manuelletherapie 2015; 19(02): 53
DOI: 10.1055/s-0035-1552889
Editorial
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Editorial

Trisha Davies-Knorr
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
19. Mai 2015 (online)

Ein wichtiges Merkmal von Professionalität in einem Berufsstand ist die Fähigkeit, Verantwortung und Rechenschaft für das eigene professionelle Leben zu übernehmen. Das Reflektieren von Handeln und diesbezüglich Entscheidungen zu treffen sind dabei Schlüsseleigenschaften [1], [3], [4].

Für uns Physiotherapeuten ist nicht nur die Fähigkeit, geeignete Interventionen auszuwählen, von Bedeutung, sondern auch die Grenzen in der Physiotherapie zu begreifen. Ohne diese Fähigkeit werden wir unseren Patienten und unseren Pflichten nicht gerecht!

Dabei geht es nicht nur um die Frage, ob wir fähig sind, Patienten im „First Contact“ ohne ärztliche Verordnung zu befunden und behandeln. Bereits in unserer jetzigen beruflichen Konstellation gibt es zahllose Situationen, in denen wir mit klinischen Mustern konfrontiert werden, die nicht zu einem bekannten mechanischen neuromuskuloskeletalen Problem passen: „The features don‘t fit“ [2].

Die vorliegende Ausgabe greift diese ganz aktuelle Diskussion auf. Wir konnten drei Experten gewinnen, die praktische Hinweise für den klinischen Alltag liefern.

Dr. William Boissonault war einer der ersten Physiotherapeuten, die das Thema aufgriffen. Inzwischen ist er eine international anerkannte Autorität im physiotherapeutischen „Screening“ ernsthafter Pathologien. Er hat mehrere Bücher, Fachartikel und Studien veröffentlicht und ist ein gefragter Redner bei internationalen Kongressen und Seminaren. In seinem Artikel diskutiert er unsere Rolle beim Erkennen von Hinweisen auf ernsthafte Pathologien und unsere Verantwortung, daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Welches sind die Red Flags bei Problemen im Bereich der HWS? Diese Frage wird in der Literatur wenig diskutiert. Dr. Kerstin Lüdtke setzt sich in ihrem Artikel damit auseinander. Sie befasst sich seit Jahren sowohl klinisch als auch wissenschaftlich mit physiotherapeutischem Screening.

Mit Wouter Geerse konnten wir einen erfahrenen Kliniker und Lehrer als Autor gewinnen. Er schildert ein Beispiel aus seinem klinischen Alltag, welches die Bedeutung, aber auch die Schwierigkeiten des physiotherapeutischen Screenings verdeutlicht.

Passend zu unserem Themenschwerpunkt beschreibt Sandra Schlager – auch sie eine erfahrene Klinikerin und Lehrerin – einen Fall, der sich anders entwickelte als erwartet. Hinter einer anscheinend klaren Diagnose des Arztes steckte ein Risikofaktor für die verordnete Physiotherapie. Auch sie ist eine erfahrenen Klinikerin und Lehrerin.

Unter „thieme connect“ finden Sie viele ergänzende Informationen zu den Beiträgen sowie eine Kopie des Screening-Fragebogens. Vergessen Sie nicht nachzuschauen!

Über ähnliche Geschichten aus Ihrem eigenen klinischen Alltag würden wir uns freuen! Schreiben Sie darüber und lassen Sie ihre Kollegen an Ihren Erfahrungen teilhaben und daraus lernen. Auch Ihre Rückmeldungen und Diskussionsbeiträge zu unserem Themenschwerpunkt und zu den weiteren Artikeln in dieser Ausgabe sind gerne willkommen.

 
  • Literatur

  • 1 Bithell C. Professional Knowledge in Professional Development. Physiotherapy 1999; 85: 458-459
  • 2 Maitland G, Hengeveld E, Banks K et al. Manipulation der Wirbelsäule. Berlin: Springer; 2008
  • 3 Richardson B. Professional Development: 1. Professional Socialisation and Professionalisation. Physiotherapy 1999; 85: 461-467
  • 4 Schön DA. Educating the Reflective Practitioner. San Francisco: Jossey-Bass; 1987