VPT Magazin 2023; 09(04): 12-13
DOI: 10.1055/s-0043-1772720
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Für Generalist*innen und Spezialist*innen: Über die Perspektiven in der Physiotherapie

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Wenn wir von der Physiotherapie sprechen, dann ist die Rede von einem reglementierten Beruf. Diesen erkennt man daran, dass Berufszugang und Berufsausübung durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften an den Nachweis einer bestimmten Qualifikation gebunden sind oder die Berufsbezeichnung gesetzlich geschützt ist.

Seit der Harmonisierung des deutschen und europäischen Rechts gelten alte berufsständische Regelungen, wie bspw. die Verpflichtung, vor dem Gang in die Selbstständigkeit mindestens 2 Jahre im Angestelltenverhältnis zu arbeiten, nicht mehr. Auch wenn das Masseur- und Physiotherapeutengesetz vom 26. Mai 1994 – inklusive der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung vom 06.12.1994 – längst an die neuen Rahmenbedingungen angepasst und aktualisiert sein müssen, so regelten sie doch die Standards für Ausbildung, Prüfung, Erlaubnis, Zuständigkeit und die Übergangsvorschriften für die physiotherapeutischen Berufe.

Einsatzgebiete als Physio:

Praktisch können die Berufe der Physiotherapie heute in fast allen medizinischen Bereichen Einsatz finden: von der Orthopädie, Chirurgie, Neurologie, Inneren Medizin, Pädiatrie, Geriatrie, Gynäkologie, Psychiatrie, Onkologie bis hin zur Palliativmedizin.

Ein breites Spektrum an Möglichkeiten der Leistungsabgabe stellt sich dar. Und natürlich können die physiotherapeutischen Berufe (PT-Berufe) sich auch in die Tiefe spezialisieren. Dies erfolgt über Weiterbildungen wie bspw. die KG ZNS für Erwachsene oder Kinder.

In der Praxis bedeutet dies, dass der Durchstieg von Generalist*innen zu Spezialist*innen gegeben ist. Auch der Durchstieg von Masseur*innen und medizinischen Bademeister*innen zu Physiotherapeut*innen ist möglich. In der Fülle an Auswahlmöglichkeiten für Ausbildung und Beschäftigungsverhältnis zeigen sich ebenfalls die vielfältigen Perspektiven für Therapeut*innen:

Vielfältige Perspektiven für PT-Berufe:

  • Angestellt, selbstständig oder in freier Mitarbeit tätig

  • Angestellt im öffentlichen Dienst und/oder in einer Einrichtung oder in einer PT-Praxis

  • Selbstständig ohne oder mit Angestellten

  • Tätig in einer Stadt oder im ländlichen Raum

  • Ausbildung und/oder Studium, um an Patienten*innen tätig zu sein und/oder die Versorgung der Patient*innen zu erforschen

  • Physiotherapeut*in mit Spezialisierungen und/oder Physiotherapeut*in mit Komplementären wie Osteopathie und/oder Heilpraktiker-Wissen

Physiotherapie studieren:

Die beschriebene Vielschichtigkeit wird aktuell ergänzt durch primärqualifizierende Studiengänge, die von Hochschule zu Hochschule variieren können, auch wenn das Studium inhaltlich ähnlich ist. Egal ob ein Studium an einer Universität oder Fach-/Hochschule angestrebt wird oder ob der Bachelor und Master im Fernstudium bzw. im Rahmen eines dualen Studiums erworben werden soll – das Studium erweitert den Horizont:

  • Auf- und Ausbau einer reflektierten physiotherapeutischen Arbeit an Patient*innen

  • Selbstorganisierte Zusammenarbeit mit multiprofessionellen Teams

  • Fachbezogenes Case- und/oder Projektmanagement

  • Wissenschaftliche Reflexion und Ausbau des professionellen Handelns

So stehen Absolvent*innen die Möglichkeiten einer Promotion und des Erwerbes eines Lehrstuhles offen.

Wie hatte Gesundheitsminister Prof. Lauterbach auf dem vergangenem SHV-Therapiegipfel in Berlin 2022 deutlich zum Ausdruck gebracht: Die Therapieberufe dürfen das Erstellen von Studien nicht den „Anderen“ überlassen. Sie müssen selbst Studien erstellen und Fremdstudien in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung lesen und bewerten können. Die Vielfalt des Einsatzes für Physiotherapeut*innen wird erhöht, werden die Chancen der Prävention genutzt.

Egal ob sich die Motivation aus dem demografischen Wandel (bspw. Sturzprophylaxe) oder aus dem Wunsch nach Aktivierung der Patient*innen (bspw. im Rahmen der Rückdrängung der Volkskrankheit Diabetes) ableiten lässt: Physiotherapie ist aus unserem Alltag nicht wegzudenken.

Bei der Wahl des Arbeitsplatzes bieten sich ebenso unzählige Möglichkeiten:

  • Praxen für PT (angestellt oder selbstständig)

  • Kliniken mit PT-Abteilung

  • Kur- und Rehabilitationseinrichtungen

  • Kinder- und Jugendeinrichtungen

  • Senioreneinrichtungen

  • Hospize

  • Sport-, Fitness- und Wellnesszentren

  • Träger der Sozialversicherung

  • Ausbildungs- und Fortbildungseinrichtungen

  • Forschungseinrichtungen

Natürlich darf das Thema Fachkräftemangel nicht unerwähnt bleiben. Allein die Schuld in der jahrelangen Bindung möglicher Vergütungssteigerungen mit der Entwicklung der Grundlohnsumme begründen zu wollen, wäre zu kurz gegriffen. Schließlich trifft der Fachkräftemangel von 801 Berufsgruppen schon 352, was laut Bundeswirtschaftsministerium ca. 44 Prozent entspricht. Natürlich spielen die Vergütungen eine Rolle. Hier lassen sich wichtige Merkmale herausarbeiten. Eine höhere Vergütung als im Landesdurchschnitt angegeben, kann bei Beachtung der Faktoren – Unternehmensgröße, Berufserfahrung und Weiterbildungsniveau sowie Bundesland – angestrebt werden.

Sicher ist: Es muss noch viel getan werden, um die physiotherapeutischen Berufe attraktiver zu gestalten und die Berufsflucht zu stoppen. Gleichwohl bietet kaum ein Berufsbild die Möglichkeiten zu so einer individuellen Entwicklung.

Also lassen Sie uns positiv bleiben! Denn Fakt ist auch, dass Physiotherapeut*innen, Masseur*innen und medizinische Bademeister*innen tagtäglich Menschen dabei unterstützen, gesund zu werden und gesund zu bleiben. Diese sinnstiftende und schöne Tätigkeit gilt es nun, nachhaltig dem Nachwuchs zu vermitteln.

Dipl.-Kfm. Toralf J. Beier
Geschäftsführer VPT Mitte

Egal, welchen Ausbildungsweg Sie einschlagen, und egal, wohin Sie die Reise in den PT-Beruf führt – der VPT berät Sie bei allen Schritten. Wir sind in sieben Landesgruppen für Sie da und unterstützen Sie gern beim Jobstart. Die Kontaktadressen und Ansprechpartner*innen der VPT-Landesgruppen und Bezirksstellen finden Sie auf unserer Website ► www.vpt.de/Landesgruppen



Publication History

Article published online:
08 September 2023

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