Der Nuklearmediziner 2015; 38(02): 73-74
DOI: 10.1055/s-0035-1549990
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Prostatakarzinom – Bildgebung und Therapie im Wandel

Prostate carcinoma – Imaging and Therapy in Changing
M. Eiber
1   Nuklearmedizinische Klinik und Poliklinik, Technische Universität München, Klinikum rechts der Isar, München
,
R. P. Baum
2   Chefarzt der Klinik für Molekulare Radiotherapie, ENETS Center of Excellence, Zentralklinik Bad Berka GmbH
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
09 June 2015 (online)

Zoom Image
M. Eiber
Zoom Image
R. P. Baum

Der Einsatz von PSMA-Liganden in der PET/CT-Diagnostik hat in den letzten beiden Jahren in Deutschland weite Verbreitung gefunden und die nuklearmedizinische Diagnostik revolutioniert. Auch die therapeutischen Möglichkeiten haben sich vielfach verändert und wurden zum Nutzen der Patienten weiterentwickelt. Vor diesem Hintergrund wird im vorliegenden Heft „Der Nuklearmediziner“ ein Überblick zum aktuellen Stand der Diagnostik und Therapie des Prostatakarzinoms gegeben. Hierbei kommen nicht nur nuklearmedizinische Kollegen zu Wort. Vielmehr soll die Darstellung der Grundlagen aus Pathologie, Radiopharmazie, Urologie und Strahlentherapie den Blick schärfen und weiten, da nur Interdisziplinarität und die enge Zusammenarbeit mit anderen Fachgebieten es ermöglicht, den wachsenden Anforderungen und vielfältigen Möglichkeiten im klinischen Alltag optimal gerecht zu werden.

Altbewährtes, jedoch im Hinblick auf die aktuellen Entwicklungen in der molekularen Bildgebung, Wichtiges zu den histopathologischen Grundlagen des Prostatakarzinoms wird in dem Beitrag von Weirich et al. dargestellt. Diese „Basics“ erscheinen in einem neuen Licht, da es momentan Bestrebungen gibt, auch in der bildgebenden Diagnostik – in Anlehnung an den histologischen Gleason-Score – nicht invasiv eine erste Stratifizierung des Tumorrisikos vorzunehmen. Gerade die Möglichkeit der Darstellung (und möglicherweise auch der Quantifizierung) der PSMA-Expression mittels PET/CT eröffnet hier interessante Parallelen zur Molekularpathologie.

Die wichtigsten Radiopharmaka, welche in der Nuklearmedizin zur Diagnostik und Therapie des Prostatakarzinoms eingesetzt werden, sind in dem Artikel von Weineisen et al. im Überblick dargestellt, wobei ein Schwerpunkt auf den PSMA-gerichteten Liganden liegt.

Wesentliche physikalische und medizinische Grundlagen zur Strahlentherapie des Prostatakarzinoms (die essentiell auch für eine optimale Beurteilung von diagnostischen Untersuchungen sind) werden in dem Artikel von Bartkowiak et al. beschrieben. Hierbei versprechen neue Techniken der Strahlenbehandlung eine bessere Tumorkontrolle mit höheren Strahlendosen bei gleichzeitig geringerer Belastung des umliegenden Gewebes. Nach der intensitätsmodulierten Strahlenbehandlung (IMRT) ist – zumindest in Zentren – die bildgestützte Strahlenbehandlung („Image-guided Radiotherapy“, IGRT) im Vormarsch.

Im zweiten Teil werden konkret verschiedene neue nuklearmedizinische Verfahren zur Diagnostik und Therapie des Prostatakarzinoms dargestellt. Die zunehmend enge Beziehung der beiden Fächer Radiologie und Nuklearmedizin (Hybridtechnik) in der Primärdiagnostik des Prostatakarzinoms wird in dem Artikel von Eiber et al. gezeigt. Neben konventionellen Verfahren, wie der anatomischen MRT bzw. bewährten PET-Radiopharmaka wird auch auf neue Entwicklungen in beiden Fächern (multiparametrisches MRT sowie PSMA-Liganden in der PET) eingegangen. Insbesondere die Kombination von PET und MRT verspricht in der Frühdiagnostik des Prostatakarzinoms (v. a. zur Biopsieplanung) durch komplementäre molekulare Informationen enorme Vorteile.

Die PET/CT mittels Cholin-Derivaten stellt seit vielen Jahren einen wichtigen Pfeiler vor allem in der Rezidivdiagnostik dar. Eine Zusammenfassung der vorliegenden aktuellen Literatur – auch vor dem Hintergrund des Wandels hin zum Einsatz von PSMA-Liganden – wird in dem Artikel von Heuschkel et al. gegeben.

Vielversprechend in der Diagnostik des Prostatakarzinoms werden auch Bombesin-Analoga eingestuft. Hier stellen Lohrmann et al. die wichtigsten pathophysiologischen Grundlagen dar und berichten über erste klinische Ergebnisse beim Einsatz dieser neuen Radiopharmaka.

In dem Beitrag von Afshar-Oromieh et al. aus dem Heidelberger „Pionierzentrum“ für PSMA-Liganden werden die vorliegenden Daten zum Rezidivnachweis – auch im Vergleich zur konventionellen Diagnostik – und erste Ergebnisse zur Radioligandentherapie dargestellt. Neben diesen (noch) experimentellen Erfahrungen im Rahmen von individuellen Heilversuchen beleuchten Liepe et al. im anschließenden Artikel den aktuellen Stand und den wissenschaftlichen Hintergrund beim Einsatz von Ra-223-Dichlorid. Darüber hinaus werden für die Praxis relevante Hinweise gegeben und Fallstricke bei der konkreten Anwendung erörtert.

In den letzten beiden Beiträgen wird das Prinzip der „Theranostics“, also die enge Verzahnung von nuklearmedizinscher Diagnostik und Therapie als neues wegweisendes Konzept beim Prostatakarzinom erläutert. Pfannkuchen et al. zeigen zunächst das Potenzial der Diagnostik und Therapie von osteoblastischen Metastasen mittels neu entwickelter radionuklidmarkierter Bisphosphonate und Analoga auf. Abschließend wird in dem Beitrag aus Bad Berka (Baum et al.) über erste Erfahrungen mit Lu-177 PSMA berichtet und die vielversprechenden Ergebnisse, die in der Behandlung von Patienten mit hormonresistenten, metastasierten Prostatakarzinomen unter Verwendung dieses neuen Radiotherapeutikums bereits erzielt werden konnten sowie auf zukünftige Entwicklungen hingewiesen.

Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Studieren der Beiträge und hoffen, dass die Lektüre dieses Heftes die zunehmende Bedeutung der interdisziplinären Zusammenarbeit verdeutlicht und Ihnen einen guten Überblick über die aktuellen Entwicklungen in der Diagnostik und Behandlung von Patienten mit Prostatakarzinom verschafft.

M. Eiber (München) R. P. Baum (Bad Berka)