Z Gastroenterol 2022; 60(04): e259
DOI: 10.1055/s-0042-1745670
Abstracts | GFGB
Kategorie: Klinische Abstracts

Sekundär sklerosierende Cholangitis nach schwerer Covid-19-Erkrankung – Hinweise auf ein spezifisches Krankheitsbild

M. Seifert
1   Medizinische Klinik 6, Klinikum Nürnberg, Paracelsus Medizinische Privatuniversität Nürnberg
,
G. Kneiseler
1   Medizinische Klinik 6, Klinikum Nürnberg, Paracelsus Medizinische Privatuniversität Nürnberg
,
A. Dechêne
1   Medizinische Klinik 6, Klinikum Nürnberg, Paracelsus Medizinische Privatuniversität Nürnberg
› Institutsangaben
 

Einleitung Während des Fortschreitens der SARS-CoV-2-Pandemie wird deutlich, dass COVID-19 zu zahlreichen extrapulmonalen Manifestationen führen kann. In dieser Fallserie berichten wir über sieben Patienten, die nach schwerer COVID-19-Erkrankung unter intensivmedizinischer Behandlung eine sekundär sklerosierende Cholangitis (SSC) entwickelten.

Material und Methodik Zwischen März 2020 und November 2021 wurden 544 Fälle mit dem Diagnosecode Cholangitis, die an einem deutschen medizinischen Zentrum der Maximalversorgung behandelt wurden, auf das Vorliegen einer SSC gescreent. Bei schwerem COVID-19-Verlauf als Ursache der SSC wurden die Patienten der COVID-19-Gruppe zugeordnet. Sofern es andere Gründe für die Entwicklung einer SSC gab, wurden die Patienten der Nicht-COVID-19-Gruppe zugeordnet. Zwischen beiden Gruppen wurden die maximalen Veränderungen der Serum-Transaminasen bzw. Cholestaseparameter verglichen sowie Parameter der Intensivbehandlung und Daten aus der Leberelastographie.

Ergebnisse Wir identifizierten im untersuchten Zeitraum sieben Patienten, die eine SSC nach einem schweren Verlauf von COVID-19 entwickelten. Im gleichen Zeitraum wurden vier Patienten aufgrund einer SSC auf dem Boden eines anderen Auslösers behandelt. Die Mittelwerte der Gamma-Glutamyltransferase (GGT) und der alkalischen Phosphatase (ALP) waren in der COVID-19-Gruppe höher als in der Nicht-COVID-19-Gruppe (GGT: 2689 U/L vs. 1812 U/L und ALP: 1445 U/L vs. 1027 U/L), wobei die intensivmedizinischen Behandlungsfaktoren in beiden Gruppen vergleichbar waren. Die mittlere Beatmungsdauer war in der COVID-19-Gruppe kürzer als in der Nicht-COVID-19-Gruppe (22,1 Tage vs. 36,7 Tage). Per Leber-Elastographie gewonnene Daten zeigten in der COVID-19-Gruppe ein schnelles Fortschreiten zur Leberzirrhose mit einer mittleren Lebersteifigkeit von 17,3 Kilopascal (kPa) in weniger als zwölf Wochen nach Beginn der Intensivtherapie.

Zusammenfassung Unsere Daten deuten auf einen schwereren bzw. rascher progredienten Verlauf der SSC hin, wenn COVID-19 ursächlich ist. Die Gründe dafür sind wahrscheinlich multifaktoriell, einschließlich einer direkten zytopathogenen Wirkung des Virus. Da die Lebertransplantation die einzige verfügbare Option zur Heilung einer SSC ist, könnte die Pandemie den Mangel an Spenderorganen in den kommenden Jahren verschärfen.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
29. März 2022

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