Aktuelle Ernährungsmedizin 2016; 41(S 01): S6-S9
DOI: 10.1055/s-0042-102717
Übersicht
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Höher – weiter – schneller

Ausdauertraining, Krafttraining und Effekte von Hypoxie: molekulare Mechanismen und individuelle TrainingsvariablenHigher – Further – FasterEndurance Training, Strength Training, and the Effects of Hypoxia: Molecular Mechanisms and Individual Training Variables
P. Platen
Lehrstuhl für Sportmedizin und Sporternährung, Ruhr-Universität Bochum
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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Petra Platen
Fakultät für Sportwissenschaft, Lehrstuhl für Sportmedizin und Sporternährung, Ruhr-Universität Bochum
Gesundheitscampus-Nord 10
44801 Bochum
Phone: 0234/32-24099   

Publication History

Publication Date:
11 April 2016 (online)

 

Zusammenfassung

Die quer gestreifte Skelettmuskulatur besteht aus verschiedenen Muskelfasertypen, die unterschiedliche metabolische und kontraktile Eigenschaften aufweisen. Sie reagieren spezifisch auf unterschiedliche Trainingsreize: Adaptationen beim Ausdauertraining führen zur Vermehrung von Mitochondrien und zur Intensivierung des oxidativen Stoffwechsels. Adaptationen beim Krafttraining bewirken eine vermehrte Proteinbiosynthese und eine Hypertrophie der Skelettmuskelfaser. Beim Ausdauertraining sind ca. 50 % der Adaptation auf genetische Faktoren zurückzuführen.

Die molekularen Mechanismen, die den Trainingsanpassungen zugrunde liegen, werden derzeit intensiv erforscht. Sie umfassen komplexe, ineinandergreifende Systeme mit einer Reihe von Schlüsselsubstanzen. Die Aufklärung molekularer Schalter und Signalwege lässt vermuten, dass die Kombination von gleichzeitigem Kraft- und Ausdauertraining kontraproduktiv ist. Möglicherweise schwächt die Kombination beider Trainingsformen die Effekte auf die Muskelmasse und die Muskelkraft ab. Daraus leitet sich die Empfehlung ab, zwischen Kraft- und Ausdauertraining genügend zeitlichen Abstand einzuplanen.


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Abstract

The striated skeletal muscles consist of different myocytes that have different metabolic and contractile characteristics. They react in a specific way to difference training stimuli: adaptations as a result of endurance training trigger an increase in mitochondria and lead to an intensified oxidative metabolism. Adaptations as a result of strength training result in increased protein biosynthesis and hypertrophy of the skeletal myocytes. About 50 % of the adaptation associated with endurance training are due to genetic factors.

The molecular mechanisms that underlie the training adaptations are currently the subject of intense research. They comprise complex interrelated systems with a series of key components. Understanding molecular switches and signalling pathways gives rise to the assumption that the combination of simultaneous strength training and endurance training is counterproductive. The combination of both these forms of training possible weakens the effect on muscle mass and muscle strength. Consequently the recommendation is to plan for enough of time intervals between strength training and endurance training.


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Jede körperliche Bewegung basiert auf einem fein abgestimmten Zusammenspiel von Nerven und Muskeln: Das Zentralnervensystem veranlasst und steuert die Kontraktionen der quer gestreiften Skelettmuskulatur. Hauptakteure sind Motoneuronen, die in motorischen Einheiten organisiert sind. Eine motorische Einheit bezeichnet ein Motoneuron, das in der motorischen Großhirnrinde entspringt, mit seinem Axon durchs Rückenmark zieht und dort auf ein zweites Motoneuron (Neurit) umgeschaltet wird. Dieser Neurit innerviert eine bestimmte Anzahl an Muskelzellen [1]. Das ins Gehirn ziehende Axon spiegelt sich in den motorischen Rindenfeldern des Großhirns wider. Dort repräsentieren Millionen von Motoneuronen die verschiedenen Körperteile, die somatrop organisiert und in Form eines Homunkulus darstellbar sind. Die Größe der Areale entspricht jedoch nicht den Körperproportionen. Feinmotorisch abgestimmte Muskelgruppen wie Fingerbewegungen oder die Gesichtsmimik beanspruchen große Areale der motorischen Rindenfelder; ein Motoneuron versorgt dann nur wenige Muskelzellen. Großflächige Körperteile wie Waden oder Bauch, die keine feinmotorischen Bewegungen ausführen müssen, haben dagegen nur kleine Rindenfelder, da ein einziges Motoneuron in diesen Bereichen viele Muskelfasern versorgt.

Außer den komplex miteinander verschalteten motorischen Rindenfeldern sind noch weitere Hirnareale an der Regulation der Motorik beteiligt: Die Basalganglien steuern z. B. die Koordination, der Hippocampus speichert gelernte Bewegungsformen, das Kleinhirn steuert Balance, Koordination und Bewegungsgenauigkeit. Insgesamt sind neuromuskuläre Steuerungsprozesse in ihrer Komplexität bislang wenig erforscht. Auch Adaptationsprozesse, die auf Gehirnebene im Rahmen von Kraft- oder Ausdauertraining stattfinden, werden nur ansatzweise verstanden.

Langsame und schnelle Muskelfasertypen

Gut erforscht ist dagegen die Feinstruktur der quer gestreiften Skelettmuskulatur. Die Muskelfaserbündel setzen sich aus langsamen und schnellen Muskelfasertypen zusammen. Das Verhältnis der Fasertypen ist von Muskel zu Muskel und von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Untersucht werden kann die Feinstruktur des Muskelgewebes durch die Entnahme von Muskelbiopsien. Dies erfolgt unter lokaler Anästhesie, meist aus dem großen Oberschenkelmuskel (Musculus vastus lateralis).

Die heutigen Kenntnisse über die Einflüsse von Genetik und Training auf den molekularen Feinbau des Skelettmuskelgewebes basieren auf Analysemethoden, die vor über 100 Jahren entwickelt und seither immer weiter differenziert werden konnten.

Um das Jahr 1900 herum wurden Muskelzelltypen nach ihrer Farbe eingeteilt: weiß, rot und gemischt. Unterscheidungsmerkmal war vor allem das Myoglobin, der Sauerstoffträger in den Muskelzellen. Es kann Sauerstoff aufnehmen, abgeben und innerhalb der Muskelzelle transportieren.

Diesen Mechanismus nutzt die Fleischindustrie seit einigen Jahren: Das Einschweißen von Fleisch in sauerstoffhaltiger Atmosphäre bewirkt, dass Muskelgewebe seine rote Farbe behält. Dies impliziert auf den ersten Blick frisches Fleisch, ist tatsächlich aber eine Täuschung des Verbrauchers. Für die Kaufentscheidung sollte deshalb nicht nur das Aussehen, sondern vor allem das Mindesthaltbarkeitsdatum entscheidend sein.

Seit ca. 1970 können Muskelfaserzellen zudem nach ihrer Kontraktionsgeschwindigkeit und oxidativen Kapazität differenziert werden. Rote Skelettmuskelzellen mit einem hohen Myoglobingehalt sind reich an Mitochondrien, besitzen eine hohe oxidative Kapazität, können viel Sauerstoff aufnehmen und in Energie umwandeln. Sie werden von kleinen Motoneuronen innerviert, sind für länger dauernde, ermüdungsresistente Belastungen zuständig und werden auch als langsame Typ-I-Fasern bezeichnet [2].

Weiße Muskelzellen mit einem geringen Myoglobingehalt enthalten wenige Mitochondrien und haben eine geringe oxidative Kapazität. Sie werden von großen, schnell leitenden Motoneuronen innerviert und sind für schnelle Bewegungen zuständig. Sie werden auch schnelle Typ-II-Fasern genannt.

Darüber hinaus unterscheiden sich die Muskelfasern entsprechend ihrer Kontraktionseigenschaften im Gehalt des ATP-spaltenden Enzyms ATPase. Muskelfasertypen können auch nach ihrem histochemischen Verhalten unterschieden werden. Man unterteilt:

  1. Schnelle tetanische Fasern zeigen eine starke Färbereaktion mit ATPase, aber eine schwache mit Sukzinatdehydrogenase (SDH), einem mitochondrialen Enzym des Zitronensäurezyklus. Typisch ist eine rasche Energiefreisetzung aus ATP mit langsamer ATP-Nachlieferung. Daher ermüden diese Muskelfasern rasch.

  2. Schnelle ermüdungsresistente (intermediäre) Fasern ergeben eine starke Färbereaktion sowohl mit ATPase und SDH. Sie ermöglichen eine rasche Energiefreisetzung aus ATP bei schneller Nachlieferung von ATP aus dem Zitronensäurezyklus und sind ermüdungsresistent.

  3. Langsame ermüdungsresistente Fasern zeigen eine schwache Reaktion mit ATPase bei starker Färbereaktion mit SDH. Das bedeutet langsame Energiefreisetzung aus ATP bei schneller ATP-Nachlieferung aus dem Zitronensäurezyklus. Diese Fasern sind ebenfalls ermüdungsresistent.

Grundsätzlich gilt: Alle Muskelfasern, die von einem Motoneuron einer motorischen Einheit innerviert werden, sind biochemisch identisch. Entweder sind sie rot oder weiß, ausdauernd oder schnellkräftig. In gemischten Muskeln sind die Fasern über den gesamten Muskel verteilt.


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Hybridmuskelfasern mit adaptivem Potenzial

Anfang der 1990er-Jahre ermöglichte die genaue Analyse der Myosinköpfchen eine weitere Differenzierung der Skelettmuskelfasern. Das Myosinmolekül besteht aus zwei schweren Ketten im Schaftbereich und mehreren leichten Ketten im Kopfbereich. Es weist von Mensch zu Mensch, von Muskel zu Muskel und von Muskelzelltyp zu Muskelzelltyp deutliche Unterschiede auf. Je nach Kombination von schweren und leichten Myosinketten können einzelne Muskelzelltypen differenziert werden. Bestimmte Kombinationen kommen eher in langsamen Ausdauermuskelfasern vor, andere in schnellkräftigen, kraftbetonen Muskelfasern. Darüber hinaus gibt es Isoformen der Myosinschwerketten, so genannte Hybridfasern, die sich sowohl in Richtung langsame Ausdauermuskelfaser als auch in Richtung schnellkräftige Muskelfaser differenzieren können. Diese Fasern haben hohes adaptives Potenzial, Muskelzellen bei entsprechender Stimulation zu prägen.

Bei Mitteleuropäern haben die meisten Muskeln eine gemischte Faserverteilung [3]. Bei Hochleistungssportlern finden sich jedoch sportartspezifische Unterschiede: Sprinter haben einen vergleichsweise geringen, Langstreckenläufer einen hohen Anteil an Ausdauerfasern. Zu welchem Anteil die Gene oder Trainingsanpassungen das Muskelprofil von Hochleistungssportlern prägen, ist bis dato nicht genau erforscht. Wahrscheinlich trifft beides zu.


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Warum ein Ausdauerläufer kein guter Sprinter werden kann

Die verschiedenen Skelettmuskeltypen können partiell ineinander übergehen: Ausdauermuskelfasern vom Typ I können in schnellkräftige Typ-II-Fasern konvertieren. Dabei spielt die motorische Ansteuerung eine herausragende Rolle. Wird ein Motoneuron von einer Muskelzelle gekappt und auf eine andere übertragen, richtet sich diese Zelle nach den Vorgaben des Motoneurons. Ein Beispiel: Die Übertragung eines schnellkräftigen Motoneurons auf eine Ausdauerfaser führt dazu, dass sich die Ausdauerfaser nach einigen Wochen in eine schnellkräftige Faser entwickelt. Das ist das Prinzip der Kreuzinnervation.

Derartige Konvertierungen erfolgen in Realität aber nur eingeschränkt. Vor allem der Switch von Typ-I- in Typ-II-Fasern gelingt praktisch nicht. Nach Kraft- oder Schnelligkeitstraining werden Typ-I-Fasern nur in geringem Umfang in Typ-II-Fasern konvertiert. Umgekehrt können Typ-IIa-Fasern nach einem mehrmonatigen Ausdauer- und Krafttraining in etwas höherem Maße in Typ-I-Fasern konvertieren. Diese Tatsachen erklären die Aussage, dass ein guter Ausdauerläufer niemals ein guter Sprinter werden kann, umgekehrt aber schon.

Heute konzentriert sich die moderne Skelettphysiologie weniger auf die Differenzierung verschiedener Muskelfasertypen, sondern befasst sich mit den molekularbiologischen Mechanismen. Die Skelettmuskulatur besitzt vielfältige funktionelle Gengruppierungen, die teilweise unabhängig voneinander an Veränderungen der Umgebungsbedingungen und Auslenkungen der Homöostase adaptieren. Die Regulation der Genmodule, die den Fasertyp determinieren, umfasst eine Fülle von Möglichkeiten: Eine schnellkräftige Faser kann in eine langsame transformieren, sie kann hypertrophieren, atrophieren, nekrotisch werden oder untergehen. Dabei handelt es sich um proteomweite Alterationen, das heißt, diese Veränderungen betreffen niemals nur ein Protein oder ein Enzym, sondern immer die gesamte Skelettmuskelzelle.


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50 % der Trainingsanpassung sind genetisch determiniert

Wie wichtig die genetische Komponente bei der Adaptation an Trainingsreize ist, belegt die Heritage-Studie [4]. Sie untersuchte fast 800 untrainierte Personen aus ca. 200 Familien, die jeweils aus zwei Generationen stammten, also z. B. Vater oder Mutter mit Sohn oder Tochter. Diese Personen führten 20 Wochen lang im Labor ein identisches, kontrolliertes Fahrradergometer-Ausdauertraining durch. Im Mittel stieg die maximale Sauerstoffaufnahme VO2max um 400 ml pro Minute, was die Effektivität des Trainings belegt. Die differenzierte Betrachtung der Daten zeigt jedoch große Unterschiede: Bei manchen Familien stieg die VO2max nur um 100 ml, bei anderen dagegen um 600 ml, bei einzelnen um über 1000 ml. Bei manchen verschlechterte sich VO2max sogar. Demnach führt ein identischer Trainingsreiz je nach individueller genetischer Ausstattung bei manchen Menschen zur Adaptation, bei anderen nicht. Aus den Daten lässt sich schlussfolgern, dass 50 % der Anpassung beim Ausdauertraining genetisch determiniert ist. Es ist anzunehmen, dass diese Ergebnisse nicht nur für Ausdauerbelastungen gelten, sondern auch auf Krafttraining und Muskelmassezuwachs übertragbar sind.


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Bessere Fettverbrennung bei moderater Belastung

Trainingsadaptationen basieren grundsätzlich auf Enzymaktivitäten, die Reaktionen des Energiestoffwechsels katalysieren [5]. Dabei spielen über 1000 Enzyme eine Rolle, deren Aktivität die Leistungsfähigkeit des gesamten Systems bestimmt.

Die einzelnen Komponenten des oxidativen Energiestoffwechsels werden in Abhängigkeit von der Belastungsintensität unterschiedlich stimuliert.

Mit zunehmender Belastungsintensität steigt die Kohlenhydratoxidation, während die Fettsäureoxidation sinkt. Bei maximaler Ausbelastung findet praktisch keine Fettsäureoxidation mehr statt, die Kohlenhydratoxidation beträgt dann 100 %.

Auch die Belastungsdauer spielt eine Rolle bei der Stimulation des Energiestoffwechsels: Bei moderater Belastung mittlerer Intensität über drei Stunden sinkt der Anteil der Kohlenhydratoxidation, während der Anteil der Fettoxidation steigt. Je länger die Belastung, desto höher ist der Anteil der Fettsäureoxidation.

Moderate, relativ lange Belastungen eignen sich daher zur Verbesserung des Fettstoffwechsels.

Die Belastungsintensität beeinflusst auch die Faserrekrutierung: Bei niedriger Intensität aktiviert der Muskel langsame Typ-I-Fasern. Erst bei höherer Intensität werden schnelle Fasern zugeschaltet – sowohl Typ-IIa-Fasern als auch Typ-IIx-Fasern, die im anaerob laktaziden Stoffwechsel aktiv sind. Für das Training bedeutet das: Eine Adaptation der schnellkräftigen Fasern ist nur bei intensiver Belastung möglich.

Bei Anti-Gravitationsbelastungen, die wenig Muskelkraft erfordern und primär langsame Muskelgruppen stimulieren, werden eher Typ-I-Muskelfasern rekrutiert. Bei maximal intensiven Belastungen kommen eher schnellkräftige Fasern zum Einsatz.


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Mechanismen der Adaptation

In den letzten Jahren wurden verstärkt molekulare Mechanismen untersucht, welche die Adaptation auf Muskelzellebene erklären. Durch akute Belastungsstimuli wird die Homöostase der Muskelzelle gestört. Beispielsweise kann es durch vermehrten Sauerstoffverbrauch zu einer lokalen Hypoxie kommen. Diese Informationen werden an die DNA im Zellkern weitergeleitet. Dort entsteht spezifisch auf diesen Reiz zugeschnitten die mRNA für ein spezifisches Protein. Wird derselbe Belastungsstimulus wiederholt, ist der Level dieser mRNA chronisch erhöht und die Konzentration des entsprechenden Proteins steigt. Im Verlauf von Wochen und Monaten kann das permanent beanspruchte Protein vermehrt in der Zelle nachgewiesen werden. Damit geht eine Zunahme der körperlichen Leistungsfähigkeit und des gesamten Muskelstoffwechsels einher [6].

Hochleistungsathleten, die über Jahre trainieren, entwickeln ausgeprägte spezifische Trainingsadaptationen, immer basierend auf ihren individuellen genetischen Möglichkeiten.

Das Zusammenspiel von Reiz und Adaptation ist weitaus komplexer, als in trainingswissenschaftlichen Lehrbüchern dargestellt wird. Um verstehen zu können, welche Antwort ein spezifischer Reiz bewirkt, muss dieser exakt definiert werden, z. B. Reizstärke, Zahl der Wiederholungen, Anzahl der Pausen usw. Die Antwortmatrix berücksichtigt Genotyp, Alter, Geschlecht, Muskelaufbau, Hormone, Ernährung, Immunstatus usw. All diese Faktoren beeinflussen die Signaltransduktion, die Adaptation und letztlich die Leistungsfähigkeit [7].


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Kontraproduktiv: Kombination von Ausdauer- und Krafttraining

Adaptation beim Krafttraining wird innerhalb der Skelettmuskelzelle über den Akt/mTOR-Signalweg reguliert. Dabei spielen Faktoren wie Wachstumshormon, Testosteron und Satellitenzellen eine Rolle, die in die Zelle wandern und für eine Hypertrophie der Skelettmuskelzelle sorgen.

Zentraler Schalter für Adaptation im Ausdauertraining ist der Schalter AMPK. Er wird immer dann aktiviert, wenn in der Zelle Adenosinmonophosphat (AMP) entsteht, also wenn ATP durch langdauernde intensive Ausdauerbelastung verbraucht wird [8] [9].

Bei vielen Sportarten, insbesondere im Fitness- und Gesundheitssport, werden Ausdauer- und Krafttraining kombiniert. Adaptation beim Ausdauertraining führt vor allem zu einer Vermehrung von Mitochondrien und damit des oxidativen Stoffwechsels. Adaptation beim Krafttraining bewirkt vor allem eine vermehrte Proteinbiosynthese und damit eine Vergrößerung der Skelettmuskelfaser.

In der Muskelzelle ausreichend stimuliertes AMPK hemmt jedoch das mTOR. Wer also Ausdauertraining macht, dadurch hohe AMPK-Konzentrationen in der Muskelzelle erreicht und kurz darauf ein Krafttraining durchführt, bremst dessen Effekt auf die Muskelzelle aus.

Daraus leitet sich die Trainingsempfehlung ab, Kraft- und Ausdauertraining nicht zu kombinieren, sondern genügend zeitlichen Abstand einzuplanen, z. B. vormittags und nachmittags, von Tag zu Tag oder Woche zu Woche zu variieren.

Dieser Zusammenhang konnte in einer experimentellen Studie über zehn Wochen nachgewiesen werden. Eine Gruppe führte nur Ausdauer-, die zweite nur Krafttraining durch, die dritte eine Kombination aus beiden. Die Muskelkraft in der reinen Krafttrainingsgruppe nahm kontinuierlich zu, in der Kombinationsgruppe ebenfalls, nivellierte sich aber dann durch den hemmenden Effekt von AMPK.

Die meisten Sportarten sind eine Mischung von Ausdauer und Kraft. Die dadurch erreichten Anpassungen reichen für den Gesundheitsbereich wahrscheinlich vollkommen aus. Für optimierte Trainingsanpassungen im Leistungs- und Hochleistungssport ist dagegen spezifisches Ausdauer- oder Krafttraining notwendig.


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Fazit

Die molekularen Mechanismen, wie Skelettmuskeln an Belastungen adaptieren, werden intensiv beforscht. Sie umfassen komplexe, ineinandergreifende Systeme mit einer Reihe von Schlüsselsubstanzen. Diese Erkenntnisse können künftig in eine optimierte Trainingsplanung einfließen, insbesondere bei Krankheiten wie Diabetes und unter extremen Bedingungen wie Aufenthalten in großer Höhe. Fernziel könnte eine molekular begründete, personalisierte Trainingsentwicklung sein anstelle von pauschalen Empfehlungen für alle.

Grundsätzlich gilt jedoch: Das Adaptationspotenzial der Skelettmuskulatur ist so groß, dass angesichts des schlechten Trainingszustands der meisten Bundesbürger jede Aktivität eine gesundheitlich relevante Adaptation mit sich bringt. Sie trägt erheblich zum Erhalt der körperlichen und auch geistigen Leistungsfähigkeit bei – und das ist insbesondere im Alter relevant. Denn „es geht nicht darum, dem Leben mehr Jahre, sondern den Jahren mehr Leben zu geben“ (mod. nach Cicely Saunders).


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Interessenkonflikt

Die Autorin hat keinen Interessenkonflikt.

  • Literatur

  • 1 de Marées H. Sportphysiologie. Köln: Sport & Buch Strauß; 2003
  • 2 Spangenburg EE, Booth FW. Molecular regulation of individual skeletal muscle fibre types. Acta Physiol Scand 2003; 178: 413-424
  • 3 Lovering RM et al. Fiber Type Composition of Cadaveric Human Rotator Cuff Muscles. J Orthop Sports Phys Ther 2008; 38: 674-680
  • 4 Bouchard C et al. Genomic predictors of the maximal O2 uptake response to standardized exercise training programs. J Appl Physiol 2011; 110: 1160-1170
  • 5 Egan B, Zierath J. Exercise Metabolism and the Molecular Regulation of Skeletal Muscle Adaptation. Cell Metabolism 2013; 17: 162-184
  • 6 Flück M. Functional, structural and molecular plasticity of mammalian skeletal muscle in response to exercise stimuli. J Exp Biol 2006; 209: 2239-2248
  • 7 Toigo M, Boutellier U. New fundamental resistance exercise determinants of molecular and cellular muscle adaptations. Eur J Appl Physiol 2006; 97: 643-663
  • 8 Spiering BA et al. Resistance exercise biology: manipulation of resistance exercise programme variables determines the responses of cellular and molecular signalling pathways. Sports Med 2008; 38: 527-540
  • 9 Hawley JA. Molecular responses to strength and endurance training: Are they incompatible?. Appl Physiol Nutr Metab 2009; 34: 355-361

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Petra Platen
Fakultät für Sportwissenschaft, Lehrstuhl für Sportmedizin und Sporternährung, Ruhr-Universität Bochum
Gesundheitscampus-Nord 10
44801 Bochum
Phone: 0234/32-24099   

  • Literatur

  • 1 de Marées H. Sportphysiologie. Köln: Sport & Buch Strauß; 2003
  • 2 Spangenburg EE, Booth FW. Molecular regulation of individual skeletal muscle fibre types. Acta Physiol Scand 2003; 178: 413-424
  • 3 Lovering RM et al. Fiber Type Composition of Cadaveric Human Rotator Cuff Muscles. J Orthop Sports Phys Ther 2008; 38: 674-680
  • 4 Bouchard C et al. Genomic predictors of the maximal O2 uptake response to standardized exercise training programs. J Appl Physiol 2011; 110: 1160-1170
  • 5 Egan B, Zierath J. Exercise Metabolism and the Molecular Regulation of Skeletal Muscle Adaptation. Cell Metabolism 2013; 17: 162-184
  • 6 Flück M. Functional, structural and molecular plasticity of mammalian skeletal muscle in response to exercise stimuli. J Exp Biol 2006; 209: 2239-2248
  • 7 Toigo M, Boutellier U. New fundamental resistance exercise determinants of molecular and cellular muscle adaptations. Eur J Appl Physiol 2006; 97: 643-663
  • 8 Spiering BA et al. Resistance exercise biology: manipulation of resistance exercise programme variables determines the responses of cellular and molecular signalling pathways. Sports Med 2008; 38: 527-540
  • 9 Hawley JA. Molecular responses to strength and endurance training: Are they incompatible?. Appl Physiol Nutr Metab 2009; 34: 355-361