Journal Club AINS 2013; 2(2): 61
DOI: 10.1055/s-0033-1350021
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Liebe Leserin, lieber Leser,

Gernot Marx
,
Hinnerk Wulf
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Publication Date:
28 June 2013 (online)

die Anästhesiologie ist ein sehr dynamisches Fachgebiet. Ob Analgetika, Volumenersatz oder Antikoagulanzien – in vielen Bereichen gibt es laufend Neuerungen. Sind sie ein echter Gewinn, wartet man nicht unbedingt, bis sie sich detailliert in Leitlinien und Standard-Algorithmen wiederfinden. Manchmal sind Wirkstoffe auch nicht für die Indikation zugelassen, in der man sie verwenden möchte. Beides gilt z. B. für Remifentanil in der Geburtshilfe, dem sich die Rubrik Nachgehakt in diesem Heft widmet (S. 104): Prof. Dr. Michael Heesen (Bamberg) beschreibt den möglichen Einsatz der Substanz zur Narkoseeinleitung bei der Sectio. Das sehr kurz wirkende Opioid dämpfte hier wie gewünscht die Herz-Kreislaufreaktion der Mutter, ohne dass man signifikante Nebenwirkungen beim Kind nachweisen konnte.

Der ergänzende Kommentar zu diesem Beitrag geht auf eine bereits weiter verbreitete Anwendung ein: die patientenkontrollierte intravenöse Analgesie bei Wehenschmerzen. Auch hier verspricht man sich weniger Nebenwirkungen als bei anderen Opiaten – und eine hohe Patientenzufriedenheit. Andererseits mehren sich Berichte über schwere Zwischenfälle bis hin zum Herz-Kreislauf-Stillstand der Schwangeren. Ursache ist vermutlich die Atemdepression, die nicht rechtzeitig bemerkt wurde. Hatte man die Überwachung hier nicht ganz so ernst genommen, weil es sich um ein vermeintlich sicheres Verfahren handelte? Fest steht: Gegen Wehenschmerzen ist Remifentanil allenfalls die 2. Wahl. Eine effektivere Schmerzbekämpfung bietet immer noch die Epiduralanalgesie. Vom bisherigen Standard sollte man sich hier also nicht vorschnell verabschieden. Auch vielversprechende Neuerungen müssen sich erst bewähren – hinsichtlich ihrer Wirkung, aber eben auch hinsichtlich ihrer Sicherheit.

G. Marx, Aachen

H. Wulf, Marburg