisierung sind insbesondere bei Patienten mit eingeschränkter linksventrikulärer Ejektionsfraktion enttäuschend, da gehäuft eine Verschlechterung der Pumpleistung nach der Behandlung auftritt [1]. Deshalb erscheint gerade für die Gruppe der Patienten mit niedriger Ejektionsfraktion die Rückenmarkstimulation eine Alternative zu sein. Der Beweis dafür steht allerdings noch aus.
3.) Die in Frage kommenden Patienten sollten interdisziplinär (z. B. Schmerztherapeut), aber unter Federführung des Kardiologen betreut werden. Die Indikation zur Rückenmarkstimulation muss analog zu anderen Eingriffen zusammen mit dem Herzchirurgen gestellt werden. Die Implantation selbst erfolgt sinnvoller Weise unter Mithilfe der Anästhesisten und der Neurochirurgen.
4.) Meine eigene begrenzte Erfahrung bei fünf von uns betreuten Patienten ist, dass es auf der einen Seite Patienten gibt, die auf die Rückenmarkstimulation sehr gut ansprechen. Dagegen verspüren andere Patienten kaum einen positiven Effekt. Deshalb ist es m. E. wichtig zu versuchen, vor der endgültigen Implantation die Wirkung der Rückenmarkstimulation möglichst genau vorhersagen zu können.
5.) Der Artikel geht nicht auf die Möglichkeit ein, den Effekt der Rückenmarkstimulation vor geplanter Implantation zu testen, entweder mittels transkutaner Stimulation (TENS) oder nach Implantation der Rückenmarkelektrode und zunächst Anschluss an einen externen Stimulator. Dies ist auch unter Berücksichtigung der Kosten sinnvoll.
6.) Manche Patienten sind mit der externen Bedienung des Stimulators zur Kupierung eines Angina pectoris Anfalls überfordert. Eine Alternative ist starren Programmierung der Stimulationsfolge.
7.) Wie viele schwer chronisch Kranke mit einem implantiertem technischem Gerät (z. B. Defibrillator) bedürfen auch diese Patienten einer intensiven emotionalen Betreuung und manchmal enger Führung.
8.) Die Sachkosten für die Implantation des Rückenmarkstimulators liegen bei wenigstens 15000,- DM. Die Kostenerstattung ist derzeit noch nicht geklärt und im Einzelfall bürokratisch mühsam. Die Lebensdauer des Stimulators ist im Vergleich zu Herzschrittmachern kurz. Deshalb ist alle 2-3 Jahre mit einem Austausch zu rechnen.
9.) Bei diesen Kosten ist es unwahrscheinlich, dass der Hersteller oder eine neutrale Institution eine Mortalitätsstudie mit über 1000 Patienten über mehrere Jahre finanzieren wird.
Zobel und Mitautoren haben mehrfach auf die nicht geklärte Wirkungsweise der Rückenmarkstimulation hingewiesen. Gerade deshalb ist es unabdingbar, dass die Rückenmarkstimulation in naher Zukunft so gut evaluiert wird, dass eine hinreichend präzise Aussage zur Indikation und Wirksamkeit für jeden individuellen Patienten gemacht werden kann.
Literatur
- 1 Burkhoff D, Wesley M N, Resar J R, Lansing A M. Factors correlating with risk of mortality after transmyocardial revascularisation. J Am Coll Cardiol. 1999; 34 55-61
- 2 Zobel C, Diedrichs H, Deutsch H J, Schwinger R HG. Epidurale Rückenmarkstimulation zur Behandlung der therapierefraktären Angina pectoris. Dtsch Med Wschr. 2001; 126 180-183
Priv.-Doz. Dr. med. Günter Görge
Medizinische Klinik II, Klinikum Saarbrücken
Winterberg 1
66119 Saarbrücken
Email: g.gorge@mx.uni-saarland.de