Gesundheitsökonomie & Qualitätsmanagement 2018; 23(06): 328-336
DOI: 10.1055/s-0043-121590
Übersichtsarbeit
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Sind G-BA Beschlüsse für die Versorgungssteuerung geeignet?

Are FJC appraisals suitable to guide therapeutic decisions?
Pascale Holzerny
1   HealthEcon Ltd, Basel, Schweiz
,
Sebastian Werner
2   vfa, Verband forschender Arzneimittelhersteller e. V., Berlin
,
Jörg Ruof
3   Medizinische Hochschule Hannover, Deutschland
› Author Affiliations
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Publication Date:
15 January 2018 (online)

Zusammenfassung

Zielsetzung Ziel dieser Übersichtsarbeit ist die Analyse der Übereinstimmung zwischen Leitlinien und G-BA Beschlüssen hinsichtlich i) Patientengruppenbildung und ii) Leitlinienempfehlung versus Zusatznutzen.

Methoden Alle onkologischen AMNOG Beschlüsse von 1/2011 bis 5/2017 wurden einbezogen. Bei befristeten Verfahren wurden jeweils nur die aktuellsten Beschlüsse berücksichtigt. Onkopedia wurde als die primäre Quelle für die klinisch-onkologischen Leitlinien berücksichtigt. Die Konkordanz der Patientengruppenbildung wurde angenommen, wenn Leitlinien und G-BA Beschlüsse identische Patientengruppen beinhalteten. Differierende Patientengruppen wurden als Diskordanz beschrieben. Die Konkordanz des G-BA Zusatznutzenbeschlusses zur entsprechenden Leitlinienempfehlung wurdeangenommen, wenn vorhandener bzw. nicht belegter Zusatznutzen mit einer vorhandenen bzw. fehlenden Empfehlung in den Leitlinien zusammenfiel. Diskordant waren Beschlüsse, die von der Leitlinienempfehlung divergierten.

Ergebnisse In die Analyse gingen 37 onkologische Medikamente mit 56 Verfahren und insgesamt 102 Patientengruppen ein. Hinsichtlich der Patientengruppenbildung weicht der G-BA in 38 % (n = 39 von 102) partiell oder komplett von den in den Leitlinien dargestellten Patientengruppen ab. Bezüglich der Übereinstimmung von Zusatznutzenbeschluss und Leitlinienempfehlung zeigt sich eine partielle oder komplette Diskordanz bei 60 % der Patientengruppen (n = 61 von 102).

Schlussfolgerung G-BA Beschlüsse und Leitlinien in der Onkologie weisen sowohl hinsichtlich Patientengruppenbildung als auch bezüglich Zusatznutzenbeschluss erhebliche Diskordanzen auf. Eine, am Patientenwohl orientierte, evidenzbasierte Steuerung der Versorgung sollte sich primär an den von den klinischen Fachgesellschaften konzipierten Leitlinien orientieren.

Abstract

Aim The aim of our review is to analyze the consistency between clinical guidelines and FJC appraisals with regard to i) patient subgroups and ii) guideline recommendations versus additional benefit appraisals.

Method Oncological AMNOG appraisals from 1’2011 to 5’2017 were included. In time -restricted procedures only the most recent appraisals were considered. Onkopedia was used as primary source of clinical oncology guidelines. Consistency of patient subgroups was assumed when guidelines and FJC appraisals included identical subgroups. Different definitions of subgroups were described as discordance. Consistency of FJC’s additional benefit decisions and respective guidelines was assumed when additional/no additional benefit decisions coincided with a positive/missing recommendation in the clinical guidelines. Discordant were decisions that diverged from the guidelines.

Results The analysis included 37 oncological medications with 56 FJC appraisals and a total of 102 patient subgroups. Regarding patient subgroups, FJC partially or fully deviates from the guidelines in 38 % (n = 39 of 102) of the analyzed subgroups. Regarding the consistency between FJC’s additional benefit decision and the guideline recommendations, partial or complete discordance is seen in 60 % of the patient groups (n = 61 of 102).

Conclusion A comparison of FJC appraisals and clinical oncology guidelines reveals considerable differences regarding patient subgroups and additional benefit decisions. Patient-oriented, evidence-based care management should be based primarily on guidelines developed by the clinical specialists.