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DOI: 10.1055/s-0043-122301
Das Mikrobiom – die unplanbare Größe zukünftiger Therapien
Article in several languages: deutsch | English- Zusammenfassung
- Abkürzungen
- 1. Einleitung und Definition
- 2. Terminologie
- 3. Einflussfaktoren auf das Mikrobiom allgemein
- 4. Mikrobiom in der HNO-Heilkunde
- 5. Kopf-Hals-Tumoren und deren Behandlung
- Literatur
Zusammenfassung
Unter Mikrobiom versteht man die Gesamtheit der bakteriellen, parasitären, viralen oder anderen zellulären Mikroorganismen, die den menschlichen Körper oder ein anderes Lebewesen besiedeln. Das Mikrobiom zeigt in den anatomischen Bereichen der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde eine deutliche regionale Varianz. Für die Bereiche von Ohr, Nase, Rachen, Larynx und Haut sind jeweils verschiedene Interaktionen des Mikrobiomes mit allgemeinen Faktoren wie Alter, Diät und Lebensstilfaktoren (z. B. Rauchen) in den letzten Jahren bekannt geworden. Zudem liegen eine Reihe von Erkenntnissen vor, dass das Mikrobiom an der Pathogenese verschiedener Erkrankungen auch im HNO-Bereich beteiligt ist. Der vorgestellte Übersichtsartikel fasst die wesentlichen Erkenntnisse dieses sich aktuell äußerst rasch entwickelnden Forschungsgebietes überblickartig zusammen.
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Abkürzungen
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1. Einleitung und Definition
Das Mikrobiom bezeichnet im weiteren Sinne die Gesamtheit aller den Menschen oder andere Lebewesen (z. B. Regenwürmer, Reptilien, Rinder) besiedelnden Mikroorganismen. Diese Zusammensetzung der Mikroorganismen unterscheidet sich stark lokal. Sie setzen sich zusammen aus Bakterien (planktonisch und als Biofilme), Viren, Pilzen und allen anderen Arten von Mikroorganismen (Archaea, Amöben, Flagellaten, Bakteriophagen usw.). Lebewesen, bei denen künstlich eine Auseinandersetzung mit dem Mikrobiom verhindert wird, verbleiben physiologisch unreif bei wichtigen Regulationsmechanismen wie der Immunabwehr und sind pathogenen Erregern gegenüber sehr anfällig [1]. Neben systemischen Effekten dieser Art beeinflusst das Mikrobiom die Epithelfunktion des Lebewesens im Bereich aller Körperoberflächen, also auch der HNO-Heilkunde.
Aufgrund der unterschiedlichen lokalen Milieus unterscheidet sich das Mikrobiom auf Haut und Schleimhaut, aber auch in den verschiedenen Regionen des Hals-Nasen-Ohren-Fachbereiches. Ferner ändert sich die Zusammensetzung der Mikroorganismen reaktiv durch Alterung des Wirtsorganismus, Auftreten von Erkrankungen und auch in Abhängigkeit von Therapien. Es mag verschiedene Erkrankungen hervorrufen bzw. deren Entstehung begünstigen. Zu diesen gehört unter anderem das Risiko an bösartigen Erkrankungen zu erkranken.
Das humane Mikrobiom wird durch fortgeschrittene Sequenzierung der DNA festgestellt und umfasst sowohl pathogene -, wie kommensale Mikroben. Individuelle Unterschiede werden als Ursache angesehen, die Suszeptibilität zwischen Patienten und ihrem Risiko an Erkrankung zu erkranken, zu erklären. Die Beeinflussung der Suszeptibilität erfolgt über Faktoren, wie die Ernährung, den Stoffwechsel, die Entgiftung, den Hormonstatus, die Immuntoleranz und besonders Entzündungsabläufe [2] [3] [4] [5].
Das Mikrobiom des Menschen ist Teil intensiver Forschung und noch nicht umfassend verstanden. Seit Dezember 2007 wird in den USA im Rahmen des Human Microbiome Project (https://hmpdacc.org/), initiiert durch das National Institute of Health, die Sequenzierung aller Genome der Mikroorganismen, die den Menschen besiedeln, als Ziel verfolgt. Der Untersuchung liegen Stichproben aus Mund, Rachen und Nase, der Haut, dem Verdauungstrakt und dem Urogenitaltrakt von Frauen zugrunde. Es wurde eine spezifische Datenbank eingerichtet, um die Zusammenarbeit zwischen den Gruppen zu erleichtern [3].
Seit 2008 wird separat das Mund-Mikrobiom vom National Institute of Dental and Craniofacial Research (NIDCR) detailliert untersucht. Dieses umfasst allein bereits mehr als 600 Mikroorganismen. Parallel werden auch die Mikrobiome anderer definierter Körperregionen untersucht. Vor dem Hintergrund dieser intensiven wissenschaftlichen Untersuchungen haben sich Fachmitteilungen zur Bedeutung des Mikrobioms in den letzten Jahren exponentiell vermehrt. So liegen derzeit mehr als 30000 Publikationen zu diesem Themengebiet, davon insgesamt 400 spezifisch für das Gebiet der HNO-Heilkunde, vor. Obwohl noch viele Aspekte zum Mikrobiom ungeklärt sind, liegen zu allen Subspezialisierungen der HNO-Heilkunde mittlerweile wesentliche grundlegende Erkenntnisse vor.
Die Peer-Reviewed Publikationen entwickeln sich im Bereich „Mikrobiom“ rasant. [Abb. 1] stellt die Anzahl pro Jahr der unter www.pubmed.com gelisteten Publikationen denen gegenüber, die aus dem Bereich der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde kommen bzw. für diese besonders relevant sind. Definiert wurde dieser Umstand durch eine Abfrage nach den Stichworten „microbiome AND (rhinology or otology or otitis or nose or sinus or (head and neck) or laryngology)“, die naturgemäß aufgrund der Heterogenität des Fachgebietes keinen Anspruch auf Vollständigkeit haben kann. Dies zeigt schon der Blick auf die für diese Übersichtsarbeit zitierten Arbeiten. [Abb. 1] zeigt aber mit 274 Publikationen auf rhinologischem, 153 auf laryngologisch/onkologischem und 124 auf otologischem Gebiet eine gleichartige, dynamisch aufsteigenden Entwicklung auch für unser Fachgebiet. Nach eingehendem Literaturstudium ist dabei zum derzeitigen Zeitpunkt sowohl aufgrund der geringen Vergleichbarkeit bei schnell aufeinanderfolgenden, technischen Entwicklungen, wie auch der hohen Anzahl von Einflussfaktoren die praktische Konsequenz dieser Arbeiten für die Klinik stark limitiert, für die Grundlagenforschung und Entwicklung neuartiger Therapieansätze aber höchst interessant.
Bei der Bearbeitung von Fragen zum Mikrobiom sind nach Entwicklung erster technischer Standards eine Reihe von Fragen definiert worden, basierend auf den Erkenntnissen der gegenseitigen, nertzwerk-artigen Beeinflussung von Mikrobiom und Wirt, die [Abb. 2] stichwortig erfasst und auf die im Folgenden dann soweit möglich inhaltlich eingegangen werden soll.
Das Humane Mikrobiom Datenportal, zugänglich unter https://hmpdacc.org/ weist den aktuellen Forschungsstand des Mikrobiomes inklusiver der auch von gesunden Probanden verfügbaren Daten auf. Gemäß der aktuell abrufbaren Daten (https://portal.hmpdacc.org/) gehören Mikrobiom-Daten der HNO-Regionen zu den meist verfügbaren Referenzdaten. Im Detail stehen die HNO-ärztlichen Lokalisationen Wangenschleimhaut im Ranking auf Position 2 der meisten Referenzdaten, gefolgt von Gingiva (Position 5), Nasenhaupthöhle (7), Zungenrücken (9), Nares (10), Gaumenmandeln (11), rechter (12) bzw. linker (15) Ohrumschlagfalte, Hartgaumen (13), Rachen (14), Speichel (16), Nasopharynx (23) und Mundhöhle (34). Dabei werden die verfügbaren Referenzdaten jeweils auch unter technischen Gesichtspunkten kategorisiert angeboten.
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2. Terminologie
Zur besseren Verständlichkeit des folgenden Textes, aber auch der internationalen Literatur, werden im Folgenden einige grundlegende Begriffe als Termini technici eingeführt:
Taxon/Taxa ist der Überbegriff für eine/mehrere Gruppen von Lebewesen, die sich anhand gemeinsamer Merkmale von anderen Organismen abgrenzen und unterscheiden lässt. Mit Bezug zum Mikrobiom wird es als Überbegriff zur Rangstufe von Mikroorganismen bezeichnet ([Abb. 3]):
Veränderungen des Mikrobioms werden üblicherweise als Alpha- und Beta-Diversität berichtet. Dabei ist die Alpha-Diversität das Maß der verschiedenen Arten von Mikroorganismen, die in einem Individuum bzw. dessen untersuchter Region nachgewiesen werden können. Die Alpha-Diversität wird auch als „Punktdiversität“ bezeichnet und stellt ein Maß für die Artenvielfalt eines Lebensraums dar. Der Ausdruck wurde durch den Ökologen Robert Whittaker 1960 eingeführt.
So besitzt bspw. der Mundraum die höchste Alpha-Diversität des Verdauungstraktes mit über 1000 verschiedenen nachgewiesenen bakteriellen Spezies unter Beteiligung von aeroben und anaeroben Arten.
Als Beta-Diversität wird dagegen die Variabilität zwischen Individuen im gleichen Lebensraum im Hinblick auf die nachgewiesenen Mikroorganismen unterschieden. Auch dieser Begriff geht auf Robert Whittaker zurück und versteht sich als Maß für den Unterschied in der Artenvielfalt.
Die Gamma-Diversität, ein Maß der Artenvielfalt einer Landschaft, beginnend von ca. 1000 ha bis hin zu ca. 1000000 ha, und die Epsilon-Diversität, die die Artenvielfalt mehrerer Landschaften in einer geografischen Region beschreibt, spielen bislang zwar in der biologischen Literatur, nicht aber in der medizinischen Welt eine Rolle.
Die Verbindung zwischen einem veränderten Mikrobiom zu einer spezifischen Erkrankung wird als Dysbiose bezeichnet, was voraussichtlich zurückzuführen ist auf ein Bakterium, das als „Alpha Bug“ eine ökologische Nische ausnutzt [2]. Dysbioseverbundene Entzündungen verursachen genauso wie chemische Karzinogene, wie Acethylaldehyd und N-Nitratverbindungen, eine Karzinogenese über verschiedene Stoffwechselwege.
2.1 Taxonomie der Bakterien
Die Klassifikation der Bakterien erfolgt im Rahmen der Mikrobiom-Untersuchungen basierend auf Aussehen, Physiologie und Phylogenetik. Zur Bezeichnung der Bakterien wurden Namen entsprechend den Anforderungen des 1980 reformierten Internationalen Codes der Nomenklatur von Bakterien (ICNB) definiert. Jede Bezeichnung basiert auf hinterlegtem Typusmaterial, anhand dessen ein Bakterium einem Taxon zugeordnet wird.
Benennt wird ein Mikroorganismus eindeutig anhand seines hinterlegten Typusmaterials als identifizierbares Taxon. Die Bezeichnung und Zuordnung unterliegt wissenschaftlich bedingten Veränderungen. Die aktuellen Taxa sind jeweils aktuell in Bergley’s Manual of Systematic Bacteriology [6] publiziert.
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3. Einflussfaktoren auf das Mikrobiom allgemein
Mittels traditioneller kultureller Anzuchtverfahren können nur ein Bruchteil der Mikroorganismen des Mikrobioms isoliert und charakterisiert werden. Diese wurden daher durch kulturunabhängige DNA-basierte Sequenzierungsmethoden abgelöst.
3.1 Ablauf einer Mikrobiom-Studie
Diese Techniken kommen im Rahmen von Mikrobiom-Studien nahezu ausschließlich zum Einsatz. Bei diesen Techniken wird die genetische Information der kleinen Untereinheit der ribosomalen RNA (16 S-rRNA) zur taxonomischen Charakterisierung amplifiziert und sequenziert. Die ribosomalen Nukleinsäuren sind ein Teil der bakteriellen Ribosomen, die aus Geninformationen die passenden Proteine zusammenbauen. Sie werden sequenziert, um Bakterienarten eindeutig zu identifizieren und voneinander zu unterscheiden. Die 16 S-rRNA ist hochkonserviert im Hinblick auf die genetische Information und damit für eine taxonomische Einordnung besonders gut geeignet.
Der prinzipielle Ablauf einer Mikrobiom-Studie sollte stark standardisiert ablaufen ([Abb. 4]):
Die gesammelten Gewebsproben werden ohne Kontaminationen gefroren und stabilisiert, die DNA extrahiert und mittels 105 Sequenzen als rRNA sequenziert oder als Metagenomics mittels einer Shotgun PCR, auch Shotgun Metagenomics genannt, mit 107 Sequenzen repliziert. Ausgewertet wird zum einen die Diversität der Probe mit dem Nachweis von seltenen bzw. überbordenen Mengen (auch Fülle; engl. Abundance) von spezifischen Mikroben, bzw. die Struktur im Vergleich, als auch die Matrix der nachgewiesenen Mikroorganismen.
Die Sequenzierungsmethoden mit breiter Anwendung (Kettenabbruchsynthese nach Sanger, Pyrosequenzierung, Sequenzierung durch Synthese) unterscheiden sich im Hinblick auf technische Merkmale wie maximale Länge der Sequenz, Anzahl an Sequenzen sowie der Zeit pro Durchlauf und Durchsatzmenge. Dabei kommt der konventionellen Sequenzierung mittels Kettenabbruchsynthese nach Sanger, die relativ zeitaufwendig ist und die Analyse kleinerer DNA-Moleküle ermöglicht, die Rolle der Konfirmationstechnik zu. Heute werden Methoden der zweiten Generation zur zeiteffektiveren Analyse eingesetzt, da diese um ein Vielfaches schneller sequenzieren. Im Rahmen der für diese Arbeit referenzierten Arbeiten benutzte die Mehrheit die Technik der Pyrosequenzierung.
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3.2 Entnahmetechniken und technische Aspekte
Zur Probengewinnung wurden und werden z.T. auch parallel verschiedene Verfahren genutzt. So basieren publizierte Daten auf Abstrichen, Gewebeproben, Aspirate, Spülungen usw. Als Goldstandard in der Probenentnahme und Post-Prozessierung galten zunächst die 2013 vom Humanen Mikrobiom Projekt publizierten Protokolle. Mittlerweile sind die Protokolle jeweils regional weiterentwickelt worden und ebenso die biostatistischen und bioinformatischen Auswertungen, sodass die Vergleichbarkeit der im Folgenden präsentierten Ergebnisse leider eingeschränkt ist und Widersprüche weiterhin auch methodisch hinterfragt werden müssen. Die Komplexität der gegenseitigen Beeinflussungen von Mikrobiom und Wirt, aber auch der Einzelnen am Mikrobiom beteiligten Mikroorganismen, erschwert die Forschung wesentlich. Durch die verbesserte Verfügbarkeit der Techniken des Next-Generation-Sequencing, auch aufbauend auf den Forschungen an Proteomics and Genomics, ermöglicht erfreulicherweise mehr und mehr Forschergruppen, auch Parameter des Mikrobiomes zu erheben. Die Auswertung ist aber derart komplex, dass im Einzelnen die Ergebnisse auf die Diversität des Mikrobiomes reduziert werden. Hier besteht auf dem Gebiet der Bioinformatik ein deutlicher Weiterentwicklungsbedarf, um die mühsam im Zusammenspiel Patient/Arzt/Mikrobiologe gewonnenen Daten insbesondere frei von falsch-negativen Veränderungen zu berichten.
Die in [Abb. 4] aufgeführten, technischen Schritte zur Bestimmung des Mikrobioms besitzen sämtlich Auswirkungen auf das Ergebnis.
So kann mit jedem Teilschritt Menge und Qualität der extrahierten DNA verändert werden. Eine Kontamination ist aufgrund der Sensitivität der nachgeschalteten Verfahren ein besonders wichtiges Problem. Untersuchungen zur technischen Bedeutung verschiedener Einflussfaktoren liefern aber widersprüchliche Ergebnisse: So veränderte eine Lagerung bei Raumtemperatur das Mikrobiom des Stuhles deutlich [8], in einer andern nicht wesentlich [9], während verschieden lange Lagerung der Proben mit − 80° deutlich geringere Effekte auf die Diversität zeigte [10] [11]. Andererseits erscheint das Mikrobiom der Vagina deutlich stabiler [12]. HNO-spezifische Studien sind rar: Für das laryngeale Mikrobiom konnte eine Vergleichbarkeit für Abstrich- und Biopsiebasierte Studien im Tiermodell des Schweines nachgewiesen werden [13]. Gleiches konnte für Patienten mit chronischer Rhinosinusitis (CRS) nachgewiesen werden mit 36 nachgewiesenen bakteriellen Spezies im Gewebe und 30.6 Spezies im Abstrich [14].
Um diesen diversen Einflussgrößen gerecht zu werden, gab es bereits mehrere Impulse, das Vorgehen bei Mikrobiom-Studien zu standardisieren. So sind online unter http://www.microbiome-standards.org/#SOPS durch internationale Experten bereitgestellte SOPs (standard operational procedures) verfügbar. Diese SOPs geben u. a. für die Probenentnahme (z. B. von Speichel oder Wangenabstrich), die Sequenzierung und die Datenanalyse wertvolle Hinweise zu einem standardisierten Vorgehen. Dieses Problem wurde bereits in verschiedenen Journalen aufgegriffen [15], auch im Rahmen der internen Leitlinie zur Publikation von Mikrobiom-Daten [16]. Es gibt verschiedene Software-Pakete, die die komplexe Datenstruktur (geringe Anzahl von detektierten Bakterien bei hoher Anzahl verschiedener Spezies, hohe Homologie der untersuchten Bakterien mit 97% Übereinstimmung bei gleichen Phyli) für Mikrobiom-Daten biostatistisch auswerten können wie QIIME [17] [18] [19] [20] [21], MOTHUR [22] [23], RDP Tools [24] [25] [26] [27], und VAMPS [28]. Anhand der Übereinstimmung mit den gewählten Primern werden Operational Taxonomic Units (OTUs) identifiziert. Bei Vergleich von 16s RNA Genamplifizierung – dem herkömmlichen Goldstandard – und MALDI-TOF (Matrix Assisted Laser Ionization Mass Spectrometry-Time of Flight) wurde der Untersuchung eines Mikrobiomes auf Streptococcus viridans mittels MALDI-TOF eine Sensitivität von 80% und eine Spezifität von 100% bescheinigt. Die Autoren empfahlen daher, parallel verschiedene Nachweisverfahren anzuwenden, was andererseits den Vorteil der Zeiteffizienz der Sequenzierungsmethoden der zweiten Generation wieder beseitigen würde [29]. Andererseits hilft MALDI-TOF bei Versagen einer konventionellen 16s RNA Sequenzierungstechnik, gram-positive Bakterien (hier speziell Corynebakterien), zu identifizieren [30]. So stieg die Nachweisrate auf 92,49% mittels MALDI-TOF MS im Vergleich zu 85,89% durch konventionelle mikrobiologische Untersuchungstechniken [31].
Eine vergleichende Untersuchung der gleichen Proben auf drei verschiedenen industriellen Sequenzierungs-Plattformen konnte hier weitere relevante Abweichungen in der Datenanalyse nachweisen [32]. Während die Profile der Zusammensetzung des Mikrobiomes vergleichbar waren, erschien die durchschnittliche Fülle der Spezies in Abhängigkeit der Plattform, der verwendeten Datenbank und der Bioinformatikanalyse durchaus abweichend. Insbesondere die hohe Anzahl falsch-positiver Detektionen wurde bei detaillierter Betrachtung der bioinformatischen Analyse kritisiert [33]. Auch die Referenz-Bibliothek besitzt dabei einen, wenn im Vergleich zu den oben vorgestellten Parametern auch nachgeordneten, Einfluss auf das automatisiert präsentierten Endergebnis [34].
Insgesamt gilt die Vergleichbarkeit von Mikrobiom-Daten derzeit allgemein als stark eingeschränkt, was insbesondere auch die im Folgenden dargestellten Daten betrifft [35]. Vor diesem Hintergrund müssen die Bemühungen, die Originalartikel auch unter methodischen Gesichtspunkten standardisiert zu berichten, vorbehaltlos unterstützt werden.
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3.3 Allgemeine Einflussfaktoren
Geschlecht, Alter, geografischer Lage und Klima, Kultur und Lebensweise sind in der Literatur diskutierte allgemeine Einflussfaktoren auf die Diversität des Mikrobiomes. Aber es wurde auch eine unterschiedliche prozentuale Verteilung der verschiedenen Bakterien zu verschiedenen Tageszeiten [36] berichtet. Mikrobiomenassoziationen werden alternativ durch Wirtfaktoren, wie Rauchen, Alkoholkonsum, Diät, Übergewicht, physikalische Inaktivität und Polymorphismen in wichtigen humanen Onkogenen erklärt. Auf einige Faktoren mit Bedeutung für die Interpretation auch des „normalen“ Mikrobiomes soll im Folgenden eingegangen werden.
3.1.1 Alter
Im Rahmen des Wachstums vom jugendlichen zum erwachsenen Tier scheint auch das nasale Mikrobiom zu reifen. So konnte im Tiermodell des Schweines beim Vergleich von Neugeborenen zu 2–3 Wochen alten Tieren nachgewiesen werden, dass die Alpha- Diversität zunahm und charakteristische Taxa sich erst im Verlauf nachweisen ließen [37].
Im Tiermodell der Maus konnte beim Vergleich junger, mittel-alter und alter Mäuse signifikante Änderungen des Mikrobiomes, auch nach Kontakt mit Streptococcus pneumoniae (zugefügt durch lokale Spülung des oberen Respirationstraktes) demonstriert werden. So waren residente Staphylokokken and Haemophilus empfindlich gegenüber Streptococcus. Ferner nahm die Kolonisierung mit Streptococcus pneumoniae im Alter zu und die mukoziliäre Clearance erscheint weniger effektiv [38].
Für die chronische Rhinosinusitis (CRS) wurde eine altersbedingte Abnahme von S100 Proteinen als ursächlich für eine Veränderung des Mikrobioms mit Ausbildung einer CRS im Alter angesehen [39]. Dies mag einen Ansatz für einen gesonderten Endotyp der CRS im Alter bieten.
Auch im Oropharynx lassen sich Alterseffekte nachweisen: So ist das Mikrobiom beim alten Menschen charakterisiert durch eine vermehrte Fülle von Streptococci, speziell Streptococcus salivarius, aber nicht von Streptococcus pneumoniae [40].
Das Mikrobiom des Magens wies bei Hundertjährigen im Vergleich zu jüngeren, geschlechtsgleichen Personen eine andere Zusammensetzung auf mit konsekutiv erhöhten Plasmaleveln von IL-6 und -8. Generell nimmt die Biodiversität mit den Jahren ab mit einem Trend zur Zunahme fakultativ pathogener Bakterien. Bakterien, die aufgrund ihrer Produktion von kurzkettigen Fettsäuren wie Butyraten von Bedeutung für den Stoffwechsel der Enterozyten des Darmes sind, nehmen dagegen eher ab [41].
Alterseffekte wurden zwischenzeitlich auch durch eine Intervention am Mikrobiom zum therapeutischen Ziel: So wurde eine Tryptophan-reduzierte Diät an der Maus eingesetzt, um über eine Steigerung der Diversität des Mikrobiomes eine vorzeitige Alterung des Tieres zu verzögern [42]. Die positive Wirkung der Tryptophan-Diät soll dabei über eine Beeinflussung der B-Zell-Differenzierung vermittelt werden. Im Mikrobiom wurde eine stärkere Häufung von Akkermansia erreicht, einer Spezies, die häufig bei gesunden Personen nachgewiesen wird und die in besonderem Maß negativ von Alterungsprozessen des Wirtes betroffen ist [43].
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3.3.2 Gender
Daten zu Geschlecht-spezifischen Unterschieden im Bereich des Mikrobioms werden derzeit noch als wenig verlässlich angesehen, obwohl durch Rollenzugehörigkeit bekannte Geschlechtsspezifische Unterschiede in der Ernährung für den Bereich des Gastrointestinaltraktes in einigen Studien nachweisbar waren. So wurden Bacteroides, Ruminococci, Eubacteria und Blautiae häufiger bei Männer und Treponemen häufiger bei Frauen nachgewiesen [44] [45]. Es wurde vermutet, dass die beobachteten Genderunterschiede Folge des Lebensstiles und auch der Ernährung sind.
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3.3.3 Rauchen
Zigarettenrauch soll die Durchlässigkeit der Epithelbarriere gegenüber Mikroorganismen erhöhen und so zur Infektanfälligkeit beitragen. Als Ursache wird unter anderem ein dysbiotisches Mikrobiom angesehen, das z. B. die Karzinogenes im Bereich von Larynx und Lunge auslöst.
Untersuchungen zum Effekt des Rauchens zeigen unabhängig von der gewählten Technik, dass der Rauch exemplarisch die Zusammensetzung der oralen Bakterien verändert [46] [47], besonders der günstigen aeroben Spezies [48]. Außerdem können Bakterien das Karzinogen Nitrosamin aktivieren [49] [50]. Außerdem macht Rauchen die Mundhöhle empfänglicher gegenüber einer Proliferation pathologischer bakterieller Spezies [51]. Entsprechend war die Alpha-Diversität des subgingivalen Mikrobiomes bei Rauchern signifikant reduziert. Ferner zeigte eine Analyse der Beta-Diversität auch Unterschiede von Rauchern gegenüber Patienten mit einer chronischen Periodontitis anderer Genese [52]. Ähnliche Veränderungen, die allerdings z.T. nur einseitig nachweisbar waren, zeigten sich auch im Nasopharynx [47] und dem Speichel [47]. Effekte auf das nasale Mikrobiom konnten demgegenüber nicht nachgewiesen werden [53].
Die Analyse der Ausatemluft [54] zeigte drei wesentliche Veränderungen: So wurden vermehrt pro-inflammatorische Marker als Hinweis auf vermehrte freie Sauerstoffradikale nachgewiesen. Diese zeigen eine Veränderung des endogenen Stoffwechsels. Zum zweiten wurden exogene Bestandteile nachgewiesen [55]. Schließlich zeigen sich auch hier Hinweise auf eine Interaktion von Mikrobiom und Wirt. Während 12 Metabolite zwischen aktiven Rauchern und absoluten Nichtrauchern unterscheiden helfen konnten, wiesen nur die Metabolite Eucalyptol und Benzylalcohol auch Unterschiede zwischen aktiven und früheren Rauchern in der Atemluft nach [54].
Für Gewebeproben der Lunge konnten zwei Taxa mit überproportional ausgeprägter relative Fülle, nämlich Variovorax und Streptococcus, nachgewiesen werden [56]. Spezifisch für das Auftreten von Plattenepithelkarzinomen konnte Acidovorax vermehrt nachgewiesen werden im Vergleich zu Kontrollgewebe.
Auch Passivrauchen verändert das Mikrobiom [57]: Das Mikrobiom des Nasenrachens und Oropharynx von Kindern unterscheidet sich in Abhängigkeit des Rauchverhaltens der Mütter. So nimmt die Nachweisrate von Streptococcus pneumoniae bei Aktiv- wie Passivrauchen signifikant zu, während die von Haemophilus influenzae unverändert erscheint.
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3.4 Ernährung
3.4.1 Präbiotika
Ein Prä- oder Probiotikum ist eine Zubereitung, die lebensfähige Mikroorganismen enthält. Auch wenn im allgemeinen Verständnis oftmals die orale, systemische Anwendung im Vordergrund steht – z. B. durch Einnahme von Joghurtkulturen mit dem Ziel, die Darmflora zu stärken – sind Präbiotika nicht auf diese Anwendungsform begrenzt, sondern können auch z. B. lokal im HNO-Bereich Anwendung finden bzw. für diesen von Bedeutung sein. So wird bspw. eine Verminderung respiratorischer Infekte durch Präbiotika diskutiert.
Naturgemäß am besten untersucht ist aber die Anwendung als Nahrungsergänzung. So kann über die Nahrung die Zusammensetzung des intestinalen Mikrobioms des Menschen binnen 24–48 h effektiv und reproduzierbar moduliert werden [58]. Dies bietet auch einen Ansatz zur Verwendung von Präbiotika [59], um z. B. die Immunabwehr zu stimulieren. Präbiotika umfassen unverwertbare Kohlenhydrate, zu denen Ballaststoffe, resistente Stärke und Nicht-Stärke-Polysaccharide gehören, die nicht enzymatisch verdaut werden. Diese Stoffe werden durch das kommensale Mikrobiom im Bereich des Colon/terminalen Ileums zu Propionat, Butyrat und Acetat fermentiert [59]. Präbiotika beeinflussen die Zusammensetzung und die Aktivität des intestinalen Mikrobioms und können so Wohlbefinden und Gesundheit des Wirts verbessern [60]. Die stärkste Evidenz für eine präbiotische Wirkung liegen für die Fruktane vom Inulintyp (Fruktooligosaccharide, Inulin und Oligofruktose) sowie für Galaktooligosaccharide vor [61]. Diese Präbiotika sollen das Wachstum von Laktobazillen oder Bifidobakterien fördern [62]. So konnte im Tiermodell eine Veränderung der Zusammensetzung des intestinalen Mikrobioms sowie eine Abnahme des Körpergewichts durch Fütterung von kurzkettigen Fettsäuren erreicht werden [63].
HNO-spezifisch wurde exemplarisch topisch durch Inokulation von Staph. epidermidis mit und ohne Staph. aureus in einem Mausmodell mit Sinusitis untersucht, ob man das nasale Mikrobiom günstig beeinflussen könne [64]. Nach dreitägiger Anwendung waren mehr Becherzellen unter alleiniger Inokulation mit Staph. aureus nachweisbar. Zusätzliche Inokulation mit Staph. epidermidis dämpfte diesen Effekt signifikant, während alleinige Inokulation mit Staph. epidermidis vergleichbare und geringere Nachweisraten zur Kontrolle erbrachte. Das Konzept basiert auf der Annahme, dass Staph. epidermidis die Biofilm-Bildung durch Staph. aureus z. B. über die inhibitorisch wirksame Serin-Protease ESP kompetitiv hemmen kann. So wurde auch gezeigt, dass Staph. aureus in humanen Carriern durch zusätzliche Inokulation mit Staph. epidermidis im Rahmen einer Pilotstudie verdrängt werden können [65]. Diese Pilotstudie weisen damit interessante technologische Ansätze z. B. auch zur MRSA-Sanierung durch Antibiotika auf.
Für den Oropharynx konnte gezeigt werden, dass eine frühere Exposition von Streptococcus salivarius in-vitro die Zell-Adhärenz von Pneumokokken verhindern kann [66]. Weitere präbiotische Therapieansätze sind im Folgenden im Kontext des jeweils zu beeinflussenden Mikrobiomes aufgeführt.
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3.4.2 Alkohol
Missbrauch von Tabak und Alkohol sind bedeutende Risikofaktoren zur Ausbildung von Kopf-, Halskarzinomen [67] und es wird vermutet, dass Mikroben diese Risikofaktoren mediieren. So besitzt das häufig auf der oralen Mukosa nachweisbare Bakterien Neisseria eine Alkoholdehydrogenase , die Ethanol zu dem Karzinogen Acetaldehyd umwandelt [68]. Die entsprechenden Studien für den Bereich der bösartigen Erkrankungen der Mundhöhle basieren allerdings v. a. auf Gewebe-basierten Untersuchungen mit älterer Technologie [50]. Alkoholabhängigkeit scheint mit dezidierten Veränderungen des gastrointestinalen Mikrobioms assoziiert zu sein, die sich im Stuhl nachweisen lassen [69]. So nimmt die Fülle von Klebsiellen zu, während Coprococcus, Faecalibacterium prausnitzii und Clostridiales abnehmen. Ferner treten Veränderungen auf, die bei einer Leberzirrhose ebenfalls beobachtet werden können. Zu diesen gehört eine Abnahme von Acidaminococcus und eine Zunahme von verschiedenen Laktobazillen und Bifidobakterien.
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3.5 Antibiotikatherapie
Naheliegend ist ein kurzfristiger Effekt einer Antibiotikatherapie auf das Mikrobiom. So konnte nach fünftägiger oraler Anwendung von Amoxicillin mit Clavulansäure eine signifikant verringerte totale Bakterienkonzentration nachgewiesen werden [70]. Dabei war insbesondere auch die Bifidobakterien-Konzentration im Stuhl reduziert. Während dieser Effekt zu diesem Zeitpunkt erwartbar war, zeigte eine Nachuntersuchung zwei Monate nach der Antibiotikatherapie eine persistierende Veränderung des Mikrobioms. So war bei den sonst gesunden Probanden die Fülle von Bifidobakterien weiterhin gesenkt, und zwar auf ca. 60% des Ausgangswertes. Eine ältere Untersuchung zeigt eine höhere Resilienz des gastrointestinalen Mikrobiomes gegenüber Amoxicillin allein [71], bestätigt aber Individuen mit mehr als 2 monatiger, deutlicher Veränderung nach Antibiotikatherapie.
Eine Behandlung mit Antibiotika im frühen Kindesalter ist assoziiert mit einem erhöhten Risiko, später an Asthma zu erkranken. So erhöht eine Antibiotikatherapie in den Lebensjahren 0–2 das Asthmarisiko im Alter von 7,5 Jahren deutlich (odds ratio 1,75; 95% Konfidenzintervall 1,40–2,17), wobei mehrfache Antibiotikatherapien dieses Risiko weiter erhöhten (z. B. vier oder mehr Therapien: odds ratio 2,82; 95% Konfidenzintervall 2,19–3,63). Vor dem Hintergrund, dass Kinder mit atopischen Erkrankungen derzeit ca. 1,9-mal so häufig Antibiotika verschrieben bekommen als Kinder ohne Atopie [72] sollte auch das Verschreibungsverhalten durch HNO-Ärzte in dieser Altersgruppe kritisch hinterfragt werden.
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3.6 Impfung
Eine Impfung gegen Haemophilus influenzae veränderte das Mikrobiom des Nasenrachens nicht relevant. Dies scheint auf eine sehr gezielte Eliminierung des Zielstoffes hinzuweisen [73]. Die orale Anwendung von Lactobacillus casei 431 im Rahmen einer prospektiven, placebo-kontrollierten Studie [74] vor und parallel zur Impfung gegen Influenza zeigte keine Änderung der Ansprechrate durch Serumkonversion, während die Dauer respiratorischer Beschwerden bei Anwendung des Präbiotikums kürzer war (Durchschnitt±Standardabweichung: 6,4±6,1 vs. 7,3±9,7 d, P=0,0059). Da insgesamt Auswirkungen von Impfungen auf das Mikrobiom deutlich weniger häufig untersucht wurden, können hier aber methodische Schwächen nicht gänzlich ausgeschlossen werden.
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4. Mikrobiom in der HNO-Heilkunde
4.1 Ohr
Trotz der gemeinsamen Pathophysiologie von Adenoiden und einer chronischen Otitis media mit Paukenerguss unterscheiden sich die Mikrobiome deutlich: So wurden im Mittelohrerguss Alloiococcus otitidis (23% durchschnittliche relative Fülle), Haemophilus (22%), Moraxella (5%), und Streptococcus (5%) nachgewiesen, wobei der Nachweis von Alloiococcus und Haemophilus invers korrelierte und Haemophilus häufiger bei beidseitigen Paukenergüssen nachgewiesen werden konnte [75]. Als bakterielle Erreger wurden ferner Turicella und Pseudomonas zunehmend in der Altersgruppe älter als 24 Monate nachgewiesen [76]. Während Turicella und Actinobacteria seltener mit einer ausgeprägteren Schallleitungsschwerhörigkeit assoziiert waren, scheint Haemophilus deutlich häufiger für diese ursächlich zu sein [76]. Ähnliche Mikrobiome wurden dabei auch bei australischen Kindern, die von Aborigines abstammen, nachgewiesen [77]. Dagegen ließen sich deutliche Unterschiede zwischen dem Mikrobiom des Paukenergusses und dem der Tonsilla palatina nachweisen [78]. Nach anderen Untersuchungen dominieren dagegen Pseudomonaden das Mikrobiom des Mittelohres mit einer Nachweisrate von 82,7% [78]. Genetische Unterschiede konnten als ein möglicher ursächlicher Einflussfaktor für verschieden ausgeprägte Mikrobiome des Mittelohres beschrieben werden [79].
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4.2 Nasenrachen
Eine Hyperplasie der Rachenmandel ist einer der häufigsten Gründe, ein Kind dem HNO-Arzt vorzustellen. Die Besiedelung im Nasenrachen bei Kindern wurde oben teilweise schon aufgrund des pathophysiologischen Zusammenhanges mit der chronischen Otitis media mit Paukenerguss behandelt. Pseudomonaden, Streptococci, Fusobacteriae und Pasteurellaceae dominieren das Mikrobiom der Adenoide [78].
Adenoide sind häufig auch mit einer akuten Rhinosinusitis vergesellschaftet [80]. Entsprechend wurde die Adenotomie zu Therapie der chronischen Rhinosinusitis im Kindesalter zugelassen [80]. Eine mögliche Erklärung für die wechselseitige Beeinflussung von Adenoiden und Nasennebenhöhlen im Kindesalter ist der Nachweis von Biofilm auf der Oberfläche von Adenoiden [81] [82]. Eine prospektive observierende Untersuchung konnte bei Kindern zwischen dem 1. und 12. Lebensjahr eine hohe Assoziation zwischen den Mikrobiomen auf Adenoiden, in deren Zentrum sowie im mittleren Nasengang nachweisen. Dies signalisiert, dass bei unseren pädiatrischen Patienten rezidivierende Infekte der Nasennebenhöhlen und des Nasenrachens sich auf bakteriologischer Basis durch die Wiederausbreitung von bestimmten Mikrobiomen erklären lassen. Darüber hinaus kann auf diesem Wege der klinische Erfolg der Adenotomie bei Patienten mit einer begleitenden akuten Rhinosinusitis erklärt werden [83]. Im Bereich der Adenoide werden dabei hauptsächlich Haemophilus, Staphylococcus und Streptococcus nachgewiesen [80].
Dagegen konnte in anderen Studien kein signifikanter Zusammenhang zwischen der Besiedelung der Oberfläche von Adenoiden und dem Nachweis von Mikroben im Kern von Adenoiden nachgewiesen werden [83] [84], so dass der Zusammenhang von oberflächlichem Mikrobiom und Mikrobiom des Adenoidgewebes noch nicht als gesichert gelten kann.
Frühere Frühgeborene besitzen eine stärker ausgeprägte Heterogenität des Mikrobioms im Nasenrachen gleichen Lebensalters. Dabei waren Proteobacteriae vermehrt und Firmicutes vermindert. Diese Veränderungen persistierten trotz Infektion mit einem Rhinovirus, was als Zeichen einer persistierenden Immunmodulation bei Entzündungen der Atemwege nach stattgehabter Frühgeburtlichkeit interpretiert wurde [85].
Das Mikrobiom des Nasenrachens bei Kindern mit Asthma im Alter von 6–18 Jahren wiesen Moraxella, Staphylococcus, Dolosigranulum, Corynebacterium, Prevotella, Streptococcus, Haemophilus, Fusobacterium und Neisseriaceae verantwortlich für 86% aller Mikrobiomnachweise auf. Es konnten in verschiedenen Jahreszeiten keine relevanten Unterschiede der Alpha- und Beta-Diversität nachgewiesen werden. Dagegen variierte der relative Anteil von Haemophilus, Moraxella, Staphylococcus und Corynebacterium sowohl zwischen Sommerzeit und Herbst, als auch zwischen den untersuchten Altersgruppen [86].
Schließlich verändert ein akuter, viraler Infekt mit humanem Rhinovirus oder respiratorischen Syncytial Virus das Profil des Mikrobioms des Nasenrachens bei Untersuchung von N=123 gesunden Kindern deutlich im Bereich der bakteriellen Zusammensetzung [87]. Damit muss insgesamt das Mikrobiom des Nasenrachens zusammenfassend als hochvariabel eingeschätzt werden.
Aufgrund der möglichen pathophysiologischen Verbindung zwischen akuten viralen Infekten der oberen Atemwege mit dem Nasenrachen als möglichem Reservoir und dem Risiko, ein Asthma bronchiale als Kind zu entwickeln [88], wurden weitere Untersuchungen zum Mikrobiom des Nasenrachens unternommen. Prospektiv konnte bei 234 Kindern initial eine Besiedelung mit Staphylococcus oder Corynebacterium vor stabiler Kolonisierung mit Alloiococcus oder Moraxella nachgewiesen werden. Virus-assoziierte Veränderungen konnten durch den transienten Nachweis von Streptococcus, Moraxella oder Haemophilus nachgewiesen werden. Eine frühe asymptomatische Kolonisierung mit Streptococcus zeigte sich als starker Prädiktor, später eine Asthma bronchiale zu entwickeln [89].
Bei Vorliegen einer in der Bevölkerung erworbenen Pneumonie von Kindern zeigten Untersuchungen in 95,13% eine bakterielle und nur in 0,72% eine virale Genese anhand des Mikrobiomes. Dabei wurden Paramyxoviridae, Herpesviridae, Anelloviridae, und Polyomaviridae am häufigsten nachgewiesen [90]. Eine umfangreiche Untersuchung der Viren im Nasenrachen zeigte einen viralen Ursprung von ca. 1/7 aller Mikrobiomnachweise bei mehr als 700000 Mikrobiomdaten von 210 Patienten. Es wurden Paramyxoviridae, Picornaviridae und Orthomyxoviridae nachgewiesen und es gelang zudem auch der Nachweis eines neuen Rhinovirus C [91]. Diese Untersuchungen zu den viralen Bestandteilen des Mikrobiomes deuten auf einen großen und weitgehend unbekannten Anteil hin, der in engem Austausch zu den bakteriellen Mikroorganismen steht.
Zur therapeutischen Beeinflussung des Nasenrachens-Mikrobiomes liegt ebenfalls eine Untersuchung vor. Nach dieser waren Pneumokokken im Mikrobiom von etwa 25% der untersuchten Erwachsenen nachweisbar. Eine intranasale Applikation von Pneumokokken führte bei Erwachsenen mit großer Diversität des Nasenrachens häufiger zu einer anschließenden Pneumokokken-Besiedelung [92]. Diese begünstigte wiederum eine erhöhte Diversität des Mikrobioms.
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4.3 Nase und Nasennebenhöhlen
Das endonasale Mikrobiom zeigt eine hohe Variabilität [93]. Damit unterscheidet sich das nasale Mikrobiom deutlich von dem eher weniger diversifizierten Mikrobiom der unteren Atemwege. Dennoch sind Nachweise von signifikanten Kohortenunterschieden berichtet worden [93]. Dabei sind auch intraindividuell Unterschiede im Mikrobiom vom mittleren Nasengang, der mittleren Muschel und der unteren Muschel nachweisbar [93]. Aerobe Bakterien sind in der Nasenhaupthöhle deutlich häufiger nachweisbar mit fast 80% der Mikroorganismen als Anaerobe [94].
Bei allen Patienten, die sich als Kontrolle oder wegen einer CRS einer Operation unterzogen, konnten auch Pilze in der Nase per Abstrich nachgewiesen werden [95]. Die Alpha-Diversität der Pilze war in Kontrollen etwas niedriger als bei CRS (8,18 vs. 12,14). Nach einer Operation der Nasennebenhöhlen nahm die Alpha-Diversität ab, was insbesondere mit einer Abnahme des Nachweises von Fusarium und Neocosmospora verbunden war.
Zur Frage einer therapeutischen Veränderung des nasalen Mikrobiomes erfolgte eine doppelt-blinde Cross-Over Studie: Ein Gemisch aus Laktobazillen und Bifidobakterien wurde an gesunden Probanden einmalig angewendet, ohne dass Nebenwirkungen oder eine Veränderung der kommensalen Bakterien sowie ausgewählter Zytokine (u. a. IL-8, -15) nachgewiesen werden konnte [96].
4.3.1 Allergische Rhinitis
In Ergänzung der traditionellen Hypothese der Begünstigung einer allergischen Sensibilisierung durch Hygiene hat sich eine Mikrobiom/Mikroflora Hypothese etabliert [97]: Durch Störung des gastrointestinalen Mikrobioms werden Immunmechanismen zur Toleranzentwicklung gestört. Auf diesem Weg soll der Anstieg der Inzidenz allergischer Erkrankungen [98] [99] und Asthma bronchiale [100] erklärt werden. Dies beruht auf Untersuchungen, nach denen eine verringerte Diversität des gastrointestinalen Mikrobioms assoziiert ist mit einer erhöhten Prävalenz von allergischen Erkrankungen im Schulalter [98] [99].
Dabei ist der genaue Mechanismus derzeit unklar. Unterstützt wird die Hypothese auch durch den Nachweis einer pathophysiologischen Verbindung von Störungen des gastrointestinalen Mikrobiomes mit dem Auftreten von Asthma [101] [102] [103]. Eine Möglichkeit der Beeinflussung der lokalen und systemischen Entzündung des Respirationstraktes [104] besteht in der Bildung von kurzkettigen Fettsäuren, die durch Fermentierung von Fasern durch intestinale Bakterien gebildet werden [105] [106]. Auf das erhöhte Risiko zur Ausbildung eines Asthma bronchiales nach Antibiotikatherapie im früheren Kindesalter wurde bereits hingewiesen.
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4.3.2 Mikrobiom und chronische Rhinosinusitis
Das Mikrobiom von Patienten mit CRS variiert stark. Dabei zeigten sich signifikante Unterschiede in der Zusammensetzung von CRS ohne nasale Polypen (CRSsNP) und mit nasalen Polypen (CRSwNP) [93]. CRSsNP scheint durch ein Mikrobiom mit verringerter Diversifizierung sowie anaerober Anreicherung gekennzeichnet zu sein [93]. Vermehrt werden Streptococcus, Haemophilus, und Fusobacterium nachgewiesen. CRSwNP wurde dagegen durch vermehrte Anteile von Staphylococcus, Alloiococcus, und Corynebacterium charakterisiert. Dabei sind die in CRS nachgewiesenen Veränderungen auch signifikant unterschiedlich vom Mikrobiom von Patienten mit allergischer Rhinitis.
Im mittleren Nasengang ließen sich bei Patienten mit Rhinosinusitis v. a. Staphylococcus aureus, Staphylococcus epidermidis und Propionibacterium acnes nachweisen [107]. In der Kieferhöhle wurden ebenfalls mehrheitlich aerobe Bakterien (ca. 60%) nachgewiesen. Am häufigsten zeigten sich hier Streptococci (28,8%) und Prevotella (17,8%). Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae, und Staphylococcus aureus wurden dagegen in weniger als 10% der Proben nachgewiesen [94]. Die Varianz erscheint zwischen den Patienten größer als in verschiedenen nasalen Regionen. Dabei spiegelt insbesondere der mittlere Nasengang das Mikrobiom der gesamten Nase und Nasennebenhöhlen (u. a. im Vergleich zu Nasenloch, Kieferhöhle, Stirnhöhle, Keilbeinhöhle) repräsentativ wider, überschätzt tendenziell aber die Häufigkeit von Corynebakterien [108].
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4.4 Mundraum
Das subgingivale Mikrobiom chinesischer Zwillinge ist beispielhaft für die große Vielfalt charakterisiert durch 18 Phyli und 179 Genu [109]. Karies war mit einem größeren Anteil von Actinobacteria und dem verminderten Nachweis von Fusobacteriae verbunden. Bei Erwachsenen konnten häufiger Treponemen nachgewiesen werden, die allerdings auch typisch für eine adulte Periodontitis seien sollen. Ebenfalls als Marker einer Peridontitis wurden Spirochäten, Synergistetes, Firmicutes und Chloroflexi angegeben, während Actinobacteria, besonders Actinomyces, eher eine protektive Bedeutung zugeschrieben wurde [110]. Da sehr aktuelle Daten eher eine Verringerung der Alpha-Diversität als Anzeichen einer Peridontitis ansehen ohne auf spezifische Mikroorganismen abzuheben, scheint hier der wissenschaftliche Diskurs noch kontrovers [111]. Zwillingsuntersuchungen daraufhin ergaben dass der genetische Einfluss auf das orale Mikrobiom dem der Umwelt, speziell der Ernährung, nachgeordnet ist [109]. Ferner hat eine Schwangerschaft ebenfalls einen untergeordneten Einfluss auf die Zusammensetzung des subgingivalen Mikrobiomes zu besitzen [112]. Demgegenüber scheint eine genetische Disposition für Karies diese Erkrankung stärker zu begünstigen, als das Mikrobiom von Zahnplaques [113]. Dennoch wurden Streptococcus, Veillonella, Actinomyces, Granulicatella, Leptotrichia und Thiomonas [114], Streptococcus, Granulicatella und Actinomyces [115] bzw. Streptococcus und Veillonella (in Kindern jünger als 30 Monate) [116] häufiger bei gleichzeitiger Karies nachgewiesen. Günstig und eher ohne Kariesnachweis dagegen ist ein Mikrobiom, das Leptotrichia, Selenomonas, Fusobacterium, Capnocytophaga oder Porphyromonas enthielt [116].
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4.4.1 Mikrobiom des Speichels
Speichel besitzt eine große Fülle an Mikroorganismen [117] [118]. Zu diesen zählt Streptococcus, Dialister und Veillonella [119]. Im Vergleich von Speichel verschiedener Lebensalter erscheint im Kindesalter die Alpha-Diversität höher, wohingegen im Erwachsenenalter die absolute Fülle bei gleichartiger Zusammensetzung der Taxa höher ist [120]. Das zentrale, gesunde Mikrobiom des Speichels umfasst die Taxa Streptococcus, Prevotella, Neisseria, Haemophilus, Porphyromonas, Gemella, Rothia, Granulicatella, Fusobacterium, Actinomyces, Veillonella und Aggregatibacter [120] bzw. Streptococcus, Prevotella, Haemophilus, Lactobacillus und Veillonella [121]. Niedrigere Anteile von Neisseria, Aggregatibacter (Proteobacteriae), Haemophilus (Firmicutes) und Leptotrichia (Fusobacteriae) waren bei Patienten mit Plattenepithelkarzinomen im Bereich der Mundhöhle oder des Oropharynx zu detektieren [121]. Höhere Nachweisraten von Neisserien, Aggregatibacter, Haemophilus oder Leptotrichia weisen dagegen auf eine mögliche Tumorentwicklung hin. Ein erhöhter Zuckergehalt enoral, z. B. bei Diabetes mellitus Typ II, verringert die absolute Fülle der Mikroorganismen im Speichel und verschiebt ihre relative Fülle bei Jugendlichen [122]. Speichel wurde daher auch als mögliches Diagnostikum zur Detektion von schlecht eingestelltem Diabetes mit konsekutiv erhöhtem Kariesrisiko vorgeschlagen [122]. Ein Zusammenhang zu Karies konnte nur in einigen Studien bestätigt werden [123], in anderen nicht [124]. Es scheint aber zumindest ein Zusammenhang zu schlechter Mundhygiene zu bestehen [125].
Technisch ist die zirkadiane Rhythmik u. a. der Immunglobulin-A-Produktion im Speichel von Bedeutung. Hier zeigte sich das Aspirat der Probengewinnung mittels Abstrich überlegen [126]. Weiterhin unterliegen auch der Nachweis von verschiedenen Bakterien, wie Firmicutes inkl. Streptococcus und Gemella, und Bacteroidetes inkl. Prevotella [127], Schwankungen. Entsprechend sollten auch die Tageszeiten der Probenentnahme bei Publikation von Studien zum Mikrobiom des Speichels berichtet werden.
Von grundlegender Bedeutung aus technischer Sicht ist eine Untersuchung zur Re-test-Reliabilität der erhobenen Mikrobiom-Daten des Speichels [128]. So zeigte sich bei Probenentnahme alle 2 Monate über ein Jahr hinweg signifikant verschiedene absolute Häufigkeiten der nachgewiesenen Taxa sogar auf Ebene der Phyli und interindividuelle Unterschiede in der Zusammensetzung des Mikrobiomes mit signifikant verschiedener Alpha-Diversität. Ebenso schwankte der pH-Wert des Speichels im Jahresverlauf [128]. Diese Daten relativieren deutlich die Interpretationen von Unterschieden im Mikrobiom (auch in anderen Regionen), wobei die Autoren selbst die beobachteten Effekte den Jahreszeiten zuordnen. Proben, die in kürzerem Zeitverlauf z. B. einer Woche entnommen werden, scheinen dagegen deutlich stabiler im Hinblick auf ihre Reliabilität zu sein [129]. Aufgrund eines stärkeren Einflusses der jeweiligen Umgebung des Individuums als der Gene [130] wurde ferner vorgeschlagen, diesen Fakt bei der Rekrutierung der Kontrollgruppen zu berücksichtigen.
Mehr als 70% der DNA im Speichel kann Bakterien zugeordnet werden, nur weniger als 1% stammt von Viren [131]. Das Mikrobiom des Speichels wird zunehmend auch im Rahmen systemischer Erkrankungen untersucht, z. B. um autoimmune Erkrankungen leichter diagnostizieren zu können [132] oder zur Krebsfrüherkennung [133]. So scheint bei M. Behcet das Mikrobiom weniger divers zu sein mit großer Fülle von Haemophilus parainfluenzae, aber deutlicher Abnahme von Alloprevotella rava und dem Genu Leptotrichia [134].
Bei Einnahme von Amoxicillin für 5 Tage nahm die relative Fülle von Veillonellaceae, Actinomycetaceae, Neisseriaceae, Prevotellaceae und Porphyromonadaceae zu, während Streptococcaceae und Gemellaceae abnahmen. Einnahme von Azithromycin dagegen verursachte eine Zunahme von Bifidobacteriales und Veillonellaceae, während Clostridiales, Neisseriaceae und Erysipelotrichaceae reduziert nachgewiesen wurden [119].
Zur Stimulation der Immunabwehr ist möglicherweise die Einnahme von Lactobacillus kunkeei YB38 nützlich, da dieses im Mausmodell die Immunglobulin-A-Sekretion im Speichel erhöht [135]. Dagegen konnte eine orale Einnahme von Lactobacillus paracasei F19 durch Kinder im Alter von 4–13 Monaten die Häufigkeit von Karies nicht beeinflussen [136]. Die regelmäßige Einnahme kommerziell erhältlicher Probiotika verringerte den Nachweis von Pilzen, speziell Candida albicans, deutlich [137], wobei ein Beleg für die klinische Relevanz noch aussteht. Gleichzeitig scheint die Alpha-Diversität des Mikrobioms des Speichels unter Einnahme von Probiotika eher zuzunehmen [138]. Als weitere Form der interventionellen Studie wurde der Einfluss von Xyilitol oder Sorbitol-haltigem Kaugummi auf das Mikrobiom untersucht. Kinder sollten 5 Wochen lang ca. 6g/die in Form von Kaugummis zu sich nehmen. Während Xylitol mittels Kultur nachweisbare Streptokokken reduzierte, nahm unter Sorbitol Veillonella atypica im Mikrobiom des Speichels signifikant ab [139].
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4.5 Rachenraum
Streptokokken dominieren das Mikrobiom der gesunden Tonsille mit einer relativen Fülle von knapp 70% [78]. Im Rachen ist diese Dominanz mit ca. 50% nicht ganz so stark ausgeprägt, es folgen Fusobacteriae (ca. 8%) und Prevotellae (ca. 7%) mit deutlichem Abstand [140] [141] [142]. Im Bereich des Rachenringes liegt damit auf kleinstem Platz eine hohe Varianz bei Probenentnahme nur durch die Lokalisation bedingt (z. B. Rachenhinterwand versus Tonsilla palatina) vor [143].
Eine Tonsillenhyperplasie bei Kindern legt den Nachweis von Streptococcus (21,5%), Neisseria (13,5%), Prevotella (12,0%), Haemophilus (10,2%), Porphyromonas (9,0%), Gemella (8,6%), und Fusobacteriae (6,4%) nahe [144] [145]. Kinder mit PFAPA-Syndrom (periodischem Fieber, Stomatitis aphthosa, Pharyngitis und Adenitis) weisen in ihrer Tonsilla palatina wiederum ein anderes Mikrobiom auf: Dieses ist durch vermehrten Nachweis und vermehrte relative Fülle von Cyanobakteria charakterisiert, die zu Lasten der relativen Fülle von Streptokokken geht [146].
Bei Vorliegen einer chronischen Tonsillitis gelingt der kulturelle Nachweis von Erregern nur in ca. 60% [147] [148]. Anaerobier sind bei ca. 40–60% der Patienten an der Oberfläche und bei knapp 50% im Kern der Tonsilla palatina nachweisbar [143] [147]. Dabei kann am häufigsten Porphyromonas nachgewiesen werden. Bei Erwachsenen scheint eine chronische Tonsillitis v. a. mit dem Nachweis von Fusobacterium necrophorum, Streptococcus intermedius und Prevotella melaninogenica/histicola assoziiert zu sein [144] [145].
Als interventionelle Studie zum Einfluss von Gurgeln mit Benzethoniumchlorid bei Patienten mit Halitosis konnte keine Veränderung des Mikrobiomes der Tonsille zeigen [149].
4.5.1 Exkurs: Mikrobiom und Immunsystem
Grundlage der funktionellen Bedeutung des Mikrobioms in der Pathogenese verschiedener immunvermittelter Erkrankungen ist die Modulation sowohl der angeborenen als auch der adaptiven Immunität durch das Mikrobiom bzw. umgekehrt die Beeinflussbarkeit des Mikrobioms durch Immunzellen [150]. Dabei beeinflusst das Mikrobiom die Immunität besonders über Interleukin-18- und -22-vermittelte Signalwege [151] [152]. Zusätzlich können Mikrobiom und B- und T-Zellen sich gegenseitig beeinflussen und das Mikrobiom so Einfluss auch auf das adaptive Immunsystem ausüben [150].
Exemplarisch sei in diesem Zusammenhang angeführt, dass eine stärkere Korrelation bei Frauen zwischen der Durchführung einer Tonsillektomie und dem Auftreten einer Sarkoidose (odds ratio 3,30; 95% Konfidenzintervall 0,88–12,39), als bei Männern (odds ratio 1,26; 95% Konfidenzintervall 0,10–16,52) nachgewiesen werden [153]. Dies deutet damit ebenso wie Daten zur Effektivität von Chemotherapien bei verschiedenem Mikrobiom (siehe unten) auf einen möglichen Einfluss des Rachen-Mikrobiomes auf die Entwicklung einer Autoimmunerkrankung hin.
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4.6 Larynx
Das Mikrobiom des Larynx unterscheidet sich signifikant von dem des Rachens [140]. In erster Linie werden konsistent Firmicutes, Proteobacteriae und Bacteroidetes berichtet [154]. Detailliertere Untersuchungen geben auch Häufigkeitsangaben an: Die nachgewiesenen Phyli umfassen hier Firmicutes (54%), Fusobacteriae (17%), Bacteroidetes (15%), Proteobacteriae (11%), und Actinobacteria (3%). Die nachgewiesenen Geni umfassten Streptococcus (36%), Fusobacterium (15%), Prevotella (12%), Neisseria (6%), und Gemella (4%) [140].
In einer anderen Untersuchung der gleichen Arbeitsgruppe zeigte sich eine breite Varianz der Taxa mit verschiedener Häufigkeit [155]. So konnten die Phyli Firmicutes (46,4%), Bacteroidetes (18,7%), Fusobacteriae (16,9%), Proteobacteriae (13,0%), und Actinobacteriae (2,4%) nachgewiesen werden, was die früheren Ergebnisse bestätigte. Die Geni Streptococcus (41,7%), Fusobacterium (17,0%), Prevotella (13,2%), Gemella (4,1%), Helicobacter (2,6%), und Haemophilus (2,3%) zeigten hier eine ähnliche Dominanz. Dabei unterscheidet sich das Mikrobiom beim Vergleich der Lokalisation von Stimmbändern und Taschenfalten nicht signifikant [13]. Technisch waren die Ergebnisse von Biopsien und Abstrichen vergleichbar, sodass hier ein weniger invasivens technisches Vorgehen für Studien und Kontrollgewebe gerechtfertigt werden kann [13].
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4.7 Trachea
Bei Neugeborenen lässt sich Acinetobacter zuverlässig als Teil des Mikrobioms der Trachea nachweisen [156]. Damit erscheint die allgemein weit verbreitete Annahme, dass die Atemwege Neugeborener und speziell die Trachea steril seien, widerlegt. Eine verringerte Alpha-Diversität des trachealen Mikrobioms deutet dabei auf ein erhöhtes Risiko hin, an einer speziellen chronischen Lungenerkrankung, einer bronchopulmonalen Dysplasie, zu erkranken. Analog war die Diversität in beatmeten Patienten sowohl tracheal wie oral verringert. Dabei konnten die mittels Sequenzierung nachgewiesenen Taxa häufig nicht mittels Kultur nachgewiesen werden [157]. Beatmete Patienten mit Pneumonie besaßen eine bessere Prognose bei einer relativen Fülle <4,6% von Pseudomonaden und <70,8% von Staphylokokken [158]. Tracheotomierte Patienten zeigen bei Auftreten einer Infektion häufiger Haemophilus im Mikrobiom. Diese Zunahme erfolgt zu Lasten von Acinetobacter, Corynebacterium und Pseudomonas. Dabei nehmen im Rahmen des Infektes die Alpha- wie Beta-Diversität signifikant ab [159].
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4.8 Ösophagus
4.8.1 Gastro-ösophagealer Reflux
Eine Untersuchung zeigte keinen Einfluss von Reflux auf das laryngeale Mikrobiom [160]. Bei Anwendung von Protonenpumpenhemmern bei Neugeborenen mit gastro-ösophagealem Reflux [161] veränderten sich weder Alpha- noch Beta-Diversität signifikant, aber Vertreter der Geni Lactobacillus und Stenotrophomonas nahmen ab zugunsten von Haemophilus. Nach Absetzen der Therapie nahm die Alpha- und Beta-Diversität dann zu mit Zunahme der relativen Fülle der Phyli Firmicutes, Bacteroidetes und Proteobacteriae. Damit spiegelte das Mikrobiom Alter und Diät wider.
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4.8.2 Neubildungen
Plattenepithelkarzinome und Adenokarzinome sind die häufigsten malignen Neubildungen im Bereich der Speiseröhre. Die Ausbildung eines Adenokarzinoms scheint wesentlich durch einen gastro-ösophagealen Reflux begünstigt zu werden, der auch das komplexe Mikrobiom des Ösophagus beeinflusst und möglicherweise ein Ko-Faktor der Pathophysiologie des Barrett-Ösophagus darstellt[162]. Das relative Risiko an einem Adenokarzinom zu erkranken beträgt bei gastro-ösophagealem Reflux 30–400 [163].
Das normale Mikrobiom des Ösophagus erscheint von gram-positiven Bakterien (Phylus Firmicutes, v. a. mit dem Genus Streptococcus) geprägt [164]. Sowohl Reflux, wie auch bei Barett-Ösophagus veränderte sich dieses Bild zugunsten mehr gram-negativer Anaerobier der Phyli Bacteroidetes, Proteobacteriae, Fusobacteriae und Spirochäten. Ergänzend scheint die relative Häufigkeit von Taxa mehr als die absolute Menge von Bakterien wichtiger für die Pathophysiologie zu sein. So würden häufiger Veillonellae (19%), Prevotellae (12%), Neisseriae (4%), und Fusobacteria (9%) bei Vorliegen von Refluxerkrankung oder Barrett-Ösophagus nachgewiesen.
Um Auswirkungen des gastro-ösophagealen Reflux z. B. auch auf das Risiko an Tumoren des HNO-Fachgebietes zu erkranken besser untersuchen zu können, liegt mit der NordASCo Kohorte [165] Datenmaterial vor, das derzeit ausgewertet wird. Hier sind 945 153 Patienten mit gastro-ösophagealem Reflux aus den skandinavischen Staaten erfasst, von denen sich 48433 (5,1%) einem operativen Eingriff zur Refluxkontrolle unterzogen haben.
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5. Kopf-Hals-Tumoren und deren Behandlung
5.1 Karzinogenese
Derzeit wird geschätzt, dass ca. 20% aller Krebserkrankungen durch mikrobielle Erreger verursacht werden [166]. Im HNO-Fachgebiet anerkannt ist u. a. die Rolle des Humanen Papilloma Virus. Durch Verschiebungen innerhalb des Mikrobiomes kann eine Karzinogenese zusätzlich begünstigt werden, indem schützende Faktoren wie protektive mikrobielle Peptide wegfallen, Toxine sich sammeln oder pathogene Erreger sich vermehren können, um so z. B. über eine chronische Entzündung einer Karzinombildung zu begünstigen. Auch nach Bildung einer bösartigen Neubildung spielt das Mikrobiom eine Rolle: So kann es durch Mikroorganismen oder ihre Stoffwechselprodukte direkt onkogenetisch wirken, Tumorwachstum begünstigen, Wachstumsfaktoren bereitstellen und pro-inflammatorische und immunsuppressive Wirkung entfalten, die die körpereigenen Mechanismen zur Krebsbekämpfung schwächt.
Problematisch ist derzeit die Tumor-assoziierten, eher begleitenden Veränderungen von solchen mit kausalem Zusammenhang zu trennen. So wurde in Abhängigkeit des Antibiotika-Gebrauches ein erhöhtes Krebsrisiko nachgewiesen [167]. Demnach steigt das Risiko bei sechs oder mehr Verschreibungen von Antibiotika auf das relative Risiko eine bösartige Neubildung im Bereich von Mund und Rachen zu entwickeln von 1,38 (1,1,7-1,64; Alters- und Geschlechtsadaptiert) an. Im Bereich des Larynx war das Risiko einer Neubildung mit 1,45 (1,08–1,94) sogar noch ausgeprägter.
Veränderungen des oralen Mikrobiomes sind stark assoziiert mit dem Auftreten von Tumoren des Mundraumes [168]. In einer Meta-Analyse von acht Studien zeigte sich ein erhöhtes Risiko, an einer bösartigen Neubildung im Kopf-Halsbereich zu erkranken bei Vorliegen einer Peridontitis von 2,63 (95% Konfidenzintervall: 1,68-4,14) [169]. Da diese – wie oben beschrieben – mit deutlichen Veränderungen des oralen Mikrobiomes einhergeht, sind auch Unterschiede bei Vorliegen von Kopf-Hals-Tumoren zu erwarten:
Entsprechend zeigte eine Fall-Kontrollstudie unter Verwendung von Proben des Pharynx, Larynx und auch aus Metastasen von Kopf-Hals-Tumoren in Tumoren eine verringerte Alpha-Diversität im Vergleich zu normaler Schleimhaut gleicher Lokalisation [170].
Die Beta-Diversität wies sowohl im Vergleich normaler Schleimhaut mit Lokalisation des Primärtumors, wie einer Metastase signifikante Unterschiede auf, aber auch zwischen Primärtumor und Metastase war die Beta Diversität deutlich verschieden. Im Vergleich zum physiologischen Mikrobiom der Mundhöhle wird das Tumormikrobiom durch eine vermehrte Häufigkeit von Bacteroidetes, Proteobacteriae, Spirochäten und Fusobacteriae bei Abnahme von Firmicutes und Actinobacteriae charakterisiert. Bei Primärtumoren des Larynx und Pharynx ließ sich eine vermehrte Besiedelung mit Fusobacteriae und Abnahme von Firmicutes nachweisen. In Metastasen schließlich nahmen ebenfalls Fusobacteriae zu und speziell der Anteil der Spezies Streptokokken aus dem Phylum der Firmicutes nahm ab. Zusätzlich war auch die Nachweisrate von Proteobakterien erhöht.
Auch das Risiko an einem Lymphom zu erkranken wird mit Mikrobiom-basierten Ansätzen erklärt. So weisen skandinavische Untersuchungen auf eine Seropositivität mit Borrelia burgdorferi hin [171] [172]. MALT-Lymphome in verschiedenen, nicht gastrointestinalen Organen zeigten einen Nachweis von Chlamydophila psittaci [173] [174].
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5.2 Mikrobiome und Checkpoint-Inhibitoren
Zur Behandlung von Kopf-Hals-Tumoren zugelassen bzw. in der Erprobung sind Antikörper, die PD1 (Programmed cell death protein 1, auch CD279) bzw. CTLA4 (cytotoxic T lymphocyte associated antigen 4) blockieren [175]. PD1- oder „Checkpoint-Inhibitoren“ wurden erst in den letzten Monaten auch für Deutschland zugelassen (wie Nivolumab). Weitere stehen hier vor der Zulassung und sind bereits durch die FDA zur Behandlung von Plattenepithelkarzinomen im Kopf- Hals-Bereich zugelassen (wie Pembrolizumab) [176]. PD-1 wird von aktivierten T-Lymphozyten, B-Zellen, Killer-Zellten (NKT) und Treg Zellen exprimiert [177] und gehört zur Familie der CD 28 Ko-Rezeptoren [178]. Dabei können die Liganden PD1- und PD-2 an diese Rezeptoren binden, wobei scheinbar nur PD-1 neben antigenpräsentierenden Zellen (z. B. Makrophagen [179]) auch von Tumorzellen exprimiert wird [180]. Ferner ist die Expression von PD-L1 in einigen Plattenepithelkarzinomen (Haut [181]) mit dem Tumorstadium assoziiert, während die Expression von PD-L2 eher von der Tumorgröße und dem Differentierungsgrad bestimmt wurde [181].
Das Ligandenpaar aus PD1- und PDL1 ist in der Tumorumgebung lokalisiert und soll helfen, dass die Tumorzellen der Immunreaktion des Wirtes entgehen [182] [183]. Dabei bewirkt die Blockade dieser Verbindung einen deutlichen Anstieg von Interferon-Gamma (IFN-Gamma) [184] und damit eine signifikante Veränderung des Mikromilieus um den Tumor. Die Produktion von IFN-Gamma kann dabei deutlich durch das intestinale Mikrobiom beeinflusst werden [185]. Sowohl Ruminococcus (gram negativ), als auch Alistipes (gram-positiv) sind mit einer IFN-Gamma Produktion vergesellschaftet, während ein durch Anreicherung von Lactobacillus verändertes Mikrobiom diese Produktion nahezu verhindern kann. Untersuchungen im Tiermodell der Maus weisen darauf hin, dass das Mikrobiom die Effektivität einer Anti-PDL1 Therapie verstärken könnte. Hier zeigte ein Mikrobiom mit einem hohen Anteil von Bifidobacter ein verbessertes Ansprechen.
CTLA4 ist dagegen ein globaler Immunabwehrpunkt („Checkpoint“), um Immunantworten durch die Herunterregulation von CD4+ T effector (Teff) Zellen und Verstärkung von Treg Zellaktivität [182] [183] zu modulieren. Auch über diesen Mechanismus scheint das Mikrobiom Einfluss auf das Ansprechen von Krebstherapien Einfluss nehmen zu können. So weisen Mäuse, die ohne Bakterienbesiedelung sind oder nach einer Antibiotikatherapie, nur einen geringen Effekt einer Anti-CTLA-4 Therapie [186]. Umgekehrt verändert die CTLA-4-Behandlung das Mikrobiom [186]. Schließlich kann eine immun ausgelöste Colitis unter CTA-4 Therapie mit Ipilimumab durch Bacteroides phlilym Anreicherung vermieden werden [187]. Weiterhin verbessert eine orale Therapie mit dem Antibiotikum Vancomycin eine CTLA4-Immuntherapie [186].
Im Tiermodell der Maus konnte bei genetisch identischem Tier mit Induktion eines Melanoms deutlich unterschiedliche Ansprechraten auf das unterschiedliche Mikrobiom von Tieren von zwei verschiedenen Züchtern erklärt und auf den günstigen Effekt von Bifidobakterien zurückgeführt werden. Die Zuführung von Bifidobakterien in den Tieren mit dem schlechteren ansprechen konnte dabei die Tumorkontrolle und IFN-Gamma Produktion verbessern [188].
Insofern mag das Mikrobiom auch ein Biomarker für das Ansprechen einer Therapie bzw. ein Ansatzpunkt sein, um die Effektivität einer eingeleiteten Therapie günstig zu beeinflussen.
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5.3 Ausblick
Die Behandlung des Mikrobiomes eröffnet ein völlig neues Therapiegebiet in Abhängigkeit des verwendeten Materiales. Die Stuhltransplantation zur Behandlung von Clostridium difficile wurde seitens des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) als Behandlung mit einem Arzneimittel eingestuft, obwohl eine reproduzierbare Produktion des Stuhles gemäß herkömmlichen pharmakologischen Verständnis derzeit nicht möglich erscheint. Damit beginnt hier eine Grauzone, die auch im Hinblick auf präbiotische Therapien – auch für den Kopf-Hals-Bereich – kritisch zu betrachten ist. Die Diskussion um Veränderungen des Mikrobiomes auch durch eine „nur“ einmalige Antibiotikagabe hilft, das Verschreibungsverhalten unter diesem Aspekt kritisch zu hinterfragen. Bei gemäß aktueller Leitlinie 5–6-maliger Antibiotikatherapie vor Eingriff an den Gaumenmandeln sind hier in der Zukunft Datenerhebungen zur Abwägung der sekundären Schäden am Mikrobiom mit ihren Auswirkungen auf den Wirt sinnvoll und können ggf. eine frühere Intervention verifizieren helfen. Aufgrund der gegenseitigen Interaktionen von Wirt und Mikrobiom auch unabhängig einer Erkrankung und derzeitig noch begrenzten Kenntnisstand ist das Mikrobiom damit zu einer noch unplanbaren Größe zukünftiger Therapien geworden.
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