CC BY-NC-ND 4.0 · Klin Monbl Augenheilkd 2019; 236(07): 922-928
DOI: 10.1055/s-0043-123880
Offene Korrespondenz
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

„Erfahrungsmedizin“ zwischen Wissenschaft und Okkultismus – eine Kontroverse um die Irisdiagnostik 1925 – 1950

“Experience Medicine” Between Science and Occultism – a Controversy About Iridology 1925 – 1950
Jens Martin Rohrbach
1   Department für Augenheilkunde, Forschungsbereich Geschichte der Augenheilkunde/Ophthalmopathologisches Labor, Eberhard-Karls-Universität Tübingen
,
Christoph Kernstock
2   Universitäts-Augenklinik, Eberhard-Karls-Universität Tübingen
,
Conka Ilieva Tekeva-Rohrbach
3   Standort Hechingen, Augenzentrum Tuttlingen
,
Spyridon Dimopoulos
2   Universitäts-Augenklinik, Eberhard-Karls-Universität Tübingen
› Author Affiliations
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Prof. Dr. Jens Martin Rohrbach
Department für Augenheilkunde, Forschungsbereich Geschichte der Augenheilkunde/Ophthalmopathologisches Labor
Eberhard-Karls-Universität Tübingen
Elfriede-Aulhorn-Str. 7
72076 Tübingen
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Fax: + 49 (0) 70 71 29 47 62   

Publication History

eingereicht 26 September 2017

akzeptiert 06 October 2017

Publication Date:
22 January 2019 (online)

 

„Das sind die Weisen, die durch Irrtum zur Wahrheit reisen. Die bei dem Irrtum verharren, das sind die Narren.“

(Friedrich Rückert [1788 – 1866]. Das Zitat wurde von Gustav Schleich für seinen Artikel von 1925 „Nochmals die Augendiagnose“ verwendet [1].)

Die Irisdiagnostik („Augendiagnostik“, „Iridologie“) erfreut sich auch im 21. Jahrhundert noch lebhaftesten Zuspruchs. Die Zahl der Anwender – zumeist Heilpraktiker – dürfte in Deutschland in die Tausende gehen. Der Fachverband Deutscher Heilpraktiker e. V. schreibt auf seiner Homepage: „Die Augendiagnose gewährt einen tiefen Einblick in die normalerweise verborgenen Bereiche der individuellen Erbanlagen. Sie zeigt die anlagebedingten Schwächen eines Menschen, seine genetisch geprägten und familiären Krankheitsneigungen (Konstitution)“. Das „Felke-Institut“ bewertet die Iridologie als „konkurrenzlos effektive Analysemethode“. Die Paracelsus-Heilpraktikerschulen führen auf ihrem Internetauftritt aus: „Mit der Augen- und Irisdiagnose lässt sich aus Farbe, Dichtigkeit und mannigfaltigen Zeichen der Regenbogenhaut der körperliche und geistige Zustand eines Menschen feststellen. […] Oftmals kann der Praktiker durch eine gute Augendiagnose (dauert bis zu einer Stunde) auf Ursachen stoßen, die ursächlich für das allergo-pathologische Geschehen sind: vielleicht ist es eine Fokaltoxikose, eine Dysbiosis intestinalis, ein ‚Psycho-Syndrom‘, eine Phobie, eine ‚schlechte Entgiftung‘ über die physiologischen Bahnen und Wege des Körpers, ein Zusammenwirken von ‚schlechter Ernährung‘ und ‚schlechter Ausscheidung‘, eine Verschiebung des ‚Säure-Basen-Haushaltes‘, oder sogar ganz spezifisch: eine organische oder funktionelle Dysfunktion bestimmter Organe. […] Zum Schluss sei anzuführen, dass die Iridologie (Irisdiagnose, Augendiagnose) in Ländern wie z. B. Amerika, Australien, Deutschland und Russland, wo sie sogar von der klassischen Medizin zur Kenntnis genommen wird, gelehrt und weiter erforscht wird. Die ‚moderne‘ Schulmedizin wird nicht daran vorbeikommen, dieses Diagnoseverfahren anzuerkennen und anzunehmen“.

Wir schreiben das Jahr 2017! Kurz angemerkt sei an dieser Stelle, dass der Begriff „Schulmedizin“ aus dem Mittelalter stammt und mit ihm ab 1850 vor allem von den Homöopathen Kritik an einer stagnierenden, unflexiblen und verschulten Medizinerausbildung ausgeübt wurde. Die heutige Medizin ist aber eben nicht mehr „verschult“ sondern „wissenschaftlich“, vielleicht besser „wissenschaftsorientiert“, indem sie sich auf der Suche nach besserer Diagnostik und Therapie ständig selbstkritisch hinterfragt, ggf. revidiert und so, im Sinne von Friedrich Rückert, (hoffentlich) „weise“ wird [2]. „Schulmedizin“ wird in diesem Sinne eher durch alternative Richtungen wie etwa Homöopathie und Iridologie mit ihren seit vielen Jahrzehnten fixierten Gedankengebäuden, an denen trotz allen Fortschritts und aller vorgetragenen Zweifel nicht gerüttelt wird, repräsentiert.

Die Struktur der Iris ist wie ein Fingerabdruck höchst individuell und kann deshalb als biometrisches Kriterium sehr gut herangezogen werden. Augenärzten ist geläufig, dass krankhafte Veränderungen der Iris auf Systemerkrankungen hindeuten, seien es nun, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, die Brushfield-Spots (Trisomie 21), die Koeppe- (Sarkoidose) oder Lisch-Knötchen (Neurofibromatose, Typ 1), die Aniridie (Schlafstörungen, Übergewichtigkeit [3]), die Rubeosis iridis (Diabetes mellitus, okuläres Ischämiesyndrom bei Carotisstenose) oder die Metastasen (Primärtumor). Erste Überprüfungen der Irisdiagnostik durch Ärzte, die zu negativen Ergebnissen führten, reichen Jahrzehnte zurück [4], [5]. So fand man auch bei verletzten Soldaten des Ersten Weltkriegs keine Veränderungen an den Irides [5]. Es gibt bis heute keinerlei hinreichende Belege dafür, dass man aus einer normalen Iris, selbst wenn sie Nävi oder „Freckles“ oder besondere Krypten aufweisen sollte, Rückschlüsse auf Systemerkrankungen oder „Konstitution“ ziehen könnte. Wissenschaftliche Studien zur Frage, ob sich systemische Erkrankungen wie Nieren- und Gallenblasenleiden oder Tumoren an der Iris offenbaren, lieferten für die Irisdiagnostik geradezu katastrophale Ergebnisse. Die richtig positiven Ergebnisse entsprachen der Ratewahrscheinlichkeit [6], [7], [8], [9]. Es gilt im Wesentlichen bis auf den heutigen Tag, was 1935 in einem Vorwort wie folgt beschrieben wurde: „Die Irisdiagnostik ist nicht eine spekulativ begründete, sondern rein auf Erfahrungsfeststellungen beruhende Methode. Sie ist bisher auch nur in geringem Umfange in einer Weise nachgeprüft worden, die nach den geltenden Begriffen als ‚wissenschaftlich exakt‘ bezeichnet werden könnte. Eine solche Nachprüfung ist auch nicht nötig, weil diese diagnostische Methode den Beweis der Richtigkeit in sich selbst trägt“ [10]. Die Iridologen berufen sich vor allem auf Lang („anatomische Grundlagen“ der Irisdiagnostik), der die „Iriszeichen“ als „Sympathicuszeichen“ interpretierte, aber, wie er selbst feststellte, über Hypothesen nicht hinaus kam [11], sowie Vida und Deck (640 Krankenblatt-Iriszeichen-Korrelationen) [12], deren durchaus eindrucksvolle Fotos allerdings unter unterschiedlicher Belichtung und unterschiedlicher Pupillenweite leiden [13]. Auch wenn aus den Beobachtungen falsche Schlüsse gezogen wurden, war das Werk von Vida und Deck immerhin ein Versuch, die Irisdiagnostik an einer großen Zahl von Patienten wissenschaftlich zu überprüfen. Begründet wird die Irisdiagnostik nach wie vor damit, dass bestimmte Areale der Regenbogenhaut („Organfelder“) mit jeweils ganz unterschiedlichen Teilen des menschlichen Körpers „nerval verkabelt“ sind [11], [14], [15], [16], [17] ([Abb. 1]). Der Anatom Johannes Rohen konnte diese These allerdings nicht nachvollziehen [18]. Bis heute agieren die Irisdiagnostiker ohne morphologische und physiologische Evidenz.

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Abb. 1 Projektion des menschlichen Körpers auf die Irides. Die Iridologen gehen davon aus, dass die rechte Körperhälfte in der rechten, und die linke Körperhälfte in der linken Iris repräsentiert ist. Ebenso soll der obere Körper in der oberen und der untere Körper in der unteren Iris abgebildet werden. Aus [14].

Auch wenn die Irisdiagnostik wahrscheinlich schon bis weit zurück ins Mittelalter, ja in die Zeit vor Christi Geburt zurückreicht, wird als ihr Begründer Ignaz von Péczely (1826 – 1911) aus Budapest angesehen [5], [12], [13], [14], [15], [19], [20] ([Abb. 2]). Dieser soll als 11-jähriges Kind bei der Abwehr einer Eule dem Vogel ein Bein gebrochen und gleich danach eine Irisveränderung beobachtet haben. Sehr wahrscheinlich handelte es sich bei dem gesichteten „Balken“ nur um die schlitzförmige Pupille der Eule [20]. Die Berichte über von Péczelys Begegnung mit der Eule variieren etwas [12], [19]. Von Péczely, der später in Wien einige Semester Medizin studierte und, ohne Examen gemacht zu haben, promovieren konnte [20], schloss daraus, dass körperliche Veränderungen an der Regenbogenhaut sichtbar werden, umgekehrt dann auch Irisveränderungen auf körperliche Abweichungen vom Normalzustand hindeuten können. Nach der kurzen Publikation von 1881 „Entdeckung auf dem Gebiete der Natur- und Heilkunde. Die chronischen Krankheiten. Anleitung zum Studium der Diagnose aus dem Auge“ fand von Péczelys Lehre im ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert eine zunehmend größere Anhängerschaft nicht nur unter Naturheilkundlern und Heilpraktikern wie Magdalene Madaus (1857 – 1925), der Mutter des Mitbegründers der pharmazeutischen Madaus-Werke, sondern auch unter Ärzten und Augenärzten [10], [12], [14], [15], [16], [17], [19]. In Deutschland war es der wegen der Verordnung von Lehmpackungen und Lehmbädern als „Lehmpastor“ bekannt gewordene, naturheilkundlich orientierte Emanuel Felke (1856 – 1926), der die Irisdiagnostik als einer der Ersten propagierte. Felke musste seine „Kunst“ 1909 einem Gericht in Krefeld – es ging um die Frage, ob Blinddarm- und Lebererkrankungen an der Iris sichtbar werden – im Beisein von Medizinern „live“ vorführen („Felke-Prozess“) und scheiterte kläglich. Ein Prozessbeobachter schrieb „Was Felke leistete war bodenlos falsch und unsinnig“ [12]. Felke selbst soll im Rahmen des Prozesses geäußert haben: „Wenn ich unter 20 Fällen in 19 Fällen Fehldiagnosen stelle, ist mein Glaube an die Richtigkeit der Augendiagnose nicht erschüttert“ [4]. Dem ist nicht viel hinzuzufügen. Obwohl ihm der Tod seines Patienten angelastet und die Irisdiagnostik als untauglich bewertet wurde, wurde Felke freigesprochen, da er nach Ansicht des Gerichts nicht fahrlässig und „in gutem Glauben“ gehandelt hatte [20]. Auch in Schweden setzte sich mit Nils Liljequist (1851 – 1936) relativ zeitgleich wie von Péczely ein Pastor für die Augendiagnostik ein. Bezüglich der „Organfelder“ an der Iris entwickelte sich keine einheitliche Lesart [21] ([Abb. 3]). Heute gibt es (mindestens) 19 verschiedene Systeme, die alle als „richtig“ angesehen werden, obwohl sie bei den „Organfeldern“ und den farblichen Irisveränderungen z. T. deutlich widersprüchlich sind [5], [13], [20]. Allein das belegt die Absurdität dieser Diagnostik. Meist werden aus der Iris sehr zahlreiche Erkrankungen und Dispositionen „abgelesen“. Es nimmt dann selbstverständlich nicht Wunder, wenn einige Diagnosen tatsächlich richtig sind. Paul Adolf Jaensch (1891 – 1961) brachte das so auf den Punkt: „Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen. Wirf mit einer Menge Diagnosen um dich, fasse dich möglichst verwaschen, so wird schon die eine oder andere Augendiagnose zutreffen“ [5]. Liljequist brachte es bei einem Patienten auf 36 Irisdiagnosen [20].

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Abb. 2 Ignaz von Péczely. Aus [15].
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Abb. 3 „Magentafel“. Die Iridologen weisen bestimmten Irisarealen bestimmte Störungen, hier des Magens und der oberen Speisewege, zu. Neben dem „Original“ von Ignaz von Péczely sind die Varianten nach Liljestrand und Peter Johannes Thiel (1861 – 1948) abgebildet. Thiel war Volksschullehrer und „Heilpädagoge“ in Elberfeld. Aus [21].

Bis weit in die Mitte des 20. Jahrhunderts hinein rangierte die Irisdiagnostik zwischen (vermeintlich) wissenschaftlicher Medizin und Paramedizin. Sie blieb naturgemäß nicht ohne Widerspruch seitens der Mediziner und Ophthalmologen [5], [13], [22]. Die wahrscheinlich schärfsten und geistreichsten Kritiken wurden von dem Hamburger Augenarzt Siegfried Seligmann (1870 – 1926) und Fritz Salzer (1867 – ca. 1952), außerordentlicher Professor für Augenheilkunde in München, formuliert. Beide waren Gutachter im „Felke-Prozess“. Seligmann sah die Irisdiagnostik in der Tradition des „bösen Blicks“ und meinte, kein Blatt vor den Mund nehmend, zu den „Organfeldern“: „Man weiß bei dieser Beschreibung wirklich nicht, worüber man sich mehr wundern soll, über die gänzliche Unkenntnis der Anatomie der Regenbogenhaut und den absoluten Mangel an jeder Beobachtung, oder über die dreiste Unverschämtheit, mit welcher derartige Phantasien geisteskranker Idioten dem Publikum als anerkannte Tatsachen serviert werden“ [20]. Salzer, der sich u. a. mit der Möglichkeit eines Einflusses von Astrologie, Suggestion und Telepathie auf die Irisdiagnostik auseinandersetzte, stellte nüchtern fest: „Ich gebe mich nun nicht der Hoffnung hin, die Anhänger der Augendiagnose, von denen ein sehr großer Teil durch starke wirtschaftliche Interessen mit der Sache verbunden ist, bekehren zu können. Aber die ausgedehnte schriftstellerische Tätigkeit der ärztefeindlichen Kurpfuschereiorganisationen hat im Verein mit den Produkten gutgläubiger Phantasten eine solche Begriffsverwirrung geschaffen, dass der aufklärungsbedürftige Laie sich in dem Meer von Behauptungen und Suggestionen aller Art nicht mehr zurechtfinden kann. […] Die Geheimnisse des Kosmos, die Weisheit der Veden, die Gedankenwelt großer Philosophen und Dichter, besonders Goethes, werden als Hilfstruppen requiriert und so der Kern der Sache verschleiert“ [4].

Überhaupt war insbesondere die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts von scharfen Gegensätzen zwischen Medizin und „Paramedizin“ geprägt, die in der von 1903 bis 1934 bestehenden „Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung des Kurpfuschertums“ (DGBK) ihren sichtbarsten Ausdruck fanden. Die DGBK unternahm 1929 sogar einen Vorstoß bei der Legislative, um einen (in Preußen bis 1869 bestehenden) „Kurpfuscherei-Paragraphen“ in das Strafgesetzbuch aufnehmen zu lassen [23]. Die Initiative blieb im Wesentlichen erfolglos. Der Disput zur Irisdiagnostik wurde seinerzeit auch in den Zeitungen mit großer Schärfe ausgetragen. Hierüber soll mit einigen originalen Zeitungsausschnitten berichtet werden.

Im Rahmen des Umzugs der Tübinger Augenklinik in den Neubau fiel JMR ein verstaubter, höchstwahrscheinlich seit Jahrzehnten in Vergessenheit geratener Ordner mit Dokumenten in die Hände. Der Ordner wurde von Wolfgang Stock (1874 – 1956, Direktor der Universitäts-Augenklinik Tübingen 1921 – 1952) angelegt. Stock, der stark morphologisch orientiert war [24], wollte sehr wahrscheinlich dem in Tübingen zunächst als „praktischer Arzt“, später als „praktischer Arzt und Augenarzt“ tätigen Emil Schlegel (1852 – 1934) entgegentreten, der bereits 1887 in einem öffentlichen Vortrag in Reutlingen für die Irisdiagnostik nach von Péczely geworben hatte ([Abb. 4]), sich aber auch intensiv mit der Homöopathie befasste [19], [25]. Anlass für Stock, sich intensiver mit der Alternativmedizin zu beschäftigen, dürfte ein Patient mit Aderhautmelanom gewesen sein, der von Schlegel „hom.“ (homöopathisch) behandelt worden war ([Abb. 5]). Im Übrigen war die Homöopathie seinerzeit so etwas wie die „Amme der Iridologie“ [4].

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Abb. 4 Titelblatt eines veröffentlichten Vortrags von Emil Schlegel über die Irisdiagnostik, 1887 [19].
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Abb. 5 Briefumschlag aus der Universitäts-Augenklinik Tübingen, 1925. Der Patient hatte ein Aderhautmelanom, das von Emil Schlegel – Unterstreichung des Namens wahrscheinlich durch Stock – mittels Homöopathie behandelt wurde. Der Nachname wurde geschwärzt. Das Auge wurde Ende 1925 enukleiert (Ordner Stock).

Der mit „Irisdiagnose“ gekennzeichnete Ordner, dem einige Unterlagen zu anderen alternativen Heilverfahren wie Homöopathie, Elektrotherapie und Augentherapie nach Bates beigefügt wurden, enthält Dokumente aus den Jahren 1925 bis 1950. Es finden sich darunter kurze Briefwechsel, so z. B. das Angebot eines Mannes aus Berlin, sich quasi als „Nachfolger der Eule“ einen Arm brechen und dabei seine Irides filmen zu lassen. Daneben liegen ein Gutachten Stocks vom 11.11.1928 für einen Rechtsstreit vor dem Amtsgericht in Boxberg/Baden, in dem es um die Bezahlung einer Ausbildung in Irisdiagnostik ging, sowie kleinere Beiträge Emil Schlegels vor. Den größten Teil des Ordners nehmen von Stock meist mit Farbstiften markierte Zeitungsausschnitte ein, in denen sowohl pro ([Abb. 6] und [7]) als auch contra Irisdiagnostik ([Abb. 8], [Abb. 9], [10]) argumentiert wurde. Den Unterlagen ist zu entnehmen, dass Wolfgang Stock ebenso wie sein Vorgänger im Amt Gustav Schleich (1851 – 1928) [1] sowie der Schleich-Schüler und Erstbeschreiber des kornealen Rings bei Morbus Wilson Bernhard Kayser (1869 – 1954) weit über die Grenzen Württembergs hinaus als Kritiker der Irisdiagnostik bekannt und anerkannt waren ([Abb. 9] und [10]). Da sich in der Bibliothek der Universitäts-Augenklinik Tübingen zahlreiche Bücher von Augendiagnostikern finden, darf angenommen werden, dass sich Stock durchaus auch mit der Sicht der „Gegenseite“ auseinandersetzte. Sehr wahrscheinlich war er der Initiator einer Studie, die 1928 in Geislingen mit dem „Magnetopathen“ Kiep aus Ulm, der bis 1921 Postbote gewesen war, durchgeführt wurde ([Abb. 11] und [12]). Der aufgefundene Ordner belegt, dass sich Wolfgang Stock während seiner gesamten Amtszeit als Lehrstuhlinhaber in Tübingen vielfältigen Angriffen von Irisdiagnostikern ausgesetzt sah, er aber Unterstützung von Kollegen hatte und er bis zuletzt unbeirrt blieb. Auch Lang hob im Vorwort seiner Monografie hervor, dass sich Stock abfällig über die Irisdiagnostik geäußert habe [11]. Der Erlanger Lehrstuhlinhaber Eugen Schreck (1911 – 1993) erwähnte, dass sowohl der Königsberger Ordinarius Arthur Birch-Hirschfeld (1871 – 1945) als auch Wolfgang Stock große Serien von Irisfotografien angelegt hatten, um im Falle einer Systemerkrankung nach Irisveränderungen suchen und einen Vergleich anstellen zu können [13]. Stocks Irisfotografien sind leider verloren gegangen.

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Abb. 6 Zeitungsausschnitt „pro Augendiagnose“ mit Angriff auf Wolfgang Stock, Esslinger Zeitung vom 12. Mai 1927. Als erfolgreicher Irisdiagnostiker wird u. a. Emil Schlegel erwähnt (Ordner Stock).
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Abb. 7 Zeitungsausschnitt aus „Der eigene Weg“ Nr. 70/71 vom Mai 1927. Der Beitrag eines Augendiagnostik-Befürworters „Sie haben Augen und sehen nicht“ richtete sich gegen die „Schulmediziner“ und insbesondere gegen den „nicht maßgebenden“ Wolfgang Stock. Die in den letzten beiden Absätzen erwähnten Begriffe „Geschäftsneid“, „materialistische Widersacher“ und „brutaler Broterwerbskampf“ zeigen, dass es in den wirtschaftlich kritischen Jahren der Weimarer Republik nicht nur um sinnvolle Diagnostik, sondern auch um die Generierung von Einnahmen ging (Ordner Stock).
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Abb. 8 Ausschnitt aus einer in Calw/Schwarzwald erschienenen Zeitung vom März 1925. Der Verfasser, sehr wahrscheinlich ein Arzt, wandte sich entschieden gegen jegliche Form der Kurpfuscherei (Ordner Stock).
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Abb. 9 Zeitungsbeitrag Bernhard Kaysers „contra Irisdiagnostik“, Weser-Zeitung vom 28. Oktober 1925. Aus dem Umstand, dass der Aufsatz in Bremen erschien, kann gefolgert werden, dass die Tübinger Klinik, der Kayser bis 1901 angehört hatte und der er auch als Niedergelassener in Stuttgart verbunden blieb, einen nationalen Ruf als „Anti-Irisdiagnostik-Institution“ besaß (Ordner Stock).
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Abb. 10 Mitteilung der Ärzteschaft des Kreises Heilbronn zur Augendiagnose, „Heilbronner Stimme“ vom 26. Mai 1950. Wie zu entnehmen, wandte sich auch der Stock-Schüler und spätere Ordinarius in Marburg, Wolfgang Straub (1920 – 1993), gegen die Iridologie (Ordner Stock).
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Abb. 11 Brief eines Augenarztes aus Eisenach an Wolfgang Stock vom September 1931 (Name geschwärzt). Auch dieser Brief belegt, dass Stock einen nationalen Ruf als „Anti-Iridologe“ genoss und er entsprechende Versuche angestellt hatte (siehe auch [Abb. 12]). „Wenigstens bei denen, die sich belehren lassen wollen“ klang nicht gerade optimistisch. Leider ist die Antwort Stocks nicht erhalten. Zumindest in den „Klinischen Monatsblättern“, deren Mitherausgeber er war, hat Stock zwischen 1921 und 1935 keine Originalie zur Irisdiagnostik veröffentlicht (Ordner Stock).
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Abb. 12 Obere Hälfte des Protokolls einer sehr wahrscheinlich von Wolfgang Stock initiierten „Vorführung“ in Geislingen. Der „Magnetopath“ Kiep aus Ulm untersuchte am 17. März 1928 insgesamt 14 Patienten. Wie handschriftliche Ergänzungen (Stocks) am Ende des Protokolls nahelegen, wurden Körper und Gesicht der Probanden abgeschirmt, sodass der „Magnetopath“ allein die Irides inspizieren konnte. Besonders erheiternd ist Fall 3. Selbst wenn die medizinische Diagnostik im Jahre 1928 sicherlich noch limitiert war, ergab sich aus dem Experiment eindeutig, dass mittels Irisdiagnostik einerseits wesentliche Krankheiten nicht zu erkennen waren und andererseits, fast noch bedenklicher, aus Gesunden Kranke gemacht wurden (Ordner Stock).

Was lehren uns der jahrzehntelang verschollene Ordner und die Irisdiagnostik? Zweierlei. Erstens, dass es sich durchaus lohnt, Bibliotheken und die darin oft verborgenen und verstaubten „Schätze“ nicht einfach zu liquidieren, sondern zu sichten und behutsam zu bewahren [26]. Zweitens, vor allem, dass sich an Aberglaube, Okkultismus, Humbug und Scharlatanerie seit 1900 nicht viel geändert hat [4], [20], [27]. Sie bestehen in heutiger, angeblich „aufgeklärter Zeit“ auf breiter Front und teuer bezahlt fort. Ihnen ist mit naturwissenschaftlicher Argumentation nach wie vor nicht wirklich beizukommen. Seligmann prophezeite all das schon 1910, indem er meinte, dass „der wüsteste Aberglaube und Betrug auf dem so überaus wichtigen Gebiet der Gesundheitspflege blüht und gedeiht und von Jahr zu Jahr ungeheure, neue, missduftende Blüten treibt“ [20]. 1931 ([Abb. 11]) und gleichermaßen 2017 gibt es nur wenige, wahrscheinlich überhaupt keine „Belehrbaren“ unter den Anhängern der Methode. Anders als die deutsche und insbesondere die Tübinger Ophthalmologie der Weimarer Republik ignoriert die gegenwärtige Augenheilkunde die Irisdiagnostik oder nimmt sie gleichmütig, ja vielleicht sogar resigniert hin. Ist die Methode deshalb weniger gefährlich als vor 90 Jahren? Wohl kaum. Die Iridologie ist über „Verschwendung von Geld und Zeit“ hinaus weiterhin „nicht sinnvoll und potenziell schädlich“ [7]. Wie zitierte Gustav Schleich Friedrich Rückert ein weiteres Mal [1]?

„Wenn der Prophet tut auf den Mund,
tut er nicht lauter Weisheit kund.
Doch glücktʼs gläubigen Leuten
alles als Weisheit zu deuten.“

Zur Erinnerung an das „schwäbische Original“ Wolfgang Stock ([Abb. 13]), der mit 31 Jahren das bisher längste Direktorat an der Tübinger Universitäts-Augenklinik ausübte und in der NS-Zeit unbelastet blieb. In Anerkennung seiner Verdienste heißt eine Station im Neubau der Augenklinik „Wolfgang Stock“.

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Abb. 13 Wolfgang Stock (sitzend) mit Kollegium und technischen Assistentinnen, um 1925 (Archiv Universitäts-Augenklinik Tübingen).

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Interessenkonflikt

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  • Literatur

  • 1 Schleich G. Nochmals „die Augendiagnose“. Medizinisches Korrespondenzblatt für Württemberg 1925; 95: 141-143
  • 2 Köbberling J. Der Wissenschaft verpflichtet. Med Klinik 1997; 92: 181-189
  • 3 Rohrbach JM. Zur Geschichte der Aniridie. Klin Monatsbl Augenheilkd 2018; 235: 324-329 doi:10.1055/s-0042-117836
  • 4 Salzer F. Augendiagnose und Okkultismus. München: Ernst Reinhardt; 1926
  • 5 Jaensch PA. Zur Geschichte der Augendiagnose. In: Jaensch PA, Rohen J, Schreck E, Huerkamp B. Hrsg. Irisdiagnostik. Eine augenärztliche Kritik. Bücherei des Augenarztes, 22. Heft. Erlangen: Ferdinand Enke; 1955: 1-35
  • 6 Simon A, Worthen DM, Mitas JA. An evaluation of iridology. JAMA 1979; 242: 1385-1389
  • 7 Ernst E. Iridology. Not useful and potentially harmful. Arch Ophthalmol 2000; 118: 120-121
  • 8 El-Safadi S. Komplementäre Diagnostik. Ermöglichen Irisdiagnostik/Iridologie und Dunkelfeldmikroskopie nach Enderlein die Diagnose von Malignomen? Eine prospektive Studie [Med. Diss.]. Universität Gießen. Gießen: VVB Laufersweiler; 2008
  • 9 Herber S, Rehbein M, Tepas T. et al. Hilft die Irisdiagnose bei der Erkennung des kolorektalen Karzinoms?. Ophthalmologe 2008; 105: 570-574
  • 10 Struck H, Flink E. Handbuch der Irisdiagnostik, Band I. Leipzig: Krüger & Co.; 1935
  • 11 Lang W. Die anatomischen und physiologischen Grundlagen der Augendiagnostik. Ulm: Karl F Haug; 1954
  • 12 Vida F, Deck J. Klinische Prüfung der Organ- und Krankheitszeichen an der Iris. Ulm: Karl F Haug; 1954
  • 13 Schreck E. Wissenschaftliche Medizin und Irisdiagnostik zur Erkennung von Krankheiten des Körpers am Auge. In: Jaensch PA, Rohen J, Schreck E, Huerkamp B. Hrsg. Irisdiagnostik. Eine augenärztliche Kritik. Bücherei des Augenarztes, 22. Heft. Erlangen: Ferdinand Enke; 1955: 51-90
  • 14 Madaus M. Lehrbuch über Irisdiagnose. Bonn: Carl Georgi; 1916
  • 15 Schlegel E. Die Augendiagnose des Dr. Ignaz von Péczely. 4. Aufl.. Leipzig: Krüger & Co.; 1924
  • 16 Kleeblatt H. Über die Augendiagnose. München: Ernst Reinhardt; 1926
  • 17 Kronenberger B. Die Irisdiagnostik. Lehrbuch der Augendiagnose. 5. Aufl.. Gießen: Wilhelm Schmitz; 1949
  • 18 Rohen J. Struktur und nervöse Versorgung der Iris. In: Jaensch PA, Rohen J, Schreck E, Huerkamp B. Hrsg. Irisdiagnostik. Eine augenärztliche Kritik. Bücherei des Augenarztes, 22. Heft. Erlangen: Ferdinand Enke; 1955: 36-50
  • 19 Schlegel E. Die Iris nach den neuen Entdeckungen des Dr. Ignaz von Péczely (Vortrag). Tübingen: Franz Fues; 1887
  • 20 Seligmann S. Augendiagnose und Kurpfuschertum. Berlin: Hermann Barsdorf; 1910
  • 21 Thiel PJ. Die Augendiagnose. Große historisch-kritische Ausgabe. 3. Aufl.. Leipzig: Krüger & Co.; 1935
  • 22 Kibler M, Sterzing L. Wert und Unwert der Irisdiagnose. Stuttgart: Hippokrates; 1956
  • 23 Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung des Kurpfuschertums. Kurpfuschereiverbot auch in Deutschland! Eine für den 21. Reichstagsausschuss (Reichsstrafgesetzbuch) bestimmte Vorlage für einen Kurpfuschereiparagraphen des Strafgesetzbuches. Berlin: Asklepios; 1929
  • 24 Rohrbach JM, Schlote T, Thiel HJ. Wolfgang Stock, seine ophthalmopathologische Sammlung und der Fortschritt in der Glaukombehandlung in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts. Klin Monatsbl Augenheilkd 1998; 213: 87-92
  • 25 Schlegel E. Programm der Homöopathie. Inhalt und Grenzen. Dtsch Z Homöopathie 1926; 11: 1-22
  • 26 Rohrbach JM. Brauchen wir Bibliotheken heute noch? Ein Plädoyer für die Erhaltung ophthalmologischen Kulturguts. Klin Monatsbl Augenheilkd 2016; 233: 1381-1383
  • 27 Magnus H. Der Aberglauben in der Medicin. Breslau: J.U. Kern; 1903

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Prof. Dr. Jens Martin Rohrbach
Department für Augenheilkunde, Forschungsbereich Geschichte der Augenheilkunde/Ophthalmopathologisches Labor
Eberhard-Karls-Universität Tübingen
Elfriede-Aulhorn-Str. 7
72076 Tübingen
Phone: + 49 (0) 70 71 2 98 47 61   
Fax: + 49 (0) 70 71 29 47 62   

  • Literatur

  • 1 Schleich G. Nochmals „die Augendiagnose“. Medizinisches Korrespondenzblatt für Württemberg 1925; 95: 141-143
  • 2 Köbberling J. Der Wissenschaft verpflichtet. Med Klinik 1997; 92: 181-189
  • 3 Rohrbach JM. Zur Geschichte der Aniridie. Klin Monatsbl Augenheilkd 2018; 235: 324-329 doi:10.1055/s-0042-117836
  • 4 Salzer F. Augendiagnose und Okkultismus. München: Ernst Reinhardt; 1926
  • 5 Jaensch PA. Zur Geschichte der Augendiagnose. In: Jaensch PA, Rohen J, Schreck E, Huerkamp B. Hrsg. Irisdiagnostik. Eine augenärztliche Kritik. Bücherei des Augenarztes, 22. Heft. Erlangen: Ferdinand Enke; 1955: 1-35
  • 6 Simon A, Worthen DM, Mitas JA. An evaluation of iridology. JAMA 1979; 242: 1385-1389
  • 7 Ernst E. Iridology. Not useful and potentially harmful. Arch Ophthalmol 2000; 118: 120-121
  • 8 El-Safadi S. Komplementäre Diagnostik. Ermöglichen Irisdiagnostik/Iridologie und Dunkelfeldmikroskopie nach Enderlein die Diagnose von Malignomen? Eine prospektive Studie [Med. Diss.]. Universität Gießen. Gießen: VVB Laufersweiler; 2008
  • 9 Herber S, Rehbein M, Tepas T. et al. Hilft die Irisdiagnose bei der Erkennung des kolorektalen Karzinoms?. Ophthalmologe 2008; 105: 570-574
  • 10 Struck H, Flink E. Handbuch der Irisdiagnostik, Band I. Leipzig: Krüger & Co.; 1935
  • 11 Lang W. Die anatomischen und physiologischen Grundlagen der Augendiagnostik. Ulm: Karl F Haug; 1954
  • 12 Vida F, Deck J. Klinische Prüfung der Organ- und Krankheitszeichen an der Iris. Ulm: Karl F Haug; 1954
  • 13 Schreck E. Wissenschaftliche Medizin und Irisdiagnostik zur Erkennung von Krankheiten des Körpers am Auge. In: Jaensch PA, Rohen J, Schreck E, Huerkamp B. Hrsg. Irisdiagnostik. Eine augenärztliche Kritik. Bücherei des Augenarztes, 22. Heft. Erlangen: Ferdinand Enke; 1955: 51-90
  • 14 Madaus M. Lehrbuch über Irisdiagnose. Bonn: Carl Georgi; 1916
  • 15 Schlegel E. Die Augendiagnose des Dr. Ignaz von Péczely. 4. Aufl.. Leipzig: Krüger & Co.; 1924
  • 16 Kleeblatt H. Über die Augendiagnose. München: Ernst Reinhardt; 1926
  • 17 Kronenberger B. Die Irisdiagnostik. Lehrbuch der Augendiagnose. 5. Aufl.. Gießen: Wilhelm Schmitz; 1949
  • 18 Rohen J. Struktur und nervöse Versorgung der Iris. In: Jaensch PA, Rohen J, Schreck E, Huerkamp B. Hrsg. Irisdiagnostik. Eine augenärztliche Kritik. Bücherei des Augenarztes, 22. Heft. Erlangen: Ferdinand Enke; 1955: 36-50
  • 19 Schlegel E. Die Iris nach den neuen Entdeckungen des Dr. Ignaz von Péczely (Vortrag). Tübingen: Franz Fues; 1887
  • 20 Seligmann S. Augendiagnose und Kurpfuschertum. Berlin: Hermann Barsdorf; 1910
  • 21 Thiel PJ. Die Augendiagnose. Große historisch-kritische Ausgabe. 3. Aufl.. Leipzig: Krüger & Co.; 1935
  • 22 Kibler M, Sterzing L. Wert und Unwert der Irisdiagnose. Stuttgart: Hippokrates; 1956
  • 23 Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung des Kurpfuschertums. Kurpfuschereiverbot auch in Deutschland! Eine für den 21. Reichstagsausschuss (Reichsstrafgesetzbuch) bestimmte Vorlage für einen Kurpfuschereiparagraphen des Strafgesetzbuches. Berlin: Asklepios; 1929
  • 24 Rohrbach JM, Schlote T, Thiel HJ. Wolfgang Stock, seine ophthalmopathologische Sammlung und der Fortschritt in der Glaukombehandlung in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts. Klin Monatsbl Augenheilkd 1998; 213: 87-92
  • 25 Schlegel E. Programm der Homöopathie. Inhalt und Grenzen. Dtsch Z Homöopathie 1926; 11: 1-22
  • 26 Rohrbach JM. Brauchen wir Bibliotheken heute noch? Ein Plädoyer für die Erhaltung ophthalmologischen Kulturguts. Klin Monatsbl Augenheilkd 2016; 233: 1381-1383
  • 27 Magnus H. Der Aberglauben in der Medicin. Breslau: J.U. Kern; 1903

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Abb. 1 Projektion des menschlichen Körpers auf die Irides. Die Iridologen gehen davon aus, dass die rechte Körperhälfte in der rechten, und die linke Körperhälfte in der linken Iris repräsentiert ist. Ebenso soll der obere Körper in der oberen und der untere Körper in der unteren Iris abgebildet werden. Aus [14].
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Abb. 2 Ignaz von Péczely. Aus [15].
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Abb. 3 „Magentafel“. Die Iridologen weisen bestimmten Irisarealen bestimmte Störungen, hier des Magens und der oberen Speisewege, zu. Neben dem „Original“ von Ignaz von Péczely sind die Varianten nach Liljestrand und Peter Johannes Thiel (1861 – 1948) abgebildet. Thiel war Volksschullehrer und „Heilpädagoge“ in Elberfeld. Aus [21].
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Abb. 4 Titelblatt eines veröffentlichten Vortrags von Emil Schlegel über die Irisdiagnostik, 1887 [19].
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Abb. 5 Briefumschlag aus der Universitäts-Augenklinik Tübingen, 1925. Der Patient hatte ein Aderhautmelanom, das von Emil Schlegel – Unterstreichung des Namens wahrscheinlich durch Stock – mittels Homöopathie behandelt wurde. Der Nachname wurde geschwärzt. Das Auge wurde Ende 1925 enukleiert (Ordner Stock).
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Abb. 6 Zeitungsausschnitt „pro Augendiagnose“ mit Angriff auf Wolfgang Stock, Esslinger Zeitung vom 12. Mai 1927. Als erfolgreicher Irisdiagnostiker wird u. a. Emil Schlegel erwähnt (Ordner Stock).
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Abb. 7 Zeitungsausschnitt aus „Der eigene Weg“ Nr. 70/71 vom Mai 1927. Der Beitrag eines Augendiagnostik-Befürworters „Sie haben Augen und sehen nicht“ richtete sich gegen die „Schulmediziner“ und insbesondere gegen den „nicht maßgebenden“ Wolfgang Stock. Die in den letzten beiden Absätzen erwähnten Begriffe „Geschäftsneid“, „materialistische Widersacher“ und „brutaler Broterwerbskampf“ zeigen, dass es in den wirtschaftlich kritischen Jahren der Weimarer Republik nicht nur um sinnvolle Diagnostik, sondern auch um die Generierung von Einnahmen ging (Ordner Stock).
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Abb. 8 Ausschnitt aus einer in Calw/Schwarzwald erschienenen Zeitung vom März 1925. Der Verfasser, sehr wahrscheinlich ein Arzt, wandte sich entschieden gegen jegliche Form der Kurpfuscherei (Ordner Stock).
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Abb. 9 Zeitungsbeitrag Bernhard Kaysers „contra Irisdiagnostik“, Weser-Zeitung vom 28. Oktober 1925. Aus dem Umstand, dass der Aufsatz in Bremen erschien, kann gefolgert werden, dass die Tübinger Klinik, der Kayser bis 1901 angehört hatte und der er auch als Niedergelassener in Stuttgart verbunden blieb, einen nationalen Ruf als „Anti-Irisdiagnostik-Institution“ besaß (Ordner Stock).
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Abb. 10 Mitteilung der Ärzteschaft des Kreises Heilbronn zur Augendiagnose, „Heilbronner Stimme“ vom 26. Mai 1950. Wie zu entnehmen, wandte sich auch der Stock-Schüler und spätere Ordinarius in Marburg, Wolfgang Straub (1920 – 1993), gegen die Iridologie (Ordner Stock).
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Abb. 11 Brief eines Augenarztes aus Eisenach an Wolfgang Stock vom September 1931 (Name geschwärzt). Auch dieser Brief belegt, dass Stock einen nationalen Ruf als „Anti-Iridologe“ genoss und er entsprechende Versuche angestellt hatte (siehe auch [Abb. 12]). „Wenigstens bei denen, die sich belehren lassen wollen“ klang nicht gerade optimistisch. Leider ist die Antwort Stocks nicht erhalten. Zumindest in den „Klinischen Monatsblättern“, deren Mitherausgeber er war, hat Stock zwischen 1921 und 1935 keine Originalie zur Irisdiagnostik veröffentlicht (Ordner Stock).
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Abb. 12 Obere Hälfte des Protokolls einer sehr wahrscheinlich von Wolfgang Stock initiierten „Vorführung“ in Geislingen. Der „Magnetopath“ Kiep aus Ulm untersuchte am 17. März 1928 insgesamt 14 Patienten. Wie handschriftliche Ergänzungen (Stocks) am Ende des Protokolls nahelegen, wurden Körper und Gesicht der Probanden abgeschirmt, sodass der „Magnetopath“ allein die Irides inspizieren konnte. Besonders erheiternd ist Fall 3. Selbst wenn die medizinische Diagnostik im Jahre 1928 sicherlich noch limitiert war, ergab sich aus dem Experiment eindeutig, dass mittels Irisdiagnostik einerseits wesentliche Krankheiten nicht zu erkennen waren und andererseits, fast noch bedenklicher, aus Gesunden Kranke gemacht wurden (Ordner Stock).
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Abb. 13 Wolfgang Stock (sitzend) mit Kollegium und technischen Assistentinnen, um 1925 (Archiv Universitäts-Augenklinik Tübingen).