Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2015; 22(01): 44-49
DOI: 10.1055/s-0035-1547316
Panorama

Die Gelbfieberimpfung im internationalen Reiseverkehr – Die neuen Empfehlungen der WHO kritisch gelesen

Burkhard Rieke
1   Tropen- und Arbeitsmedizinisches Zentrum Düsseldorf und Institut für Arbeits- und Sozialmedizin der RWTH, Aachen
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Über Jahrhunderte hat das Gelbfieber für die Bevölkerungen im tropischen Afrika und in Südamerika, aber auch in europäischen und nordamerikanischen Hafenstädten eine Bedrohung dargestellt, die sich trotz der Unterschiede im Übertragungsmechanismus und in der Letalität durchaus mit einer Ebolaepidemie vergleichen lässt. Dabei liegen die Parallelen im klinischen Bild eines hämorrhagischen Fiebers, in der für lange Zeit ungeklärten Frage des Virusverbleibs zwischen Ausbrüchen und in der Ausbreitung der Epidemie über den internationalen Reiseverkehr. Die Situation besserte sich fundamental, als der Übertragungsweg Anfang des 20. Jahrhunderts durch Carlos Finlay (10× nominiert für den Nobelpreis) und Walter Reed (3× nominiert für den Nobelpreis) auf Kuba aufgeklärt und das Wildvirus durch Max Theiler 1937 (Nobelpreis 1951) zum 17D-Impfvirus attenuiert wurde. Damit und durch die Entdeckung synthetischer Insektizide (1938 Phosphorsäureester durch Gerhard Schrader und 1939 DDT durch Paul Hermann Müller, Nobelpreis 1948) war die Möglichkeit eröffnet, durch Vermeidung von Moskitobrutstätten und -transport und durch Impfung gefährdeter beziehungsweiser gefährdender Personen städtische Ausbrüche und internationale Ausbreitung des Gelbfiebers zu begrenzen.

Das Instrumentarium der Pflichtimpfung, der Einreiseverweigerung oder -verzögerung als Schutz vor Krankheitseinschleppung war im Zusammenhang mit den Pocken, der Pest und der Cholera zwar schon früher angewandt worden, bot sich aber auch als medizinischer Vorwand für die Einschränkung der Reisefreiheit unliebsamer Gruppen an. Daher regelte die WHO 1971 den fachlich begründbaren Umgang mit diesen Public-Health-Maßnahmen. Diese Regelungen wurden wiederholt überarbeitet, zuletzt als Internationale Gesundheitsvorschriften (International Health Regulations, IHR) 2005 veröffentlicht, 2007 bindend und 2013 in bundesdeutsches Recht übernommen. Sie sind auch ein diplomatisches Meisterwerk. Selbst Staaten, die untereinander verfeindet sind, respektieren gegenseitig die ausgestellten Impf- oder anderweitigen Prophylaxezertifikate und geben damit ja das Wohlergehen der eigenen Bevölkerung in die Hand des Staates, aus dem die Bescheinigung stammt. Bei der Verpflichtung der Vertragsstaaten, Gelbfieberimpfungen für den internationalen Reiseverkehr nur von zugelassenen Impfstellen durchführen zu lassen, geht es vor allem um die Aufrechterhaltung dieses gegenseitigen Vertrauens.



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Publication Date:
16 February 2015 (online)

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