Laryngorhinootologie 2014; 93(07): 467-468
DOI: 10.1055/s-0033-1361170
Der interessante Fall
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Einseitige Vorwölbung der Tonsillenregion

Unilateral Swell of the Tonsilar Region
K. Oertel
,
O. Guntinas-Lichius
,
T. Bitter
Further Information

Publication History

Publication Date:
20 December 2013 (online)

Fallbericht

In unserer Ambulanz wurde im Notdienst ein 4-jähriges Mädchen mit seit 4 Tagen bestehenden Halsschmerzen, Fieber und seit 3 Tagen bestehender Schluckinsuffizienz und kloßiger Sprache vorgestellt. Seit 4 Tagen erhielt die Patientin eine orale Antibiose mit Cefuroxim, worunter es jedoch zu einer Progredienz der Beschwerden kam. Klinisch zeigten sich ein deutliche Vorwölbung sowie eine Rötung des rechten vorderen Gaumenbogens und der rechten Tonsille. Im Laborbefund wurde ein CRP von 22,8 mg/l eine Gesamtleukozytenzahl von 13,1 Gpt/l bestimmt.

Unter der Verdachtsdiagnose eines Peritonsillarabszesses wurde die Tonsillektomie à chaud indiziert. Intraoperativ entleerte sich kein Eiter, vielmehr zeigte sich bei der Präparation eine livide Verfärbung des Tonsillenbettes. Nach Absetzen der Tonsille war die rechte laterale Pharynxseitenwand weiterhin vorgewölbt und wies ein Konglomerat an ektatischen venösen Gefäßen auf. Aus einer kleinen Läsion dieser Raumforderung zeigte sich eine Blutung, die durch Umstechung gestillt werden konnte. Es ergab sich der intraoperative Verdacht auf eine oropharyngeale Gefäßmalformation. Sicherheitshalber wurden die Gaumenbögen vernäht, um einer Nachblutung vorzubeugen. Auf eine Punktion der Vorwölbung wurde aufgrund des klinisch eindeutigen Befundes verzichtet.

Postoperativ erfolgte die Sonografie des Halses, die bei unruhigem Kind jedoch nur schwierig durchzuführen war. Hierbei konnte in der Tonsillenregion der rechten Seite keine vermehrte Perfusion im Duplexmodus gesehen werden. Lediglich ein unscharf begrenztes, echoarmes Areal konnte dargestellt werden. Zur weiteren Abklärung wurde ein MRT einschließlich MR-Angiografie veranlasst ([Abb. 1]). Hier zeigte sich kranial bis auf Höhe des Temporomandibulargelenkes rechts reichend und kaudal bis auf Ebene des Corpus mandibulae ein T2-gewichtet hyperintenses, T1-gewichtet hypointenses Substrat, das früharteriell kräftig Kontrastmittel aufnahm, abschnittsweise jedoch kein Enhancement aufwies. Die Größe betrug kraniokaudal 60 mm, im Transversalschnitt bei 38×30 mm. Medial reichte das Substrat an den Retro- und Oropharynx heran, lateral bis an das subkutane Fettgewebe. Nach dorsal bis an die prävertebrale Muskulatur, nach ventral an die Mandibula. Es wurde in Zusammenschau dieser Befunde die Diagnose einer kombinierten vaskulären Malformation mit am ehesten lymphatischen, venösen und kapillären Anteilen gestellt.

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Abb. 1 Magnetresonanztomografie: a – T1-gewichtet mit Kontrastmittel (koronar), b – T2-gewichtet (axial), c – T2-gewichtet (sagittal); Pfeil – vaskuläre Malformation, Stern – A. carotis externa.

Während der 7-tägigen stationären Überwachung kam es zu keinem Blutungsereignis. Subjektiv wurde postoperativ weder über Schmerzen noch über Dysphagie geklagt. Wir entschieden uns bei vollkommener Beschwerdefreiheit gegen eine weitere Therapie wie perkutane Sklerosierung und/oder chirurgische Entfernung des Befundes. Eine MRT-Kontrolle in einem halben Jahr wurde vereinbart. Hinweise auf das Vorliegen eines der Malformation zugrundliegenden Syndroms ergaben sich nicht. In der Kontrollbildgebung 6 Monate nach Diagnosestellung konnte unverändert die Malformation parapharyngeal rechts dargestellt werden. Nach Kontrastmittel-Applikation zeigt sich wiederum ein heterogenes Enhancement mit vermehrter Kontrastmittel-Aufnahme überwiegend der peripheren Anteile und zentral fehlender Kontrastmittel-Aufnahme. Bei größenregredientem Befund wurde eine erneute Kontroll-MRT-Untersuchung 1 Jahr später geplant und sich weiterhin für ein abwartendes Verhalten entschieden.