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DOI: 10.1055/s-0042-1753731
COVID-19-bezogene Krankheitsvorstellungen in der Bevölkerung der Türkei – Ergebnisse einer Querschnittstudie
Einleitung Krankheitsvorstellungen sind kognitive und emotionale Annahmen und Überzeugungen, die Menschen über ihre Erkrankung haben, und die ihr Gesundheits- und Krankheitsverhalten beeinflussen können. COVID-19-bezogene Krankheitsvorstellungen wirken sich so auch auf präventive Verhaltensweisen beim Infektionsschutz ebenso wie den Umgang mit der Erkrankung selbst aus. Im Zusammenhang mit COVID-19 ist über Krankheitsvorstellungen noch wenig bekannt. Ziel der Studie war es, COVID-19-bezogene Krankheitsvorstellungen in der Bevölkerung der Türkei zu untersuchen.
Methoden Im Zeitraum vom Dezember 2021 bis Februar 2022 wurde hierzu eine Onlineumfrage in der türkischen Bevölkerung durchgeführt. Die Krankheitsvorstellungen wurden anhand des Brief Illness Perception Questionnaire (Brief IPQ) auf einer 11-stufigen Likert-Skala erfasst. Höhere Scores repräsentieren negativere (‚ungünstigere‘) Krankheitsvorstellungen. Zusätzlich wurden sozioökonomische Daten, die selbsteingeschätzte Gesundheit sowie weitere Konstrukte – wie das Informationsverhalten und die Akzeptanz der COVID-19-Impfung – erfasst.
Ergebnisse Insgesamt nahmen 345 Personen an der Studie teil, wobei 68,8% der Studienteilnehmer*innen Frauen waren. Fast alle Befragten (95,3%) gaben an, mindestens einmal geimpft worden zu sein und 63,6% schätzten ihre Gesundheit als gut bis sehr gut ein. Die mittleren Scores in Bezug auf die Krankheitsvorstellungen waren in der Stichprobe wie folgt verteilt: Konsequenzen 7,1 (Standardabweichung [SD]=2,7), zeitlicher Verlauf 7,4 (SD=2,8), persönliche Kontrolle 5,6 (SD=2,6), Behandlungskontrolle 4,5 (SD=2,7), Identität 7,0 (SD=2,6), Bedenken 6,8 (SD=2,7), Verständnis 3,1 (SD=2,5) und emotionale Reaktion 6,5 (SD=2,9).
Schlussfolgerung Im Vergleich zu den Krankheitsvorstellungen der Bevölkerung in Deutschland und anderen Ländern, die in Untersuchungen aus dem Zeitraum April bis Juni 2020 erhoben wurden, zeigen sich in der türkischen Bevölkerung in allen untersuchten Kategorien höhere mittlere Scores. Die größten Unterschiede ergeben sich dabei in den Kategorien zeitlicher Verlauf (DE: 6,3 SD=1,6), persönliche Kontrolle (DE: 3,9 SD=2,2), Behandlungskontrolle (DE: 3,7 SD=2,2) und Bedenken (DE: 5,7 SD=2,4). Dies lässt sich möglicherweise auf Unterschiede im Wissen zu COVID-19 und gesundheitsrelevante Verhaltensweisen zurückführen. Dies zeigt die Notwendigkeit auf, für die Prävention und Bewältigung ungünstige Krankheitsvorstellungen durch adäquate Informationsangebote zu adressieren. Beim Vergleich der unterschiedlichen Studienergebnisse sind die unterschiedlichen Zeiträume zu berücksichtigen, in denen die Befragungen jeweils stattgefunden haben. Vor dem Hintergrund der hohen Transnationalität von Menschen mit türkischem Migrationshintergrund sind die vorliegenden Ergebnisse auch für das Gesundheitssystem in Deutschland von Bedeutung.
Publication History
Article published online:
22 August 2022
© 2022. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart,
Germany