Notfallmedizin up2date 2014; 9(04): 339-354
DOI: 10.1055/s-0033-1358069
Spezielle Notfallmedizin
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Anaphylaxie

Jonas Blumenstiel
,
Andreas Bohn
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Publication History

Publication Date:
13 January 2015 (online)

Kernaussagen
  • Die Anaphylaxie ist eine akute, systemische Reaktion nach Allergenexposition, die potenziell lebensbedrohlich ist. Mit einer Inzidenz von 4,5 pro 100 000 Einwohner pro Jahr tritt sie eher selten auf, wobei diese wahrscheinlich eher unterschätzt wird und die Inzidenz in den letzten Jahren zunimmt.

  • Hauptauslöser im Kindesalter sind Nahrungsmittel, während bei Erwachsenen Insektengifte und Medikamente im Vordergrund stehen.

  • Verstärkend wirken u. a. die gleichzeitige Einnahme von NSAR, Betablockern oder ACE-Hemmern, körperliche oder psychische Belastung, Alkoholkonsum sowie vorbestehendes Asthma oder Mastozytose.

Pathophysiologie

  • Durch Antigenkontakt kommt es zur Freisetzung von Histamin, plättchenaktivierendem Faktor und anderen Mediatoren aus Mastzellen und Granulozyten.

  • Die Folge der Mediatorfreisetzung sind:

    • Juckreiz, Rötung und Schwellung im Bereich der Haut und der Schleimhäute

    • Bronchospasmen und gesteigerte Sekretproduktion sowie ödematöse Schwellung der Atemwege

    • arterielle Hypotension durch Stickstoffmonoxidfreisetzung, Plasmaextravasation und kardiodepressive Effekte sowie Herzrhythmusstörungen

    • Nausea, Übelkeit, Erbrechen, Bauchkrämpfe und ungewollte Defäkation sind Symptome gastrointestinaler Beteiligung

    • Neurologische Symptome können Schwindel, Kopfschmerz sowie Desorientierung sein

  • Am häufigsten ist die Haut betroffen, es folgen die Atemwege, Gastrointestinaltrakt und Herz-Kreislauf-System sowie ZNS-Symptome

  • Die allergische Reaktion wird in 4 Schweregrade eingeteilt, von Grad I (nur Hautbeteiligung) bis Grad IV (Kreislaufstillstand)

Diagnostik

  • Die Diagnose der Anaphylaxie erfolgt allein nach klinischen Symptomen

  • Diagnosekriterien sind (ein Kriterium muss erfüllt sein):

    • Hautbeteiligung UND Hypotension oder respiratorische Symptome

    • Symptome an mindestens 2 Organsystemen nach wahrscheinlichem Antigenkontakt

    • kardiovaskuläre Symptome nach gesichertem Antigenkontakt

Therapie

  • Die wichtigste therapeutische Maßnahme ist die intramuskuläre Gabe von Adrenalin in den M. vastus lateralis

  • Die Volumentherapie sowie die Gabe von Bronchodilatatoren soll symptomorientiert erfolgen

  • Die Gabe von Antihistaminika und Glukokortikoiden hat in der Akuttherapie der Anaphylaxie keinen gesicherten Nutzen und soll andere Maßnahmen nicht verzögern

  • Auch bei initial milder oder fehlender Symptomatik sollte bei gesichertem Kontakt zu einem Anaphylaxieauslöser eine Klinikaufnahme wegen der Gefahr lebensbedrohlicher Spätreaktionen erfolgen. Dies insbesondere bei schwerer Anaphylaxie in der Vorgeschichte oder hochpotentem Auslöser wie Insektengifte, Nüsse oder Erdnuss.