Der Nuklearmediziner 2014; 37(04): 202-203
DOI: 10.1055/s-0034-1385899
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

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C. Franzius
1   Zentrum für Nuklearmedizin und PET/CT; Zentrum für morphologische und molekulare Diagnostik (ZeMoDi), Bremen
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24 November 2014 (online)

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Prof. Dr. Christiane Franzius

Bei Kindern wird die Indikation zu einer nuklearmedizinischen Untersuchung von Eltern und Pädiatern oft kritisch hinterfragt. Die Fragen beziehen sich sowohl auf die Strahlenexposition als auch die Art der Durchführung. Dabei sind nuklearmedizinische Verfahren in der Regel nur mit einer sehr geringen Strahlenexposition verbunden, die häufig unter der vergleichbarerer radiologischer Methoden liegt.

Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dieser Sorge sachlich und fachlich korrekt zu begegnen, um diese jungen Patienten altersgerecht und mit dem richtigen Verfahren zu untersuchen. Seit Jahren beschäftigen sich spezialisierte Arbeitsgruppen der nuklearmedizinischen Fachgesellschaften mit der Optimierung der Untersuchungsprotokolle nuklearmedizinischer Verfahren für Kinder aller Altersgruppen in Hinblick auf die Strahlenexposition und die praktischen Aspekte im Umgang mit den jungen Patienten und deren Eltern. Dabei wurde in Deutschland früh auf Erfahrungen der European Association of Nuclear Medicine (EANM) zurückgegriffen. Es wurden die von der Paediatric Task Group und später vom Paediatric Committee der EANM entwickelten Leitlinien auf die Situation in Deutschland übertragen. Inzwischen gibt es eine Harmonisierungsinitiative zwischen der EANM und der Society of Nuclear Medicine and Molecular Imaging (SNMMI) für pädiatrische Untersuchungsprotokolle. Ein wichtiger Schritt auf diesem Weg ist die Tatsache, dass heute die von der SNMMI empfohlenen Aktivitäten bei pädiatrischen Untersuchungen und die Aktivitäten der Paediatric Dosage Card der EANM aneinander angeglichen sind.

Für die FDG-PET als Ganzkörperdiagnostik ist bei dem Harmonisierungsvorgang in der aktuellen Version der EANM Dosage Card (Version 01.02.2014) die zuvor genannte Unterscheidung zwischen 2D und 3D Akquisition aufgegeben worden (Version 01.05.2008). Es werden nur noch die höheren Aktivitäten der ehemaligen 2D-Akquisition genannt. Diese sind in der gleichen Größenordnung wie die gewichtsbezogenen Bruchteile des entsprechenden diagnostischen Referenzwerts (Stand 19.10.2012). Dennoch ist durch die mehrjährige Erfahrung mit der EANM Dosage Card von 2008 bekannt, dass je nach Geräte- und Akquisitions-Spezifikation bei der FDG-PET deutlich geringere Aktivitäten für die 3D-Akquisition für qualitativ hochwertige Aufnahmen bei Kindern ausreichend sind. In diesem Punkt wird derzeit eine Anpassung der EANM Dosage Card diskutiert.

Die Leitlinien der DGN für nuklearmedizinische Untersuchungen und Therapien an Kindern werden regelmäßig aktualisiert und stehen auf der Homepage der DGN und der Homepage der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) jeweils in der neusten Version zur Verfügung (http://www.nuklearmedizin.de/leistungen/leitlinien/leitlinien.php?navId=53).

Ebenso ist der Aktivitätskalkulator der EANM für die gewichtsbezogene Anpassung der Aktivitäten jederzeit über das Internet zu öffnen und somit heute bei vielen Kollegen schon als App in der Kitteltasche oder web-basiert am Arbeitsplatz schnell zur Hand (http://www.eanm.org/publications/dosage_calculator.php?navId=285).

Anders als in den beiden vorangegangenen Themenheften „Pädiatrische Nuklearmedizin“ (2000 und 2002) möchten wir daher hier nicht mehr nur die Leitlinien in ihrer aktuellen Version drucken, sondern die Bandbreite der pädiatrischen Nuklearmedizin in Deutschland abbilden. Hier sehen wir im letzten Jahrzehnt einen Wandel. Während früher urologisch-nephrologische Untersuchungen die häufigsten Verfahren waren, überwiegen heute Untersuchungen mit onkologischen Fragestellungen. Damit verbunden ist der gehäufte Einsatz der Hybridverfahren PET/CT, SPECT/CT und PET/MRT. Hier gilt es, die Parameter beider Modalitäten an die Gegebenheiten bei jungen Patienten anzupassen. Während die PET heute bei Kindern mit malignen Erkrankungen – wie auch bei Erwachsenen – in der Regel als PET/CT durchgeführt wird, sind die sinnvollen Indikationen und der zusätzliche Nutzen der SPECT/CT gegenüber der alleinigen SPECT noch nicht ganz so klar bei pädiatrischen Fragen herausgearbeitet. In den Artikeln dieses Heftes zum Thema Skelettszintigrafie und MIBG-Szintigrafie wird auf das Thema SPECT/CT deutlicher eingegangen, als dies in einer reinen Leitlinie möglich wäre. Ein Artikel beschäftigt sich mit dem Einsatz der PET/MRT an Stelle der PET/CT bei Kindern, wie dies bereits in den Zentren erfolgt, in denen PET/MRT zu Verfügung steht. Dies ist nicht nur mit dem Blick auf die einzelne PET-Untersuchung, sondern vor allem durch den hierdurch hervorgerufenen Wechsel von CT zu MRT bei den vielen rein morphologisch-orientierten Folgeuntersuchungen sinnvoll.

Weitere Artikel beschäftigen sich mit der nuklearmedizinischen Diagnostik in pädiatrischen Multizenterstudien: FDG-PET/CT(MRT) beim Hodgkin-Lymphom, MIBG-Szintigrafie beim Neuroblastom und – noch nicht initiiert – FET-PET/CT(MRT) bei kindlichen Hirntumoren.

Mit den Themen Nierenfunktionsszintigrafie, Skelettszintigrafie und mIBG-Szintigrafie werden die am häufigsten in der konventionellen Nuklearmedizin durchgeführten Untersuchungen abdeckt. Es werden jeweils die Besonderheiten bei der Durchführung im Kindesalter in enger Anlehnung an die jeweilige DGN/AWMF-Leitlinie erläutert. Während in vielen anderen Ländern Kinder häufig in großen Kinderkrankenhäusern mit eigenen pädiatrisch-nuklearmedizinischen Abteilungen untersucht werden, erfolgen in Deutschland diese Untersuchungen an Kindern meist in allgemein-nuklearmedizinischen Abteilungen und Praxen. Daher ist es wichtig, auch denjenigen, die nur selten Kinder untersuchen, einen praxis-orientierten Leitfaden für die Untersuchungen von Kindern allgemein und untersuchungsspezifisch an die Hand zu geben.

Als Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Nuklearmedizin der DGN wünschen wir uns, dass die Lektüre dieses Heftes dazu beiträgt, dass unsere jüngsten Patienten optimal und altersgerecht untersucht und behandelt werden.