Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2000; 35(4): 243-261
DOI: 10.1055/s-2000-10852-5
MINI-SYMPOSIUM
Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Musik in Anaesthesie und Schmerztherapie

R.  Spintge
  • Abt. Algesiologie und Interdisziplinäre Schmerztherapie, Krankenhaus für Sportverletzte Hellersen, Lüdenscheid
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Publication Date:
28 April 2004 (online)

 

Einleitung

In der Anästhesiologie ist die psychophysische Situation perioperativ gekennzeichnet von emotionalem Distress, Angst und oftmals Schmerzen [14] [20]. Die übliche pharmakologische Analgo-Sedierung findet ihre Grenzen dort, wo Medikamente per se unzureichend wirksam sind, oder so hoch dosiert werden müßten, daß die Kooperationsfähigkeit der Patienten zu stark eingeschränkt würde.

In der Schmerztherapie ist jeder chronische Schmerz ein den ganzen Menschen quälendes Phänomen.

Der psychophysische circulus vitiosus von Stress und Schmerz (Abb. [1]) gilt in beiden Situationen in gleichem Maße. Bewußte Wahrnehmung, Selbst(wert)gefühl und seelisches Befinden werden ebenso intensiv betroffen wie die neurovegetative Regulation des cardiovasculären Systems, humorale Regelungssysteme, motorische Steuerung, sensorische und sensible Informationsverarbeitung [6] [14] [12] [20].

Diese Ausgangssituation führte in unserem Hause zur Erprobung anderer als pharmakologischer Hilfsmittel, um den Patienten vor allem emotionale Unterstützung zukommen zu lassen. Es wurden optische, akustische und olfaktorische Reize erprobt. Klinisch bewährt hat sich sowohl in der Anaesthesie, wie auch in der Schmerztherapie der routinemäßige Einsatz einer „musikalischen” Angst- und Schmerzbekämpfung (Audioanxioalgolyse) [15].

Es zeigt sich in der routinemäßigen Anwendung bei inzwischen mehr als 120 000 Patienten, daß Musik als intensivstes emotionales Kommunikationsmittel für den Einsatz im Rahmen eines solchen Behandlungsansatzes prädestiniert ist (vgl. [1] [8] [16] [17].

Die moderne medico-functionale Musikwirkungsforschung hat verschiedene Angriffspunkte für sog. anxioalgolytische (angst- und schmerzlösende) Musik identifiziert (Abb. [2]). Insbesondere der musikalische Rhythmus zeigt sich als wirkungsvolles Strukturmerkmal.

Zwischen Musik und Heilkunde besteht eine uralte Partnerschaft. Solange es eine Heilkunde gibt, solange ist Musik ein integraler Bestandteil. Das älteste Zeugnis eines derartigen „funktionalen” Musikeinsatzes ist mehr als 10 000 Jahre alt. Es ist ein zur Heil-Zeremonien-Trommel umfunktionierter Mammut-Schädel, der in einer steinzeitlichen Siedlung in der heutigen Ukraine ausgegraben wurde. In den später folgenden Hochkulturen des Alten China, Ägyptens, im Zweistromland und erst recht in der Antike sind vielfältige Zeugnisse und Dokumente bildlicher und schriftlicher Art über eine Verwendung von Musik zu Heilzwecken überliefert (Übersicht bei [15]).

Literatur

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Prof. Dr. med. Ralph Spintge

Abt. Algesiologie und Interdisziplinäre Schmerztherapie

Krankenhaus für Sportverletzte Hellersen

Paulmannshöher Straße 17

58515 Lüdenscheid