GGP - Fachzeitschrift für Geriatrische und Gerontologische Pflege 2018; 02(02): 49
DOI: 10.1055/s-0044-101759
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Editorial

Ursula Kriesten
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
13. April 2018 (online)

Menschen mit Demenz werden häufig missverstanden und gesellschaftlich isoliert, sie werden oft nicht mehr als Person wahrgenommen.

Liebe Leserinnen und Leser der GGP,

stellen Sie sich vor, Ihr Denken, Ihr Erinnern, Ihre Orientierung und Ihr Verknüpfen von Denkinhalten verlieren sich. Zunehmend kennen Sie sich nicht mehr aus in Ihrer Wohnung, in Ihrem Viertel, in dieser Welt. Sie finden Ihren Haustürschlüssel im Kühlschrank und Sie nennen Ihre Enkelin Max. Sie rätseln, an welcher Erkrankung Sie leiden. Die Ausfallerscheinungen nehmen schleichend zu. Sie können Ihre alltäglichen Aktivitäten nicht mehr eigenständig durchführen und Sie und die Menschen in Ihrem Umfeld müssen akzeptieren, dass Ihnen die Diagnose „Demenz“ oder vielmehr „demenzielles Syndrom“ gestellt wird. Wir wissen heute: Die Demenz gibt es nicht, sondern diagnostiziert wird eine ganze Reihe von unterschiedlichen Demenzformen unterschiedlicher Genese.

Nahe Angehörige und auch Außenstehende tun sich vielfach schwer im Umgang mit Menschen mit Demenz und deren Verhalten. Emotionen, wie Freude oder Trauer, sind in den Gesichtern von Demenzbetroffenen häufig nicht mehr erkennbar. Als Folge davon werden diese Menschen häufig missverstanden und gesellschaftlich isoliert, sie werden oft nicht mehr als Person wahrgenommen.

Mit steigendem Alter wächst das Risiko, an einer Demenz zu erkranken. Aktuell sind weltweit mehr als 45 Millionen Menschen an Demenz erkrankt. Experten zufolge soll sich diese Zahl bis 2050 verdreifachen. Gleichsam erscheinen jedes Jahr tausende wissenschaftliche Beiträge zum Krankheitsbild Demenz in meist englischsprachigen Fachzeitschriften. Die Forschungsergebnisse kommen aber aus unterschiedlichen Gründen, beispielsweise wegen des schwierigen Zugangs oder mangelnder Zeit, die Texte zu lesen, nur unzureichend in der Pflegepraxis an.

Ihre neue GGP nimmt sich im CNE Schwerpunkt aus dem Themenbereich „Demenz“ gleich drei Aspekte vor. So beschreibt Zemke die Abgrenzung der Erkrankungen Demenz, Delir und Depression untereinander sowie deren Herausforderungen. Gust befasst sich mit dem Schlaf sowie dem Schlaf-Wach-Rhythmus und Kummerfeld skizziert Verhaltens- und Kommunikationsstrategien bei Menschen mit Demenz.

Menschen mit Demenz als Mitglieder unserer Gesellschaft zu akzeptieren, ihre Bedürfnisse wahrzunehmen und ihnen eine vermehrte Teilnahme am täglichen Leben zu ermöglichen, fordert von uns allen eine geschärfte Wahrnehmung und Sensibilität. Menschen mit Demenz können unser Leben, insbesondere in der Öffentlichkeit, bereichern. Sie erfordern unsere Achtsamkeit, unsere Verpflichtung zum gegenseitigen Kümmern, zum Akzeptieren des „Person-seins“ und „Person-bleibens“.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine interessante und bereichernde Lektüre.

Ihre

Dr. Ursula Kriesten