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DOI: 10.1055/s-0033-1354310
Lebensmittelinfektionen im Fokus
Publication History
Publication Date:
06 August 2013 (online)
Die Infektionsmedizin erlebt derzeit eine zuvor kaum geahnte stürmische Entwicklung, die an vielen Stellen auch einen Umbruch mit sich bringt: Die Diagnostik mit MALDI-TOF hat den Nachweis von Infektionserregern revolutioniert, hochresistente gram-negative Erreger führen uns dicht an den Abgrund der postantibiotischen Ära, Stuhltransplantationen gegen rekurrente C. difficile-Infektionen werden empfohlen und Desinfektionsmaßnahmen werden – endlich – auch systematisch wissenschaftlich untersucht. Auch Lebensmittel-assoziierte Infektionen stehen erneut im Fokus, denn die weiter zunehmende Industrialisierung der Lebensmittelversorgung erhöht die Risiken von weit verbreiteten Ausbrüchen. Und der massenhafte Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung ist – ebenfalls ,endlich' – als ein potenter Motor für die Resistenzausbreitung erkannt worden.
In diesem Schwerpunktheft werden unter dem Oberbegriff „Lebensmittelinfektionen” wichtige Aspekte der Infektionsmedizin aufgegriffen. A. Schuster und M. Dettenkofer betonen die essenziellen Punkte einer wirksamen Lebensmittelhygiene in Haushalt und Klinik. In Privathaushalten kann in aller Regel auf Desinfektionsmittel verzichtet werden, und von den viel beworbenen antibakteriellen Produkten ist kein Sicherheitsvorteil zu erwarten. Der Zusammenhang der Ausbreitung von multiresistenten Infektionserregern von Lebensmittel-produzierenden Tieren auf den Menschen, und damit auch auf Patienten, wird von D. Jonas beleuchtet. Durch Selektion und Vermehrung in der Tierzucht können Multiresistenzen über die Nahrung in die Darmflora des Menschen gelangen, und unter Antibiotikaselektion können entsprechend kritische Infektionserreger auftreten. Reisemedizinische Aspekte von Lebensmittelinfektionen gehen F. Günther und U. Frank in ihrem Beitrag nach. Bei etwa der Hälfte aller Reiseheimkehrer aus Entwicklungs- und Schwellenländern treten Reise-assoziierte Durchfallerkrankungen auf. Die Prävention und konsequente Behandlung ist essenziell. P. Papatheodorou fasst neue Erkenntnisse über die Rolle von erreger-bedingten Toxinen zusammen. Lebensmittel sind das Vehikel zur Übertragung, z. B. von Campylobacter-vermittelter Diarrhö. Die typischen bakteriellen „Lebensmittelvergifter” Bacillus cereus, Clostridium botulinum, Clostridium perfringens und Staphylococcus aureus werden beleuchtet. Eine spannende Entwicklung hat sich in den letzten Jahren bei Pro- und zum Teil auch bei Präbiotika gezeigt. S. Bischoff und K. Köchling beschreiben deren Einsatz zur Prävention und zur Therapie. Bei den Probiotika handelt es sich häufig um Stämme der Gattungen Laktobazillen und Bifidobakterien, und zunehmend sind die Ergebnisse klinischer Studien zur Wirksamkeit verfügbar. Weitere systematische wissenschaftliche Untersuchungen müssen nun Nutzen und mögliche Risiken fundiert ergründen. Vielversprechend ist dies gerade auch vor dem Hintergrund der großen, weltweiten Problematik Antibiotikaresistenz.