Hintergrund Die Schwindelkompensation einer akuten Neuropathia vestibularis (aNV) ist individuell sehr unterschiedlich. Die Regenerationsfähigkeit der einzelnen Sensoren ist unklar. In dieser Studie erfolgte eine klinische und apparative Untersuchung aller Labyrinthteilstrukturen im Kurzzeitintervall.
Methoden Diese prospektive Studie untersucht 39 Patienten (22 ♂, 17 ♀, Alter: ∅55±18 Jahre) initial mit aNV und nach durchschnittlich fünf Wochen. Es erfolgte die Anamnese, klinische Untersuchung und apparative otoneurologische Diagnostik (thermische Prüfung (TP), Video-Kopfimpulstest aller Bogengänge (vKIT), Drehpendelprüfung (DPP), cervikal/okulär vestibulär evozierte myogene Potentiale (c/oVEMPs)).
Ergebnisse Eine subjektive partielle Besserung des Schwindels wurde in 87% der Fälle angegeben. Bei der apparativen Kontrolle war in 50% noch ein Spontannystagmus nachweisbar und die vestibulospinale Untersuchung war in 54% auffällig. Der horizontale Bogengang zeigte eine signifikante Erholung in der TP, jedoch war die Erregbarkeit nur in 15,4% der Fälle symmetrisch. Der vKIT war bei 26,3% der Fälle in der Kontrolle unauffällig. Die DPP war bei 47% kompensiert. Die cVEMPs und die oVEMPS waren bei 24% der Fälle wieder reproduzierbar.
Diskussion Innerhalb der ersten Wochen nach aNV kommt es meist subjektiv zu einer Symptomreduktion. Es muss jedoch immer zwischen individuell unterschiedlicher Regeneration der Bogengangs-, der Otolithensensoren und einer zentralen Kompensation unterschieden werden. Eine alleinige klinische Untersuchung ist nicht ausreichend, um residuale Funktionsstörungen nach aNV abzubilden. Die Spannweite der Kompensation erfordert differenzierte otoneurologische Kontrollen und eine dem Rezeptordefizit individuell angepasste Rehabilitation.